Festgelände - Vereine bewirten die Besucher / Kinder haben ihren Spaß im Zirkuszelt / Der Forst informiert über die Projekte / Staatssekretär Baumann lobt die Bemühungen für Flora und Fauna

In Japan heißt die Naherholung „Waldbaden“

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Volker Widdrat
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Oftersheim. Eigentlich hätte es zum 34. Tag des Waldes so richtig regnen müssen, denn die Bäume leiden unendlich und bräuchten dringend Wasser. Der ökumenische Gottesdienst am Sonntagmorgen war wegen der Witterung noch vom Freien in die evangelische Kirche verlegt worden, die Eröffnung fand an der Grillhütte im Trockenen statt.

Auch am Nachmittag blieb das Festgelände unterhalb der Dünen von Schauern verschont. „Die Badischen“ mit Ingbert Thorn, Peter Pfeiffer und Markus Waltenberger sorgten mit ihren Alphörnern für den musikalischen Auftakt. Die Vorsitzende des Vereinskartells, Silvia Höfs, begrüßte die Gäste, unter ihnen Umweltstaatssekretär Andre Baumann und der Grünen-Landtagsabgeordnete Manfred Kern sowie Vertreter der Forstlichen Versuchsanstalt Freiburg und des Forstbezirks mit Leiter Sebastian Eick an der Spitze. Der Tag des Waldes halte ein vielfältiges und sehr lebendiges Thema bereit, dankte Silvia Höfs der Gemeindeverwaltung und den vielen Helfern der Vereine für die Organisation des Festes.

Das Motto „Wald und Weide“ sei für die Oftersheimer schon fast alltäglich, meinte Bürgermeister Jens Geiß, seien doch auf den Dünen seit zwei Jahren regelmäßig Ziegen, Schafe und Esel zu Gast. „Wir haben noch den Luxus, den Wald vor unserer Haustür zu haben und können seinen Naturraum genießen, um hier Sport zu treiben“, führte Geiß aus. Die Japaner bezeichneten Spaziergänge und Eintauchen in die einzigartige Atmosphäre des Waldes als „Waldbaden“. Dabei könne man den würzigen Geruch einatmen, die Lichtspiele in den Baumwipfeln verfolgen und den federnden Boden unter den Füßen spüren.

Die erstmals 1979 durchgeführte Veranstaltung zeige, dass das Thema Wald schon vor vier Jahrzehnten einen sehr hohen Stellenwert gehabt habe, dankte Geiß dem damaligen Bürgermeister Siegwald Kehder.

Naturräumliche Kostbarkeit

Der erste Landesbeamte des Rhein-Neckar-Kreises, Joachim Bauer, bezeichnete das Waldschutzgebiet Schwetzinger Hardt als „naturräumliche Kostbarkeit“, in der Forstwirtschaft und Naturschutz Hand in Hand arbeiteten. Die Waldfläche mit ihrem ausgedehnten Wegenetz steigere die Attraktivität des Kreises. Umfrageergebnisse hätten gezeigt, dass die Menschen vor allem den Naherholungsraum rund um das Wildgehege besonders schätzten.

Ministerialrat Felix Reining vom Landesbetrieb Forst malte ein düsteres Bild. Man habe an allen wichtigen Baumarten gravierende Schäden feststellen müssen, so dass dieses Jahr rund drei Millionen Kubikmeter Schadholz zusammenkommen dürften. „Der Forst arbeitet im Katastrophenmodus und mit hoher Fachkompetenz, dabei sind die Förster aber auf die Unterstützung der Bürger angewiesen“, forderte Reining, den Klimaschutz ernst zu nehmen, „wenn wir den Wald erhalten wollen“. Er verwies auf den gerade von Forstminister Peter Hauk vorgestellten Notfallplan, mit dessen umfassenden Maßnahmen die Landesregierung den Wald in Baden-Württemberg retten will. Um die biologische Vielfalt zu erhalten, käme künftig dem Projekt für lichte Wälder eine besondere Bedeutung zu. „Wir brauchen eine regelmäßige, intensive Bewirtschaftung, gezielt und gesteuert“, erläuterte Reining den Effekt der nachhaltigen Beweidung des Waldes. Pflanzenfresser gestalteten die Vegetation, das zeige sich besonders an dem Mosaik von kleinen Standorten, wie den Dünen bei Oftersheim. „Lichte Wälder sind ein wichtiger Baustein zum Naturschutz“, bat der Vertreter des Landesbetriebs Forst die Besucher, auch im Alltag an den Klimaschutz zu denken.

