Nabu

Plankstadt: Förderprojekt bringt mehr Artenvielfalt ins Ortsbild

Mit dem Nabu-Projekt „Natur nah dran“ entstehen in Plankstadt neue Lebensräume für Bienen, Pflanzen & Co. – gefördert, nachhaltig und voller Blühkraft für die Zukunft.

Von 
Volker Widdrat
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Nabu-Projektleiter Martin Klatt (r.) erläuterte nach der Begrüßung durch Bürgermeister Nils Drescher (stehend Mitte), wie in Plankstadt naturnahe Flächen angelegt werden. © Volker Widdrat

Plankstadt. Das Projekt „Natur nah dran“ des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) läuft noch bis 2027: Insgesamt 136 Kommunen in ganz Baden-Württemberg werden gefördert, jährlich kommen 15 weitere zum Zug. Finanziert wird die Umgestaltung innerörtlicher Freiflächen wie Verkehrsinseln oder Randstreifen in naturnahe, lebendige Grünanlagen. Über eine Laufzeit von fünf Jahren hinweg gibt es einen Zuschuss von je bis zu 15.000 Euro.

Plankstadt ist auch mit dabei: Die Gemeinde hat sich erfolgreich für das Förderprojekt beworben und möchte nun zusammen mit Experten attraktive Lebensräume schaffen und einen nachhaltigen Beitrag zur Biodiversität leisten. Start war mit dem Workshop „Demonstration und Umsetzung“, bei dem der Beispielkommune gezeigt wurde, wie man die vorbereiteten Flächen bepflanzt und ansät.

Bei der Schulung war die Gemeinde Gastgeber für über 30 Bauhof-Mitarbeitende aus Ettlingen, Filderstadt, Hambrücken, Hüfingen, Hüttisheim und Offenburg. Auch die Lokale Agenda um Walter Etzler und Winfried Wolf war bei dem Arbeitseinsatz stark vertreten. Ulrike Krause vom Sachgebiet Klima- und Umweltschutz hatte die Aktion zur Förderung biologischer Vielfalt federführend organisiert.

Plankstadter Bürgermeister freut sich über das gemeinsame Anpacken

Treffpunkt für den theoretischen Teil war der Trausaal des Rathauses, wo Bürgermeister Nils Drescher die Teilnehmer begrüßte. Er freue sich, dass man nicht nur eine Schulung erlebe, sondern auch gemeinsam anpacken und damit ganz praktisch etwas für mehr Natur in der Gemeinde tun könne. So wolle man attraktive Flächen für die Erholung der Menschen schaffen, gleichzeitig aber auch Lebensräume für Tiere und Pflanzen sichern. Dabei müsse man den finanziellen und personellen Aufwand im Blick behalten „und zugleich unserer Verantwortung gerecht werden, einen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt zu leisten“, so Drescher in seinem Grußwort.

Die Fläche wird vorbereitet, um später mit Wildpflanzen bestückt zu werden. © Volker Widdrat

Naturnahe Flächen entlasteten langfristig den Bauhof, weil sie weniger Pflege brauchten. Sie seien ökologisch wertvoll, zugleich auch Schmuckstücke im Ortsbild. Das Projekt diene der Natur, dem Klima und den Menschen, dankte er allen Beteiligten. Martin Klatt, Projektleiter und Referent für Arten- und Biotopschutz beim Nabu-Landesverband Baden-Württemberg, ging auf „Wildpflanzen für Bienen“ ein. Die erwachsenen „Blumenkinder“ brauchen Nektar als Energiequelle, die Weibchen versorgen die Larven im Nest mit Pollen und Nektar. Wildbienen leben meist einzeln als „Solitärbienen“. Hummeln bilden kleine Völker, die im Herbst absterben.

„Von den rund 600 Wildbienenarten in Deutschland, in Baden-Württemberg sind es über 460, frisst ungefähr ein Drittel längst nicht alles“, erläuterte Klatt. Die Weibchen dieser spezialisierten Arten sammeln den Pollen nur an den Blüten bestimmter Pflanzenarten. Fehlen diese Pflanzen im Blütenangebot, können diese Spezialistinnen unter den Wildbienen nicht überleben. Deshalb brauchen sie vor allem Wildpflanzen „aus der Natur“. Die Rote Liste der gefährdeten Bienenarten wird immer länger und umfasst heute weit mehr als die Hälfte aller Wildbienenarten Deutschlands.

Workshop in Plankstadt: Praktischer Teil mit Biologin Eva Distler

Biologin Eva Distler führte zum praktischen Teil des Workshops hin. Die Fachplanerin für naturnahes Grün erläuterte, wie die Flächen in Plankstadt vorbereitet wurden und was in den nächsten Jahren gemacht werden muss. Bei der unkrautfreien Neuanlage von Magerstandorten muss eine Fläche je nach Bewuchs mindestens 20 Zentimeter ausgebaggert werden. Jegliches Unkraut an den Rändern muss sauber entfernt werden.

