Oftersheim. Das mobile Geschichtslabor „Wo fängt Unrecht an?“ des Vereins „Lernort Kislau“ macht in Oftersheim Station. Bis 21. Dezember haben die Besucher Gelegenheit, sich im Ausstellungsraum des Verwaltungsgebäudes in der Eichendorffstraße über das KZ Kislau zu informieren und die NS-Diktatur in Beziehung zur Gegenwart zu setzen.
Bei der Eröffnung trafen die Redner, darunter Bürgermeister Pascal Seidel, der Vizepräsident des Landtags Baden-Württemberg, Daniel Born (SPD), Dr. Andrea Hoffend als Leiterin und Initiatorin des Projekts, sowie die wissenschaftliche Mitarbeiterin Luisa Lehnen die richtige Mischung aus Information und Wertschätzung des Konzepts. Musikalisch umrahmt wurde die Eröffnung von Franca Brunke am Englischhorn und an der Oboe sowie Eunkyung Kim am Klavier. Mit Stücken wie „Eclogue“ von Theodor Akimenko und dem ersten Satz „Andante e spiccato“ aus dem Oboekonzert von Alessandro Marcello gelang es ihnen, die Zuhörer mit feinsinnigen Klängen zu begeistern.
Als Organisator hieß zunächst Matthias Agirdogan, Vorsitzender der Arbeiterwohlfahrt Oftersheim, die Gäste willkommen, darunter auch die Bürgermeisterin der Stadt Leimen, Claudia Felden, und Bürgermeister Dr. Ralf Göck aus Brühl. Agirdogan bedankte sich bei allen, die durch ihr Engagement dazu beigetragen hatten, dass das Geschichtslabor in Oftersheim Station macht. „Ihre Anwesenheit zeigt, wie wichtig das Projekt ist, das insbesondere die Jugend dazu animiert, das Vergangene zu verstehen, um die Zukunft besser zu machen.“
Bürgermeister Pascal Seidel betonte ebenfalls, wie bedeutsam es sei, nicht aufzuhören zu erinnern, zu mahnen und zu gedenken. Und er zitierte den Philosophen George de Santayana, der Anfang des 20. Jahrhunderts gesagt hatte: „Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.“ Das Geschichtslabor, so Seidel, wende sich vor allem an junge Menschen, sie sollten verstehen, was Unrecht bedeutet, was der Unterschied zwischen Recht- und Unrechtsstaat und was Demokratie ist.
Daniel Born nahm in seiner Ansprache den Begriff auf und definierte Demokratie als Haltung: „Wir Demokratinnen und Demokraten schauen anders auf die Welt, für uns ist Demokratie Teilnahme, Inklusion, Mitbestimmung. Angesichts dessen, was zurzeit in der Ukraine, aber auch im Iran passiert, sind wir aufgerufen, sie zu schützen.“ In diesem Sinne können die Bemühungen der Awo, das mobile Geschichtslabor nach Oftersheim zu holen, nicht hoch genug eingeschätzt werden, da es einen wesentlichen Beitrag zum Demokratieverständnis leistet.
Fokus auf KZ Kislau
„Es gibt keinen anderen Ort in Baden, der so im Fokus der NS-Zeit steht wie Kislau“, stellte anschließend Dr. Andrea Hoffend kurz die Ziele des Vereins „Lernort Kislau“ vor. Vielen Menschen der Region sei sicherlich nicht bekannt, dass Kislau Kaserne, Militärhospital, Gefängnis und in den Jahren von 1933 bis 1939 sogar Konzentrationslager war, sagte sie. Der Verein will den Ort, wo so viel Unrecht geschah, ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rücken. „Auf dem Areal des frühen Konzentrationslagers Kislau planen wir einen Lernort. Als früheres Lager markiert Kislau den Übergang von der Weimarer Demokratie in das NS-Regime. Durch eine Kombination aus Geschichtsvermittlung und Wertedialog möchten wir aufzeigen, warum man demokratiefeindlichen Tendenzen so früh wie möglich entgegentreten muss“, so Hoffend während der Eröffnung.
Luise Lehnen ging näher auf das Geschichtslabor mit acht Doppelstationen ein. Unter der Leitfrage „Wo fängt Unrecht an?“ laden sie ein, sich nicht nur mit der Rolle des KZ Kislau zu befassen, sondern unmittelbare Bezüge zur Gegenwart aufzudecken. Junge Menschen können hier wie in einem richtigen Labor selbst aktiv werden und zu aktuellen Fragen Stellung nehmen.
Während eines Rundgangs konnten sich die Besucher überzeugen, wie gelungen die Wanderausstellung ist. Alles ist aus hellem Holz in freundlichen Farben gestaltet. Die Stationen stellen Themenkomplexe wie „Propaganda oder Fakten“ oder „Wie wurde Unrecht Recht?“ aktuellen Pendants gegenüber, darunter „Was macht Demokratie stark?“ Alles ist dabei altersgerecht und inhaltlich überzeugend umgesetzt und damit auch besonders für Schulklassen geeignet.
Bis zum 21. Dezember kann das Mobil zu den Öffnungszeiten des Verwaltungsgebäudes besucht werden. Termine außerhalb dieser Zeiten können aber auch unter der Telefonnummer 0176/61 17 08 33 vereinbart werden.
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