Oftersheim. Nach dem großen Erfolg des ersten Oftersheimer Harry-Potter-Gottesdienstes im Oktober des vergangenen Jahres fand nun eine Fortsetzung statt. Die beiden Praktikantinnen Nicole Amend und Simone Heidbrink gestalteten diesmal den Gottesdienst unter dem Motto „Expelliarmus“ („Entwaffnung“), wobei der zweite Band „Harry Potter und die Kammer des Schreckens“ im Mittelpunkt stand. Unterstützt wurden sie von Pfarrer Simon Layer und Dekanin Katharina Treptow-Garben.
Schon beim Betreten der Kirche schlug den Besuchern eine zauberhafte Atmosphäre entgegen: Gedämpftes rotes Licht im Altarbereich, eine weiße Eule, Kerzen und weitere Symbole aus der Harry-Potter-Welt sowie die Wappen der vier Häuser Gryffindor, Slytherin, Hufflepuff und Ravenclaw verwandelten die Christuskirche in eine Art Zauberschule Hogwarts. Zum magischen Ambiente trug auch das Outfit vieler Besucher bei. Zahlreiche Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene waren als Harry Potter, Professor McGonagall, Hermine, Ron oder andere Zauberlehrlinge mit ihren Zauberstäben verkleidet.
Parallelen zwischen Harry Potter und Bibel gefunden
Der Gottesdienst folgte zwar dem bekannten Ablauf – Gemeindegesang, Gebeten, Fürbitten und Segen – er wies aber zugleich auf Parallelen zwischen der Bibel und den Harry-Potter-Romanen hin, insbesondere zwischen der biblischen Gestalt Jakobs und der Figur Gilderoy Lockhart aus „Harry Potter und die Kammer des Schreckens“. Nach der Lesung aus der Bibel, die vom Ringen Jakobs mit einer geheimnisvollen Gestalt und seinem Sieg erzählt, las Pfarrer Simon Layer einen Auszug aus Rowlings Roman. Darin geht es um Gilderoy Lockhart, Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste. Nach außen hin wirkt er charmant und selbstbewusst, wird als Held gefeiert und hat sogar Bücher über seine angeblichen Heldentaten verfasst.
Doch alles ist erlogen: Lockhart hat die Taten anderer Hexen und Zauberer gestohlen und ihnen mit Vergessenszaubern die Erinnerung daran genommen. Als er versucht, auch Harry und Ron zu verzaubern, trifft ihn sein eigener Spruch – er verliert sein Gedächtnis und landet in der Nervenheilanstalt St. Mungo.
Täuschung muss sich am Ende immer der Wahrheit stellen
Auch Jakob bedient sich der Täuschung, um Ansehen zu gewinnen. Er erschleicht sich den Segen seines Vaters Isaak, indem er sich als seinen Bruder Esau ausgibt. Später wird er selbst getäuscht, was seine Entwicklung zu mehr Demut und Reife anstößt. Nach Jahren der Flucht begegnet er am Jabbok Gott, kämpft mit ihm und erhält schließlich einen neuen Namen: Israel.
In beiden Fällen folge auf Täuschung eine Enthüllung – eine Form der Läuterung: bei Jakob durch Einsicht und Kampf, bei Lockhart durch eine moralisch stimmige Strafe. Jakob wird dabei nicht als Idealgestalt gezeichnet, sondern als Mensch, der Versuchung, Angst und Schuld kennt. Während er durch die Krise zu sich selbst findet, zerbricht Lockhart an seiner Lüge. Beide Geschichten zeigen, dass sich Täuschung am Ende immer der Wahrheit stellen muss.
Die britische Autorin Joanne K. Rowling hat in ihren Harry-Potter-Romanen auch andere große Themen der Bibel aufgegriffen – Freundschaft, Liebe, Schuld und Vergebung – und erzählt letztlich davon, dass das Gute über das Böse siegt. Hinzu kommt, dass Harry, der Waisenjunge mit Zauberkräften, eine schillernde Figur ist, die Kinder wie Erwachsene gleichermaßen begeistert: Ein Außenseiter, der dazugehört, erfolgreich ist und gewinnt, ohne perfekt zu sein – gerade das macht ihn so sympathisch.
Oftersheimer Gläubige sind sehr angetan vom Harry-Potter-Gottesdienst
Sowohl die Bibelgeschichte als auch der Harry-Potter-Roman über die „Kammer des Schreckens“ erzählten davon, dass es Menschen brauche, die mit den „Superkräften“ Glaube, Liebe und Hoffnung die Welt zu einem besseren Ort machen. Solche neuen, kreativen Formate stellen besser die Verbindung des eigenen Lebens zum Glauben her, dies auf viel anschaulichere Weise, davon sind die beiden Praktikantinnen Amend und Heidbrink überzeugt, wie aus ihren Erläuterungen hervorging. Ihr Dank galt am Ende allen, die diesen besonderen Gottesdienst ermöglicht hatten – dem Organisten und Gitarristen auf der Empore für die so beeindruckende musikalische Gestaltung, Pfarrer Simon Layer, Dekanin Katharina Treptow-Garben und insbesondere den Jugendlichen, die sich um die Dekoration kümmerten.
Einige Besucher, die erstmals dabei waren, konnten sich im Vorhinein wenig unter einem „Harry-Potter-Gottesdienst“ vorstellen, waren aber neugierig – und anschließend begeistert: „Erfrischend anders“, lautete ihr Fazit. Zum Abschluss, nach dem Gebet des „Vaterunser“, konnten alle Gäste, die wollten, ein glitzerndes Siegel als Erinnerung an den Gottesdienst und den Segen mitnehmen und anschließend einer Harry-Potter-Filmvorführung im Gemeindehaus beiwohnen.
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