Kirchengemeinde

Segen kommt mit Engeln aus Papier

Von 
Marco Montalbano
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Plankstadt. Pfarrerin Christiane Banse aus Plankstadt ist immer für eine schöne Überraschung gut. Das zeigt sie auch diese Ostern. Innerhalb kürzester Zeit hat sie mit einem zwölfköpfigen Team einen „Stationen-Gottesdienst“ zusammengestellt. Das Konzept lässt eine Corona-konforme Begegnung mit Gott zu und kommt bei den Gläubigen sehr gut an. Alle Zeitfenster für dieses Angebot waren am Gründonnerstag ausgebucht. Im Zehn-Minuten-Takt starteten die Gläubigen und erlebten sechs Stationen von der Begrüßung durch die Pfarrerin über das Gebet, Bibelimpulse, Fürbitte, Abendmahl bis hin zum Segen in der Kirche.

Christiane Banse steht an einem Tisch vor dem evangelischen Gotteshaus in der Ortsmitte und begrüßt lächelnd die Besucher. Ihre neue weiße Stola glänzt in der Ostersonne, die über dem zum größten Teil im Freien stattfindenden Gottesdienst lacht – ein Zeichen des Wohlwollens von oben? Sie wendet sich der nächsten Besucherin zu. Christiane Buck freut sich schon. Sie muss kurz warten. Nur alle zehn Minuten darf gestartet werden. Genügend Zeit für ein Gespräch mit Christiane Banse.

Kreidepfeile auf dem Boden weisen den Weg rund um die Kirche, rein ins Gemeindehaus, dann zwei Mal nach rechts und in die Kirche, dann wieder hinaus. An der ersten Station „Gebet“ steht Lars Hoffmann. An einer Mauer ist ein Plakat mit Fragen wie „Was macht mich mürbe?“ und „Was lässt mich zweifeln?“ Die Besucher schreiben ihre Ängste auf Zettel und können sie in die „Klagemauer“ stecken, was aber kaum jemand macht, sondern sie verbrennen sie lieber im bereitgestellten Feuerkorb. Flammen lodern in den vormittäglichen Himmel und nehmen die Sorgen mit. Lars Hoffmann sagt: „Frau Banse hat alle angerufen, so auch mich. Toll, dass mal wieder was stattfindet. Eine sehr gute Idee.“ Das findet nicht nur er.

An der „Impulsstation“ steht Gemeindemitglied Frank Becker. Diese befindet sich im Gemeindehaus, dessen Türen weit geöffnet sind, damit ein steter Luftaustausch stattfindet. „Jesus im Garten Gethsemane (Lk 22,39-53)“, das sei das Thema, erläutert er. Eine Wand ist aufgebaut, die eine schwarz, die andere weiß. Jeweils unterschiedliche Textstellen sind hervorgehoben, die zuerst das Negative beschreiben, danach die Hoffnung. Es geht um die menschliche Erfahrung von unverschuldetem Leid – passend zur Situation.

Abendmahl gibt es „to go“

An der Station „Fürbitte“ steht Katja Schumann. Sie hält Stifte und Kreide bereit, damit die Menschen sie auf ein Plakat oder den Boden schreiben können. Jemand bittet, dass Katastrophen ausbleiben, die der Mensch nicht verursacht habe, ein anderer um eine gesunde Nichte, ein anderer um weise Entscheidungen der Politiker. Sie ist Sozialarbeiterin, habe gerade am Mittwoch eine Jugendliche zur Ambulanz gefahren, wegen akuter Suizidgefahr. „Meine Fürbitte ist für den Beistand der Jugendlichen in schwierigen Situationen. Corona ist nicht an allem schuld, aber es verschlimmert manches“, sagt sie.

Direkt neben dem Kircheneingang stehen Lisa Roth und Philipp Geißler. Sie leben in einem Haushalt. Lisa verteilt kleine, geschlossene Tütchen mit Brot und Gebetstexten. Dazu gibt es Traubensaft statt Wein. „Wir sind die gelebte Ökumene“, meint sie lachend, denn sie sei katholisch. „Man sieht Sie ja nie in der Kirche“, hätte eine ältere Dame zu ihr gesagt. „Kein Wunder, ich bin ja auch meist da drüben“, sei ihre Antwort – begleitet von eine kurzen Kopfbewegung Richtung St. Nikolaus-Kirche – gewesen. Die katholische Kirche ist mit dem Abendmahl „to go“ bei dieser schönen Aktion gern dabei.

An der letzten Station in der Kirche wartet Christina Laubscher. Sie ist im Pfarrgemeinderat und erteilt (auf Wunsch) den Segen, dazu gibt es liebevoll gebastelte Engel aus Gesangbuchpapier. „Damit Gott danach mit nach Hause kommt“, betont sie, das sei der Gedanke gewesen. Draußen steht Christiane Banse, die die Besucher herzlich verabschiedet.

Es gibt weitere Mitnehm-Angebote

Die Idee sei kurzfristig entstanden. „Erst vor ein paar Wochen sprach ich mit Prädikantin Jutta Layer, die meinte, das hätte sie mal wo gehört. Da rief ich engagierte Gemeindemitglieder an, die begeistert waren, dann haben wir alles in einem Zoom-Videochat besprochen. Ich freue mich, dass der ,Stationen-Gottesdienst‘ so gut ankommt. Wir sind sozusagen ausgebucht.“ Und ergänzt: „Für alle, die nicht zur Kirche kommen können, gibt es wieder unseren ‚Gottesdienst to go‘“. Die liebevoll gerollten und dekorierten Glaubensimpulse inklusive Kurzpredigt werden an Gemeindemitglieder verteilt und gibt es auch zum Mitnehmen. Jutta Layer freut sich schon auf die nächsten Gottesdienste: „Am Ostersonntag und zum Familiengottesdienst, beides um 10 Uhr, geht es weiter. Man musste sich bis Dienstag anmelden, weil der Zugang wegen Corona sehr begrenzt wird. Zum Glück darf überhaupt etwas stattfinden.“

Info: Mehr Fotos gibt es unter www.schwetzinger-zeitung.de

Plankstadt

Plankstadt: Gottesdienst mit Stationen

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Freier Autor Freier Journalist. Davor Pressereferent. Studium der Politikwissenschaft.

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