CDU

Apotheker aus Oftersheim spricht über aktuelle Probleme der Branche

Der CDU-Landtagsabgeordnete Andreas Sturm und der CDU-Ortsverband Oftersheim informieren sich bei Dr. Tobias Ober über die Probleme der Apotheken.

Von 
Marcus Oehler
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Vor Ort in der Mozart-Apotheke: Gerd Koppert (v. l.), Tillmann Hettinger, Andreas Sturm, Apotheker Dr. Tobias Ober, Annette Dietl-Faude, Benno Müller und Luca Wagenblast. © Busse

Oftersheim. Fast 90 Prozent der Apotheken beteiligten sich am 14. Juni dieses Jahres an dem ersten bundesweiten Apothekenstreik, um auf ihre schwierige Lage hinzuweisen und die verantwortliche Politik, insbesondere Bundesgesundheitsminister Lauterbach (SPD), zum Handeln aufzufordern. „Was hat sich seitdem für die Apotheken geändert?“, wollten vor Kurzem der Landtagsabgeordnete Andreas Sturm und Mitglieder der CDU Oftersheim von Dr. Tobias Ober, dem Inhaber der Mozart-Apotheke, wissen. Seine ernüchternde Antwort laut Pressemitteilung von Sturm: „Seitdem hat sich für uns überhaupt gar nichts geändert.“

Derweil geht das Apothekensterben weiter, in den ersten neun Monaten des Jahres wurden insgesamt 335 geschlossen, Ende des dritten Quartals gab es mit bundesweit 17 733 Apotheken einen neuen historischen Tiefstand. Mitte Oktober machten daher die Vertreter der freien Heilberufe ihrem Ärger nochmals Luft und verfassten zum ersten Mal eine gemeinsame Stellungnahme, in der das steht, was auch Dr. Ober seinem Besuch unter anderem mitteilte: ein überbordendes Maß an Bürokratie, Arzneimittel-Lieferengpässe, welche die Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen sowie eine unzureichende Vergütung der Apotheken. Ober, der für insgesamt 32 Mitarbeiter die Verantwortung trägt, sieht auch die mittelständisch geprägte Apothekenstruktur gefährdet.

Vieles ist nicht lieferbar

„Rund 300 Artikel, die ich jeden Tag bestellen möchte, bekomme ich nicht“, berichtet der Apotheker, „oftmals gibt es keine adäquate Alternative, da muss der Patient dann wieder zu seinem Arzt und etwas anderes verschrieben bekommen, ein Mehraufwand, der für alle Seiten mit weiteren Kosten verbunden ist. Es gibt beispielsweise spezielle Herzmedikamente, auf diese sind die Patienten einfach angewiesen, da gibt es keine anderen Lösungen.“ Die Lieferengpässe hätten unterschiedliche Ursachen, er habe selbst auch schon bei Herstellern nachgefragt. Ober: „Mal werden Glasfläschchen nicht gekauft, weil diese durch gestiegene Energiekosten jetzt so teuer geworden seien, mal sei die Verpackung nicht erhältlich.“

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Henrik Feth
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Benno Müller, Vorsitzender des CDU-Ortsverbandes, der kein Verständnis dafür hatte, dass „ein Industrieland wie Deutschland das nicht auf die Reihe bekomme“ und der darauf hinwies, dass manche Medikamente, die es in Deutschland nicht gebe, in Österreich sehr wohl erhältlich seien, entgegnete Ober: „Dort wird mehr für die Medikamente gezahlt. Damit ist klar, warum der Hersteller nicht zu uns liefert.“ Seit eineinhalb Jahren sei beispielsweise auch die Versorgung von Kindern mit Medikamenten ein Problem: „Sie werden es nicht glauben, aber wir importieren teilweise auch aus der Ukraine.“

Sturm und die Oftersheimer Christdemokraten waren sich darin einig, dass es auch nicht sein könne, dass es kaum noch Hersteller gebe, die in Deutschland oder Europa Medikamente produzieren: „Wenn aus Kostengründen beispielsweise nur noch in Indien oder China produziert wird, dann könnte es auch sein, dass man bei Streitigkeiten mit diesen Ländern irgendwann einmal gar nichts mehr bekommt.“ Gerade auch unter dem Gesichtspunkt der „Kritischen Infrastruktur“, zu welchen die Apotheken und auch deren Personal gehören, und hinsichtlich der Versorgung der Bevölkerung sei dies eine sehr bedenkliche Entwicklung. Ober: „Wir Apotheken haben die gesetzliche Verpflichtung, unseren Wochenbedarf an Medikamenten vorrätig zu haben, was uns in manchen Bereichen gar nicht möglich ist. Und unser Großhandel muss für 14 Tage bevorratet sein. Dieser hat aber natürlich die gleichen Probleme.“

Vergütung stagniert

Detailliert erläuterte Ober, dass die Personalkosten der Apotheken in den vergangenen zehn Jahren um rund 30 Prozent gestiegen seien: „Wir Apotheker haben große Sorgen mit Blick auf den kommenden Tarifvertrag, der 2024 kommen wird. Wenn er sich in dem Bereich bewegt, in welchem andere Branchen liegen, dann sieht es für manche Kollegen noch dunkler aus als zuvor.“ Ober weiter: „Hartnäckig hält sich immer noch die Meinung, dass die zu leistenden Zuzahlungen bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln in Höhe von zwischen fünf und zehn Euro die Apotheke einnehmen. Das ist mitnichten der Fall. Diese Zuzahlungen erhalten in Gänze die Krankenkassen und nicht wir.“

Zur Zunahme an hochpreisigen Medikamenten sagte der Apotheker: „Es ist überhaupt nicht klar, warum ein Medikament beispielsweise 3500 Euro kostet. Die Hersteller sagen: Wir hatten Forschungs- und Entwicklungskosten und das ist der Preis, fertig! Hier fehlt es völlig an Transparenz.“ Grundsätzlich vermisst Ober eine Wertschätzung der Apothekenbranche gegenüber: „In der Pandemie haben wir alle Vorgaben von einem Tag auf den anderen umgesetzt und viel geleistet. Aber das hat die Politik offenbar bereits vergessen.“

Der Landtagsabgeordnete Andreas Sturm habe das nicht: „Ich verstehe überhaupt nicht, wie die Ampelkoalition die Apotheken mit ihren hochqualifizierten Mitarbeitern so im Regen stehen lassen kann. Wir brauchen die Apotheken, sie nehmen in unserem Gesundheitswesen für alle Patienten eine wichtige Rolle ein. Die Energie, die SPD-Bundesgesundheitsminister Lauterbach aufgebracht hat, um die Legalisierung von Cannabis zu erreichen, was zweifellos ein Irrweg mit fatalen Folgen sein wird, hätte er mal lieber in die Unterstützung der Apotheken investiert.“ 

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