Bestattungen

Ein Blick in die Geschichte des Plankstadter Friedhofs

Über die Jahrhunderte hinweg wurden die Toten in Plankstadt mit verschiedenen Sitten und Bräuchen zur letzten Ruhestätte begleitet. Wir geben einen Überblick, wie sich der Friedhof im Laufe der Zeit verändert hat.

Von 
Gemeindearchivar Ulrich Kobelke
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Das Bild aus dem Gemeindearchiv zeigt einen Leichenzug in der Kaiserzeit etwa im Jahre 1915 in Plankstadt. © Gemeindearchiv

Plankstadt. Wurden in früheren Jahrhunderten Tote meist am Rande der Ortschaften bestattet, so verlagerten sich die Friedhöfe später oft in die Nähe der Kirchen oder um die Kirchen herum.

In Plankstadt ist das gut nachzuvollziehen. Im Bereich des heutigen Gemeindezentrums wurden bei Erdarbeiten immer wieder menschliche Knochen gefunden, also mussten hier einmal Bestattungen stattgefunden haben.

Alte Ortspläne weisen darauf hin, dass in diesem Bereich der Ortsetter, also der bebaute Bereich des Ortes, geendet haben musste. Die Weggabelung der Schwetzinger Straße und des Brühler Weges weisen ebenfalls auf das Ortsende hin. Weggabelungen führten oft in Nachbarortschaften und markierten das Ende des bebauten Ortsetters.

Katholische St. Nikolaus-Kirche in Plankstadt wurde zwischen 1899 und 1904 erbaut

Mit der katholischen St. Nikolaus-Kirche haben diese Bestattungen nichts zu tun, denn diese Kirche wurde erst zwischen 1899 und 1904 erbaut und da gab es längst den Friedhof am Grenzhöfer Weg beziehungsweise am Hasenpfad, wie seine Lage in alten Berichten beschrieben wird.

Ganz anders verhält es sich mit dem Gelände der evangelischen Kirche. Hier ist belegt, dass sich bereits im Mittelalter an dieser Stelle eine Kirche befand. Auch das Rathaus befand sich bis ins 19. Jahrhundert hinein in diesem Bereich – etwa an der Ausfahrt aus dem dortigen heutigen Parkplatz.

Die Kirche selbst hatte im Laufe der Zeit verschiedene äußere Formen aufzuweisen. Um diese Kirche herum entstand dann auch der Friedhof.

Der Friedhof war auch von einer Mauer umgeben, die sogar Schießscharten aufwies, die Mauer diente auch während des Dreißigjährigen Krieges den Dorfbewohnern zur Verteidigung gegen Überfälle räuberischer Marodeure.

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Da das Platzangebot innerhalb des Ortes begrenzt war, reichte der Friedhof irgendwann nicht mehr aus und die Obrigkeit – das Bezirksamt – schritt ein – auch aus hygienischen Gründen, da man todbringende Keime im Grundwasser befürchtete. Der Streit zwischen der armen Kommune, den zuständigen Pfarrern und dem Bezirksamt zog sich mehrere Jahre hin.

Im Jahr 1821 kaufte die Gemeinde von der Pflege Schönau ein Grundstück, um den alten Friedhof nach Süden hin (also entlang der Eisenbahnstraße) zu erweitern. Die endgültige Erweiterung scheiterte jedoch letztendlich an den kommunalen Finanzen. Aber das Bezirksamt ließ nun nicht mehr locker.

Das Gelände des heutigen Plankstädter Friedhofs am Grenzhöfer Weg wurde von der Gemeinde am 8. März 1841 erworben und zwar vom Heidelberger Advokaten Georg Philipp Leonhard. Die Maurermeister Michael und Philipp Martin aus Eppelheim erstellten die Friedhofsmauer und das Portal.

Katholischer und Evangelischer Pfarrer weihen 1842 gemeinsam den Friedhof ein

Am 16. Februar 1842 konnte Bürgermeister Treiber dem Bezirksamt melden, dass der neue Friedhof von den beiden Geistlichen, dem Schwetzinger katholischen Pfarrer Schmid und dem Plankstädter evangelischen Pfarrer Erckenbrecht eingeweiht worden sei. Am gleichen Tag fand auch die letzte Bestattung auf dem alten Friedhof bei der evangelischen Kirche statt.

Der Weg vom Trauerhaus im Ort zum Friedhof wurde mit Hilfe eines Leichenwagens, der von schwarzen Pferden gezogen wurde, vorgenommen. Die Familie, Verwandte und Freunde des Verstorbenen nahmen im Sterbehaus Abschied von dem bis zum Beerdigungstermin aufgebahrten Leichnam.

