Plankstadt. Ein so großer Besucherandrang war selten bei einer Ausstellungseröffnung zu sehen. Darüber freuten sich insbesondere Rita Wolf und Walter Etzler von der Lokalen Agenda, die als Veranstalter bei der Auswahl der Künstler ein glückliches Händchen bewiesen. So haben sie zwei Hockenheimer Künstler, Magda Seiler und Hermann Ullrich, eingeladen, deren Werke im Plankstadter Wasserturm in einen ungewöhnlichen Dialog treten.
„Die beiden Künstler sind keine Konkurrenten“, meinte Walter Etzler, der bei der Eröffnung im Beisein vieler Kunstinteressierter sowie des Bürgermeisters Nils Drescher in die Ausstellung einführte. Im Gegenteil, sie bieten Möglichkeiten zum Vergleich, der Aufschluss gibt über den Prozess künstlerischer Arbeit. Und Etzler stellte die bei der Vernissage anwesenden Künstler einzeln vor.
Besondere Werkzeuge mit dabei
Magda Seiler habe sehr spät, erst im Rentenalter, mit dem Malen begonnen, obwohl sie schon als Kind gerne und viel gezeichnet hat. Um sich fortzubilden, hat sie viele Kurse besucht, unter anderen bei Gudrun „Ju“ Mindhoff vom Schwetzinger Xylon-Museum. Als Inspiration dienen ihr Motive aus der nächsten Umgebung, darunter der Hockenheimer Wasserturm oder das Schwetzinger Schloss und der Park.
„Solche Holzobjekte, die hier ausgestellt sind, hat man in Plankstadt noch nicht gesehen“, merkte Etzel zu den Arbeiten des zweiten Ausstellers, des Künstlers Hermann Ullrich, an. „Als ich seinen Ausstellungsraum in Hockenheim betreten habe, fiel mir buchstäblich der Kinnladen runter, so beeindruckt war ich.“ Und Etzel weist auf die Hohlobjekte hin, die Ullrich mit ganz besonderen Techniken und Werkzeugen bearbeitet. „Holz zu formen ist nicht einfach“, erklärte er und hebt eine aus Versehen zerbrochene Schale hoch, deren Inneres er so erkunden konnte. „Beim Messen ihrer Seitenwand bin ich auf keine zwei Millimeter gekommen.“
Gleichzeitig präsentierte Etzel den Besuchern ein Werkzeug, mit dem Ullrich die ausgewählten Holzstücke aushöhlt. Durch ein drei Zentimeter kleines Loch gelingt es ihm meisterhaft damit, das Innere so auszuhöhlen, bis die Seitenwände dünn wie Pappe sind. Dafür sind alle seine Sinne gefordert, so Etzel.
So unterschiedlich die Werke der beiden Künstler sind, haben alle doch etwas gemeinsam: Beide arbeiten mit Naturmaterialien wie Acryl-, Aquarellfarben und Holz. Zentrales Kennzeichen von Ullrichs Stil ist die Reduktion auf das Wesentliche. Inspiriert hat ihn, wie er selbst erzählt, das einfache Leben der Menschen in den vielen Ländern, die er seit seiner Jugend bereist hat. Von ihnen habe er den Respekt vor dem Material und dem Umgang mit dem Handwerkszeug gelernt.
Was den Reiz seiner vertikalen oval- und kugelförmigen Objekte ausmacht sowie seiner aus einheimischen Hölzern geformten Blumen, Stamperl, Schalen, Hüten, ist die permanente Grenzüberschreitung, einerseits zwischen Kunst und Handwerk, zwischen Kunst und Design, andererseits zwischen Kunst und Leben und seinem Wunsch, die akademischen Regeln zu durchbrechen.
Exponate stehen zum Verkauf
Doch sind die Arbeiten auch Projektionsflächen seiner Fantasie, seiner Gedankenwelt, die Unfassbares greifbar machen wollen: So kommt dem Betrachter mit Werken wie „Nebra, die Himmelsscheibe“, „Erde“, „Venus“, „Mars“ oder weiteren Planeten der gesamte Kosmos entgegen, dem trotz erfolgreicher wissenschaftlicher Erkundungen immer noch etwas Archaisches anhaftet, etwas Geheimnisvolles und Unergründliches. Gebannt stehen die Betrachter davor, suchen das Gespräch mit dem Künstler und nehmen gleich die käuflich erworbenen Exemplare mit nach Hause.
Das Gesehene wird geformt
Einen schönen Kontrast zu Ullrichs Holzarbeiten bilden die zarten Aquarell- und Acrylbilder von Magda Seiler. Ob figürlich oder abstrakt, ihre von der Natur inspirierten Motive lösen im Betrachter positive Emotionen aus. Eindrucksvoll hält sie zum Beispiel im Bild mit dem Titel „Pelikane“ die Bewegung der Tiere fest, die Schönheit des Schwetzinger Schlossgartens in „Ende der Welt“, die der Blumen in „Anemone“, oder auch den Wechsel der Jahreszeiten in „Winterlandschaft“, wo das Zusammenspiel der Farben Weiß und Blau wunderbar zur Geltung kommt. Doch kopiert die Künstlerin nicht die Wirklichkeit, sie formt das Gesehene nach ihrer eigenen Wahrnehmung um und gibt dem Betrachter viel Raum, sich seine eigenen Gedanken zu machen.
Bei einem Glas Sekt und Häppchen standen die Vernissagegäste noch lange beisammen, genossen die farbenfrohen Werke Seilers und bewunderten die künstlerische wie handwerkliche Fähigkeit Ullrichs.
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