Plankstadt. Es ist kurz vor neun Uhr am Samstagmorgen, als ungewöhnlich viele Leute auf das Gemeindezentrum zuströmen. Im Eingangsbereich sind bereits dutzende freiwillige Helfer in neongelben Warnwesten zu sehen. Die Umwelt- und Klimaschutzbeauftragten der Stadt, Verena Öffner und Ulrike Krause, verteilen Müllsäcke, Zangen und Arbeitshandschuhe, auch einige Kinder sind dabei. Anlass ist der Aktionstag „Plankschd werd gekehrt“. Seit drei Jahrzehnten sammeln Freiwillige an diesem mittlerweile quasi traditionellen Arbeitseinsatz Müll im Gemeindegebiet und setzen ein Zeichen gegen Verschmutzung. Obwohl sich die meisten Helfer zuvor angemeldet haben, wird schnell klar: Die Zangen reichen nicht. Die Einsatzbereitschaft der rund 60 Helfer übertrifft die Erwartungen. Normalerweise sind es laut der Stadtverwaltung zwischen 20 und 25. Auch viele Vereine nehmen teil.
„Wir sind überwältigt und freuen uns über dieses Engagement“, sagt Bürgermeister Nils Drescher zur Begrüßung. Er muss einige Treppenstufen zur Bücherei hochgehen, um die gesamte Masse an Helfern zu überblicken. „Lasst uns ein Vorbild sein und ein Zeichen setzen, denn es geht auch anders“, führt er fort. Er meint damit den sorglosen Umgang mit Müll, der eine Belastung für Mensch und Umwelt darstellt. Gesammelt wird an elf Sammelpunkten in der Kommune, hauptsächlich außerhalb des Ortskern, da diese Gebiete oft nicht von den dreimal in der Woche stattfindenden Reinigungsarbeiten der Stadt abgedeckt werden können. Wir sprechen mit den Menschen unter den Warnwesten und treffen auf Kuriositäten, gesellschaftliche Verantwortung und eine klare Haltung gegen Umweltverschmutzung.
Zigarettenstummel und Essensreste liegen in Plankstadt auf der Straße
Bereits als sich die Helfer zu ihren Stationen aufmachen, kommt Bürgermeister Drescher nicht weit. Er sammelt gemeinsam mit Mitgliedern der islamischen Ahmadiyya Gemeinde aus Eppelheim, die mit fünf Freiwilligen am Aktionstag teilnehmen. Eigentlich wollen sie zum Sammelort rund um den Vogelpark, aber am Rathaus liegen Zigarettenstummel und Essensreste. Im Vorbeigehen klappern die Müllzangen, der Bürgermeister nimmt kurzerhand eine Schaufel zur Hand, um die Reste zu beseitigen. Dann geht es zum Vogelpark. Die Helfer der Ahmadiyya-Gemeinde, einige davon sind erst vor ein paar Jahren aus Pakistan nach Deutschland gekommen, haben eigene Warnwesten mit einer klaren Botschaft dabei. Die Aufschrift auf dem Rücken: „Liebe für alle – Hass für keinen.“
Am Vogelpark sammeln sie mit dem Bürgermeister Überreste aus der Fastnachtszeit auf, wie Alkoholflaschen konfettiartige Schnipsel und buntes Allerlei. Nils Drescher bückt sich vor einem Gebüsch, sammelt undefinierbare bunte Papierschnipsel auf und sagt sarkastisch: „Hier wurde wohl gefeiert.“ Für Imam Naveel Ahmad Shad, dem Oberhaupt der Gemeinde, ist die Teilnahme am Arbeitseinsatz ein Teil der gesellschaftlichen Pflichterfüllung. Auch in anderen Gemeinden nehmen sie an ähnlichen „Dreck-Weg-Tagen“ teil. „Wir versuchen uns immer zu beteiligen, wo man für die Gesellschaft Gutes tun kann“, sagt Imam Shad. Sauberkeit gehöre auch unabhängig von solchen Aktionstagen zur „Sunna“, der religiösen Praxis der Muslime, erklärt der Imam.