Ein Ausstellungszelt informierte zum Thema „Wald und Weide“. Die Schwetzinger Hardt hat eine überregionale Bedeutung für den Natur- und Artenschutz. Seltene Pflanzen- und Tierarten finden hier einen Lebensraum. Um die halboffenen Biotope auf diesen Standorten zu bewahren, sollen die Flächen frei gehalten und die lichten Wälder forstwirtschaftlich gestaltet werden. Tabea Klinger, die an der Uni Freiburg Soziologie studiert, bearbeitet in ihrer Masterarbeit das Thema Waldweide und deren Wahrnehmung durch die lokale Bevölkerung. Im Rahmen dieser Arbeit möchte sie eine qualitative Interview-Studie durchführen und braucht dafür die Unterstützung der Oftersheimer. Wer sich bei einem gemeinsamen Spaziergang durch eine Waldweide zu seinen Einstellungen und Eindrücken äußern möchte, könne sich gerne melden, meinte Tabea Klinger (E-Mail: a.t.klinger@outlook.de).

Die Schau ging auch auf den historischen Hintergrund der Waldbeweidung und die agrarische Nutzung der Schwetzinger Hardt in früheren Jahrhunderten ein. Die Waldweide kommt sogar in ganz vielen Märchen vor: „Die Gänsemagd“ und „Tischlein deck dich“ zeugen davon.

Niedrigseil und Malwettbewerb

Für die jüngsten Besucher war der Tag des Waldes eine spannende Sache. Auf der Düne war ein Niedrigseil gespannt. Im „Paletti“-Zirkuszelt gab es eine Vielzahl von Aktivitäten, um die Zirkuskünste ausprobieren zu können. Beim Förderkreis Wildgehege durften die Kinder die Tiere im Wald malen. Die kulinarische Meile wurde von den Vereinen bestückt. „Lebendiges Oftersheim“, die Gemeinschaft für Handel, Handwerk und Dienstleistung, bot Zwiebelkuchen und neuen Wein an. Der Gartenbauverein lockte mit Salaten und der Gesangverein Germania mit Wurstsalat und Bratkartoffeln. Beim Sängerbund Liederkranz gab es Bier und Brezeln. Der Verein der Vogelfreunde und der Mittelalterverein servierten eine Pilzpfanne mit Kräutern sowie Kaffee und Kuchen. Der Tennisclub lieferte spritzige Pfirsichbowle und der Carneval-Club Grün-Weiß Gyros im Fladenbrot. Die Pfadfinder waren für das Spülmobil zuständig.

Die Musikfreunde eröffneten das Klangerlebnis zum Tag des Waldes. Die Böhmerwaldgruppe tanzte, der Musikverein machte den Abschluss. Viel Lob gab es auch für den Fahrdienst des Roten Kreuzes. Der Ortsverein um seinen Vorsitzenden Hans Thomas Dilger brachte ältere Menschen oder Besucher, die nicht gut zu Fuß waren, entweder direkt von der Kirche oder vom Hardtwaldring zur Grillhütte raus.

Staatssekretär Dr. Andre Baumann freute sich, dass die Schwetzinger Hardt wieder so viel Zuwendung erfährt. Dass Naturschutz erfolgreich sein kann, sehe man vor Ort an den Dünen. Für manche Lebensräume sei mit der Gestaltung von lichten Wäldern und mehr Raum für sandtypische Fauna und Flora schon vieles besser geworden. Das liege auch an der guten Zusammenarbeit mit Gemeinden wie Oftersheim, meinte der ehemalige Nabu-Landesvorsitzende.

Info: Weitere Bilder gibt’s unter www.schwetzinger-zeitung.de

Oftersheim

Oftersheim: 34. Tag des Waldes

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Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

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