Plankstadt. Wenn Mika Nishida im Juli „Sayonara“ sagt, wird es für Familie Klein in Plankstadt ein Abschied voller Tränen und schöner Erinnerungen. Fast ein Jahr hat die 18-jährige Austauschschülerin aus Tokio dann als „große Tochter auf Zeit“ das Alltagsleben der Familie bereichert – und dabei nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Gasteltern Sabine und Andreas Klein sowie der eineinhalb Jahre alten Luzia viel über Japan eine unvergessliche Zeit beschert.
„Wir haben vor anderthalb Jahren einen Artikel gelesen, in dem eine Gastfamilie für einen japanischen Jugendlichen gesucht wurde“, erzählt Sabine Klein (37), selbst begeistert von der japanischen Kultur und Sprache. „Die Idee ließ uns nicht mehr los.“ Über die Organisation Experiment e.V. meldeten sich die Kleins als Gastfamilie – und so kam Mika im Sommer 2024 nach Schwetzingen. Für die Schülerin, die in Tokio lebt, war es der erste längere Aufenthalt in Deutschland, aber nicht im Ausland – zuvor hatte sie bereits einen dreimonatigen Schüleraustausch in Australien erlebt.
Schule, Kartoffeln und Kulturaustausch in Plankstadt und Eppelheim
Mika besucht in Deutschland das Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium in Eppelheim und ist dort in der 10. Klasse integriert. „Die Lehrer sind freundlich und geben mir die Möglichkeit, am normalen Unterricht teilzunehmen“, sagt sie. Herausfordernd sei die Sprache zwar immer noch, aber „die Noten sind für mich nicht so wichtig – es geht darum, zu verstehen und mitzuerleben.“ Besonders begeistert ist Mika vom deutschen Bildungssystem: „In Japan ist der Englischunterricht ganz anders. Hier wird viel mehr Englisch gesprochen, nicht nur Grammatik gelernt.“
Auch kulinarisch gab es viele neue Erfahrungen. „Kartoffeln und Spargel werde ich sehr vermissen“, sagt Mika und lacht. Auch das gemeinsame Grillen und deutsche Erdbeeren haben es ihr angetan. „Wenn ich nach Hause reise, freue ich mich trotzdem am meisten auf das japanische Essen – zum Beispiel Natto. Das kennen die wenigsten hier, das sind fermentierte Sojabohnen.“
Gastschülerin in Plankstadt: Heimweh, neue Freunde und japanische Community
Ganz ohne Heimweh geht es natürlich auch in Plankstadt nicht, doch Mika fühlt sich wohl in der Familie Klein. „Ich mag die alten Häuser hier, den Garten. Und ich habe auch Freunde gefunden, die mein Heimatland mögen.“ Drei Mitschüler interessieren sich so sehr für Japan, dass sie manchmal in Heidelberg oder Mannheim gemeinsam Ramen, eine japanische Suppe, essen gehen. Zufällig ist auch eine Mitschülerin halb Japanerin, und über die Deutsch-Japanische Gesellschaft in Mannheim („Da gehen wir einmal im Monat zum Stammtisch“) hat Mika weitere Kontakte gefunden.
Während ihres Deutschlandaufenthalts hat Mika nicht nur die Rhein-Neckar-Region, sondern war auch an der Nordsee, in Straßburg, München und Berlin – und plant vor ihrer Rückreise noch eine Reise in die Alpen oder den Schwarzwald mit ihrer Gastfamilie. Dass sie dann wieder mit der Deutschen Bahn unterwegs sein muss, nimmt sie mit Humor. „Ich weiß, dass Verspätungen hier normal sind“, sagt sie lachend. Aus Japan ist sie in dem Bereich jedenfalls anderes gewohnt.
Auf jeden Fall steht für Mika schon jetzt fest: Der Abschied im Juli wird nicht für immer sein. „Wir hoffen, dass Mika uns bald wieder besucht, vielleicht als Studentin“, sagt Sabine Klein. Das Appartement im Haus, das die Familie vermietet, würde dann natürlich bereitstehen. Außerdem planen die Kleins, Mika schon bald in ihrer Heimat zu besuchen. „Wir mögen Land und Leute in Japan sehr. Und mit Mika haben wir ja noch einmal einen entscheiden Grund mehr für eine Reise.“
Mika selbst möchte nach dem Abschluss ihres japanischen Schuljahrs an einer Universität in Tokyo Deutsch studieren. „Meine Lieblingsuniversität, die Sophia-Universität, bietet ein Austauschprogramm mit Heidelberg an. Vielleicht kann ich dann zurückkommen – und wieder Teil der Familie Klein sein.“ Nicht nur die kleine Luzia würde sich darüber riesig freuen.
Für Sabine Klein und ihre Familie ist klar: „Es war für uns alle eine unglaublich bereichernde Erfahrung. Wir würden es jederzeit wieder machen.“ Und auch Mika blickt begeistert zurück: „Ich habe mich hier sehr wohlgefühlt und so viel gelernt – über Deutschland, über die Menschen, und ein bisschen auch über mich selbst.“
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