Die Männer vom Bauhof bringen Erde auf die Fläche. © Volker Widdrat

Anschließend wird ein oberbodenfreies, mineralisches Substrat, zum Beispiel Steinerde der Körnung null bis acht Millimeter, höhengerecht eingebaut. Auch möglich ist ungewaschener Kies oder Sand mit ausreichend Feinanteil. Damit die Feuchtigkeit in der Anwachsphase besser gehalten wird, werden obenauf zwei bis drei Zentimeter unkrautfreier Grünschnitt-Feinkompost verteilt, je nach Flächengröße händisch per Krail oder mit einer Bodenfräse. Anschließend werden die Wildstauden ausgelegt und gepflanzt, im Falle von Staudenbeeten mit einer Dichte von fünf Stück pro Quadratmeter oder als sogenannte Initialstauden mit nur ein bis vier Stück pro Quadratmeter.

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Bei Herbstanlagen werden vor der Ansaat noch die Blumenzwiebeln gesteckt. Das alles dient schnellen Blühaspekten im ersten Jahr. Bei der Entwicklungspflege in den ersten beiden Jahren sollten unerwünschte Beikräuter selektiv gejätet werden. Zum Beispiel Weißklee, Ampfer, Gänsedistel, Ackerwinde, Hopfenklee oder Katzenschweif, führte die Biologin aus. Bei der Flächenentwicklung im zweiten Jahr kann die Mahd der Magerwiese ein- bis zweimal im Jahr erfolgen, entweder im Juli und Oktober oder nur im Herbst.

Auch Schotter kommt zum Einsatz. Je magerer der Boden, desto bunter, also artenreicher wird der Standort. © Volker Widdrat

Bei der Anwendung der sogenannten Burri-Methode geht es um große Flächen, nährstoffreiche Oberböden, Streifeneinsaaten und Wiesenflächen. Der Boden wird mehrfach mechanisch bearbeitet, mit Pflug, Grubber, Fräse oder Kreiselegge. Alternativ kann die Grasnarbe abgeschält werden. Für diese Vorgehensweise sollten zwei bis drei Monate Vorlaufzeit eingeplant werden, empfahl Distler. Im ersten Jahr seien Unkrautschnitte, sogenannte Schröpfschnitte, so häufig wie nötig. Einjährige blühende Arten müssten notfalls mit abgemäht werden.

Eine weitere Empfehlung: Mit Lebensraum-Strukturen, wie etwa Totholz, zu arbeiten. Projektleiter Martin Klatt: „Schon im Frühjahr zeigen sich die ersten Blüten und mit ihnen die Bienen als Besucher.“ Einige Standorte gäben zunächst ein trostloses Bild ab, betonte Dr. Eva Distler. Die Naturgartenplanerin wirbt für Geduld: „In einigen Monaten verwandeln sie sich zu Nahrungsquellen für Insekten.“

Ausbringen, verteilen, einarbeiten: Plankstadt kümmert sich um Grünflächen

Dann ging es in die Praxis. Eine vorbereitete Fläche im Rübäcker wurde in Angriff genommen. Ausbringen, Verteilen und Einarbeiten des Kompostes, Stauden auslegen nach Blühaspekten und Pflanzeneigenschaften, unkrautfreies Pflanzen, Kennenlernen der heimischen Wildpflanzen und des Saatguts sowie Einsaat standen auf dem Arbeitsplan.

Die heimischen Wildpflanzen und Stauden wurden vom Plankstadter Bauhof hergebracht. © Volker Widdrat

Nach dem gemeinsamen Mittagessen wurde die Praxiseinheit auf Flächen am Kreisverkehr in der Schwetzinger Straße fortgesetzt. Dort wurde der Boden streifenweise gefräst und eingesät, sodass sich die Wildpflanzen nach und nach über die gesamte Fläche ausbreiten können. Im Laufe der nächsten Monate werden in Plankstadt weitere Standorte im Sinne der Biodiversität entsiegelt und umgestaltet.

Arbeitskleidung, Warnweste, Spaten, Schaufel, Spitzhacke, Rechen, Krail, Zwiebelstecker und Schubkarren waren an diesem Tag das Lehrmaterial für die „Natur nah dran“-Aktion. Plankstadt wird dabei nicht alleingelassen. Die Unterstützung durch die Experten und das Nabu-Projektteam bleibt bestehen. Im kommenden Jahr gibt es zwei weitere Termine, dann wird zum Beispiel gemeinsam das Jäten von Unkraut geübt. Die Gemeinde darf sich so auf weitere naturnahe Grünflächen freuen.

Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

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