Kerwe

Ursula Roos koordiniert Kerwe in Oftersheim

Ursula Roos koordiniert seit Ewigkeiten das Geschehen auf dem Festplatz und lässt sich trotz Corona- und Wirtschaftskrise partout nicht unterkriegen

Von 
Joachim Klaehn
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Oftersheim. In „Ofdasche“ geht es über das bevorstehende Wochenende rund. Ob Kerwe vom 15. bis 18. Oktober, Hobbykünstlerausstellung, Hofflohmarkt, „Kerwe meets Oktoberfest“ oder auch die mannigfaltigen Aktivitäten der traditionsreichen Kerweborscht bis nächsten Dienstagabend – es ist für alle Generationen etwas geboten. „Die Kerwe ist eine Traditionsveranstaltung und eine rundum schöne Sache“, sagt Kulturamtsleiter Gudio Hillengaß, „hoffentlich können wir noch lange an dieser Tradition festhalten.“

Das wünschen sich insbesondere auch die Schausteller. Ursula Roos (64), die von der Gemeinde eingesetzte Generalunternehmerin, koordiniert wie gewohnt alles. Sie kennt Oftersheim seit Ewigkeiten – bereits von Kindesbeinen an, denn sie gehört zu einer Schausteller-Dynastie, die unter den beiden Namen Stohner und Roos firmiert. Seit sechs Jahrzehnten kommt die Familie nach Oftersheim, Ursula Roos, ihre Tochter und ihr Sohn gingen sogar an die ortsansässige Friedrich-Ebert-Grundschule.

„Mir gefällt das hier. Wir waren immer da“, sagt Roos im Gespräch mit dieser Zeitung, „es ist familiär und kürzlich bin ich in einer Bäckerei als Oftersheimer Urgestein angesprochen worden.“ Sie muss schmunzeln. Ganz klar: Es ist eine besondere Beziehung, die sie und ihr privates Umfeld zur Hardtgemeinde haben. Und deshalb wird auch alles dafür getan, dass die Kerwe am Laufen bleibt. „Wir besorgen die Schausteller. Mein Vater hat das schon gemacht und eines Tages werden es die Enkel übernehmen“, berichtet die bodenständige Frau, die in Ludwigshafen geboren wurde, in Eberbach und Mannheim gelebt hat und vor einigen Jahren ins Saarland gezogen ist.

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Einmal Schausteller – immer Schausteller? „Man kann das schon so sagen. Wir sind da reingeboren und reingewachsen“, erzählt Ursula Roos, „du bist von Anfang an dabei. Schon als Kinder haben wir Karten eingesammelt oder haben einen Putzlappen in die Hand genommen. Was auch immer. Wenn die Sonne rauskam, waren wir daheim nicht mehr zu halten.“

Es klingt nach einem schönen, aber auch harten Leben. Geschenkt wird den Schausteller-Familien nämlich nichts. „Wir sind optimistisch, hoffen das Beste. Man muss das Geld zusammenhalten für Zeiten, in denen es schlechter wird“, verrät sie ihre Devise, „viele sagen zu uns: Ihr seid Lebenskünstler!“

Dazu gehören Flexibilität, Offenheit und Improvisation als Tugenden. Für die diesjährige Kerwe in „Ofdasche“ hat Ursula Roos vier Fahrgeschäfte aquiriert sowie fünf, sechs Buden mit Schießen, Angeln, Zuckerwatte, Imbiss, Getränken und Crêpes. „Mehr gibt der Platz nicht her“, meint Roos.

Moderner Autoscooter

Höhepunkt ist diesmal ein moderner Autoscooter, den es letztmals beim Frühlingsfest nicht gab. Ein junger Mann aus Karlsruhe würde ihn betreiben, in Karlsruhe, Schwetzingen oder Brühl hätte das mobile Fahrgeschäft zuletzt gut eingeschlagen. „Es ist ein anderer Stil, eine andere Art von Musik. Wir glauben, dass der Autoscooter von den jungen Leuten gut angenommen wird“, sagt Roos in Richtung Zielpublikum, das meist zwischen zwölf und 18 Jahre alt sei. Wann die Schausteller abends schließen, hänge mit vom Publikumsverkehr ab.

Was die Ticketpreise anbetrifft, bittet sie um Verständnis für eine moderate Erhöhung: „Auch für uns als Schausteller sind die Kosten gestiegen. Unsere letzte Erhöhung liegt zehn Jahre zurück. Es geht leider nicht anders.“

Insgesamt hat sich die Situation im Bereich der Schausteller dank Corona dramatisch zugespitzt. Einige haben aufgegeben. Voriges Jahr sei es eine Katastrophe gewesen, man habe keinen Unternehmerlohn, keinerlei Unterstützung gekriegt. Nichts, einfach nichts. „Manche haben kapituliert, andere bekamen gesagt, sie sollen doch ihre Zugmaschinen verkaufen. Da wurde viel geredet und vieles ging völlig an der Realität vorbei“, so Ursula Roos kritisch, ohne ins Jammern zu verfallen. Die wirtschaftlichen Probleme seien das eine, die psychische Seite das andere. „Viele vergessen, was das mit uns gemacht hat“, sagt sie.

Umsätze 2022 im grünen Bereich

Es ist Land in Sicht. In diesem Jahr seien diejenigen Schausteller, die durchgehalten hätten, einigermaßen zufrieden. Roos: „Bei den Umsätzen ist alles im grünen Bereich.“ Bitter sei lediglich die Fahrt zur Tankstelle. 400 Liter Sprit fasst eine Zugmaschine, der astronomische Preis tut weh. „Da brauchst du ja gleich eine Bankanleihe“, lässt sich Roos ihren Humor nicht nehmen.

Was muss übers verlängerte Wochenende geschehen? Die Schausteller und Budenbesitzer benötigen schönes Wetter und viele Besucher. Ganz simpel. Wenn dies nicht der Fall ist, sterben Kerwen in der jetzigen Form irgendwann aus. Kulturamtsleiter Guido Hillengaß weiß das – und die kommunikative Schaustellerin Ursula Roos umso mehr.

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