Die von der Gemeinde angestellte Leichenfrau übernahm das sogenannte „Leichenansagen“, indem sie im Ort von Haus zu Haus ging und den Tod sowie den Beerdigungstermin verkündete. Für diese Tätigkeit wurde sie mit einem kleinen Geldbetrag in den Häusern – circa zwei bis fünf Pfennige – entlohnt.

Der Brauch der Todesanzeigen setzt sich mehr und mehr durch

Da jedoch immer mehr Menschen Tageszeitungen abonniert hatten und sich der Brauch der Todesanzeige mehr und mehr durchsetzte, wurde diese Tätigkeit durch die Gemeinde 1939 untersagt und die Vergütung für die Leichenfrau auf acht Mark festgesetzt.

Tatsächlich unterblieb das Leichenansagen bis 1945 auch, nachdem jedoch infolge des Zusammenbruchs keine Zeitungen mehr erschienen, wurde der alte Brauch wieder aufgenommen.

Eine anonyme Anzeige mit der Bitte um Abschaffung wurde nicht bearbeitet. Der unbekannte Schreiber beklagte darin die Unsitte, dass die „Ansager“ in despektierlicher Weise die gespendete Münze überprüften, ob der Wert auch ihren Vorstellungen entsprach.

Erst im Januar 1953 untersagte der Gemeinderat auf Wunsch der Leichenfrau das Ansagen, da die Tätigkeit mehr und mehr unbeliebt wurde. Am Begräbnistag erschien zehn Minuten vor dem Termin der mit Pferden bespannte Leichenwagen; der Sarg wurde geschlossen, in den Wagen gebracht und der Trauerzug setzte sich vom Trauerhaus zum Friedhof in Bewegung.

Erst die Feldarbeit, dann die Überführung zur Leichenhalle

Nach Fertigstellung der Leichenhalle gab es hin und wieder Ärger mit den Leichenwagenfahrern, wenn diese, da es sich meist um Landwirte handelte, zuerst ihre Feldarbeit verrichteten und erst dann die Überführungen zur Leichenhalle vornahmen.

Mehrmals sind Anweisungen an die Fahrer in den Archivakten zu finden, dass der Leichentransport unbedingten Vorrang habe, da die räumlichen Verhältnisse ein längeres Aufbewahren der Leiche im Sterbehaus oft unmöglich machten.

Lukrativ waren die Beschäftigungen mit den Toten allerdings nicht: Im Jahr 1938 lehnte das Bürgermeisteramt eine Erhöhung des Totengräberentgeltes um ein Mark ab, da den Hinterbliebenen sonst Mehrkosten in Höhe von circa fünf Mark entstanden wären. Der Bürgermeister vertrat die Auffassung, der „in der Mehrheit minderbemittelten Bevölkerung“ sei dies nicht zuzumuten. Zu Beginn der 50er Jahre tauchte dann das erste Leichenauto eines Schwetzinger Unternehmers auf und langsam ging man von der Überführung durch das Pferdegespann ab.

Der Leichentransport mit Pferdefuhrwerk oder einem Spezialauto?

Noch im Februar 1951 allerdings entschied der Gemeinderat, es den Angehörigen zu überlassen, ob sie den Leichentransport mit dem bisher üblichen Pferdefuhrwerk oder mit einem Spezialauto durchführen lassen wollen.

Der letzte große Leichenzug in Plankstadt, der dem Verfasser im Gedächtnis ist, fand bei der Beisetzung des katholischen Pfarrers Heinrich Grimm im Februar 1962 im Anschluss an das Requiem von der Pfarrkirche zum Friedhof statt.

Später gab es nur noch wenige Trauerfeiern in der Kirche, nach der dann der Sarg zum Friedhof gebracht wurde. Erinnerlich ist neben dem erwähnten Pfarrer Heinrich Grimm die Pfarrer Paul Kauß und Franz Sessler, der Bürgermeister Werner Weick und Landtagspräsident Dr. Lothar Gaa. Dabei gab es jedoch nach dem Requiem in der Kirche keine Leichenzüge zu Fuß mehr.

Die frühere Friedhofsordnung war wesentlich strenger als die heutige

Die Friedhofsordnung früherer Jahre war wesentlich strenger angelegt, als dies heute der Fall ist und auch sein kann. So existiert eine Bekanntmachung aus dem Jahr 1933, in welcher ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass „bei Leichenbegängnissen solchen Personen, die nicht zum Leichenzug gehören, sowie Kindern der Zutritt zum Friedhof nicht gestattet ist. ... Wir werden in Hinkunft strafend einschreiten, wenn vorstehende Anordnung nicht strengstens beachtet wird.“

Damit diese Anordnung auch befolgt wird, ordnet der Bürgermeister die Überwachung durch Polizei und Feldhut an. Genau festgelegt war auch, wie der Leichenbeschauer am Sterbeort vorzugehen hatte. Dieses Amt versah viele Jahre der Friseur Heinrich Bopp aus der Wilhelmstraße, bekannt als „Boppels-Rasierer (auch „Bopps-Rasierer“).