Auf einem Feldweg in der Nähe des Friedhofs treffen wir auf Scott Hillberry. Er kam vor einem Jahr aus den USA nach Plankstadt und arbeitet als IT-Spezialist in Heidelberg. Zum ersten Mal ist er bei der Aktion dabei. Als Bewohner der Stadt gehöre die Beteiligung für ihn einfach dazu, erklärt er uns im typischen Englisch mit amerikanischem Akzent. „Ich will helfen, die Stadt sauberzumachen“, sagt er.
Kurios wird es auf dem Radweg in der Nähe der Kurfürstenstraße. Dort hat sich eine größere Gruppe aus Erwachsenen und Kindern zum Müllsammeln zusammengefunden. Unter ihnen die Gemeinderätin der Grünen Liste, Viviane Reize, die mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern teilnimmt. „Wir haben etwas wirklich Komisches gefunden“, sagt sie und zeigt uns den Bollerwagen der Gruppe, auf dem sich bereits einige gut gefüllte Müllsäcke stapeln. Sie zieht eine Axt und einen Vorschlaghammer heraus. Die Werkzeuge habe die Gruppe in den Büschen gefunden. Die Gruppe ist sichtlich amüsiert über den Fund, es wird gelacht und über verbrecherische Hintergründe gemutmaßt.
Um das eigene Zuhause in Plankstadt kümmern
Viviane Reize gibt einen Einblick in die weiteren Funde der Gruppe, zu der auch der Fraktionssprecher der Grünen Liste Plankstadt, Thomas Burger, gehört. Neben Verpackungsmüll und Flaschen zieht sie ein Einmachglas mit Zigarettenstummeln hervor. „Wer wirft denn einfach so ein komplettes Glas voller Kippenstummel in die Landschaft?“, fragt sie mit Unverständnis. Die Gemeinderätin ist zum dritten Mal dabei. Sie wolle sich um ihr Zuhause kümmern, denn „Müll gehört nicht in die Umwelt“, erklärt sie. Aktionstage wie dieser seien eine Erinnerung, dass Verschmutzung nicht in Ordnung ist. Sie hofft auf die symbolische Strahlkraft der Aktion.
Auf diese Strahlkraft hofft auch die Umwelt- und Klimaschutzbeauftragte Ulrike Krause. Es sei „traurig und erschreckend“, was arglos in die Umwelt geworfen werde, sagt Krause. Blicke man auf die Verschmutzung der vergangenen Jahre, lasse sich laut Krause ein Rückgang von illegal entsorgten Sondermüllen feststellen, der Verpackungsmüll nehme aber zu. Sie freue sich vor allem über die vielen Helfer. Die Werbung der Stadt für die Aktion in den Vereinen habe Wirkung gezeigt, sagt sie. Sie sehe den Einsatz als pädagogischen Auftrag, der sich an Kinder und zukünftige Generationen richtet. „Wir wollen die Kinder sensibilisieren“, erklärt die Umweltschutzbeauftragte und hofft auf einen „erzieherischen Effekt“.
Zum Schluss des Aktionstags gab es ein gemeinsames Mittagessen im Gemeindezentrum. Der Verein „Alles-Retter“ kümmerte sich um den Nachtisch. Ersten Schätzungen der Stadtverwaltung zufolge belief sich die gesammelte Müllmenge auf etwa zehn Kubikmeter. Alkoholflaschen, Zigarettenstummel und Verpackungsmüll waren die Platzhirsche. Aber auch kuriosere Dinge wie zwei volle Kanister „AdBlue“, eine unerklärliche Häufung an vollen Proteingetränkeflaschen und die Axt und Vorschlaghammer der Gruppe um die Grünen Gemeinderäte. Unter den über 60 Helfern waren Vereine wie das Rote Kreuz, der Musikverein, der Plankstadter Carneval Club, die Ahmadiyya Gemeinde, die lokale Agenda und die Ahrschipper vertreten. Eine bunte Mischung an Teilnehmern und Altersstrukturen: Da ist Scott Hillberry aus den USA, die Gemeinderäte der Grünen Viviane Reize, Thomas Burger und ihre Familien, Mitglieder der Ahmadiyya Gemeinde, der Imam Naveel Shad, Bürgermeister Nils Drescher und die Umweltschutzbeauftragten der Stadt Verena Öffner und Ulrike Krause. Sie alle vereint ihr Engagement für eine saubere Stadt - eine klare Kante gegen Müll und Umweltverschmutzung.
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