Wie aus Schreiben von Angehörigen von Verstorbenen zu entnehmen ist, war der Leichenbeschauer offenbar eine besondere Respektsperson, der man bei seinem Erscheinen im Trauerhaus mit ehrfürchtigem Schauder begegnete. Nach dem Ausscheiden von Heinrich Bopp 1951 ging dieses Amt an den unvergessenen Plankstädter Arzt Dr. Josef Goldhofer über, nach dessen Tod im Jahr 1961 übernahm Frau Dr. Anna Rösch dann das Amt.

Am offenen Grab durfte auf keinen Fall gesungen werden

Auch in neuerer Zeit herrschten auf dem Friedhof noch strenge Sitten: Bei Personen, die an Diphtherie oder Scharlach gestorben waren, hatte das Gesundheitsamt noch 1950 das Singen der Schulkinder am offenen Grabe untersagt. Entsprechend gab es für die Leute, die in irgendeiner Weise mit der Leiche zu tun hatten, genaue Anweisungen für ihre Arbeit, damit Übertragungen von Krankheiten möglichst ausgeschlossen werden konnten.

Aus dem Jahr 1949 ist eine ernsthafte Ermahnung und eine Strafandrohung für den Wiederholungsfall bekannt, als ein Ehepaar einen Kinderwagen mit zum Familiengrab nahm. Auch wurde erst dann auf eine Bestrafung zweier Kinder beziehungsweise der Erziehungsberechtigten in einem Fall verzichtet, nachdem die Eltern die ‘Abstrafung’ der beiden der Gemeindeverwaltung gemeldet hatten: Zwei zwölfjährige Mädchen, die Blumen auf das Grab der Verwandten stellen sollten, hatten dabei eine Handvoll kleiner Kiesel vom Nachbargrab zur Verzierung genommen und waren dabei erwischt worden.

Aufschluss über Gepflogenheiten, die an jeweilige politische Strukturen gebunden waren, gibt die Abschrift einer Verordnung der GESTAPO (Geheime Staatspolizei) aus dem Jahre 1937, wo ausdrücklich auf gleiche Rechte bei „Gottgläubigen“ und „Glaubenslosen“ auf den Friedhöfen hingewiesen wird.

1937 kommt es zu Differenzen zwischen Ortsgeistlichen und NSDAP-Mitgliedern

Hintergrund der etwas verschleierten Verlautbarungen dürfte wohl die Tatsache sein, dass es je nach örtlicher Gegebenheit und Temperament zu Differenzen zwischen Ortsgeistlichen – besonders bei kirchlichen Friedhöfen - und Parteiangehörigen der NSDAP gekommen war. In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass es sich bei der 1937 erbauten Leichenhalle nicht um ein „typisches Bauvorhaben der NS-Zeit“ handelt, welches geeignet erscheint, den kirchlichen Einfluss auf das Leben der Menschen zurückzudrängen.

Unabhängig von den politischen Verhältnissen verweist die Stadtchronik von Schwetzingen im Jahr 1928 darauf, dass nunmehr alle Beerdigungen von der Leichenhalle auf dem Friedhof aus stattfinden. Eine merkwürdig erscheinende Ergänzung der Friedhofsordnung hielt die Gemeinde im September 1940 für erforderlich: Verwundert wurde zur Kenntnis genommen, dass bei zahlreichen Angehörigen einer Konfession im Anschluss an die Beerdigung keinerlei Grabkennzeichnung erfolgte (Holzkreuz). Die Gemeinde änderte die Friedhofssatzung dahingehend, dass eine Kennzeichnung der Gräber angeordnet wurde. Dies betraf besonders die Zeit zwischen Beerdigung und Aufstellung eines endgültigen Grabmales.

Ob in heutiger Zeit alles besser geworden ist als in früheren Zeiten, wird jeder für sich beurteilen müssen. Behördliche Bestimmungen über die Friedhofsanlagen sind unumgänglich, pädagogische Ermahnungen hinsichtlich eines pietätvollen und angemessenen Verhaltens auf dem Friedhofsgelände sind heute in der individualistisch geprägten Gesellschaft nicht mehr gerne gesehen; der nachdenkliche Betrachter könnte sich jedoch gut vorstellen, dass sie auch heute hin und wieder ebenso angebracht wären. Und dass es auch heute noch Zeitgenossen gibt, für die Wahrung der Totenruhe und pietätvolles Verhalten auf dem Friedhof Fremdwörter sind, zeigen die Berichte über Diebstähle von Pflanzen von den Gräbern oder ganz allgemein respektloses oder unangepasstes Verhalten von Friedhofsbesuchern.

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