Reilingen. Ein sehr sensibles Thema in der Gemeinde ist die Friedhofskapelle, wie Bürgermeister Stefan Weisbrod gleich zu Beginn seiner Amtszeit als Reilinger Bürgermeister 2013 erfahren musste. Schon unter Bürgermeister Klein waren 2009 erste Überlegungen angestellt worden, die Aussegnungshalle zu erweitern. Architekt Herbert Sand vom gleichnamigen Büro aus Kirrlach legte dem Gemeinderat verschiedene Ansätze vor, die allesamt verworfen wurden. Erst 2014 wurde ein Plan gefunden, der die Zustimmung fand und ein Jahr später realisiert wurde.
Aktuelle Frage nach Wetterschutz - Wiederkehrende Diskussion im Gemeinderat
Errichtet wurde ein Anbau, der die vorhandene Struktur des Sakralbaus aufgriff, ohne dabei die Moderne zu verleugnen. „Die Entscheidung damals war gut und richtig“, stellte Sand in der jüngsten Ratssitzung fest. An dieser nahm er teil, weil erneut eine Frage aktuell wurde, die schon 2015 im Raum stand – die nach einem Wetterschutz. Damals wurde ein solcher zurückgestellt, man wollte die Erfahrungen mit dem Anbau abwarten. Doch Sand lieferte schon mit dem Anbau eine Skizze, wie ein solcher Wetterschutz aussehen könnte, filigran und transparent. Erste Kostenschätzung gingen vor acht Jahren von rund 30 000 Euro aus.
In der letzten Zeit, erläuterte Bürgermeister Weisbrod den Tagesordnungspunkt, hätten sich Fragen nach einem Wetterschutz gehäuft, zuletzt sei das Thema im Technischen Ausschuss zur Sprache gekommen. Sowohl ein Sonnen- und Hitze- als auch ein Regenschutz seien dabei angemahnt worden. Weshalb die Verwaltung Sand angefragt und um Ideen gebeten habe.
Sand hatte die Skizze von 2015 mit dabei und führte aus, dass für die Friedhofshalle entweder eine kleine oder eine große Lösung infrage komme. Stets müsse jedoch das Gebäude im Blick bleiben, dessen Art der Nutzung bedacht werden. Patricia Faber (FW) gewann einer kleinen Lösung nichts ab, deren Nutzen leuchtete ihr nicht ein. Und für eine große Lösung fehlt in ihren Augen das Geld. Zumal der Anbau in der Regel Platz genug biete, alle Trauergäste im Innern unterzubringen.
Finanzierbarkeit von freiwilligen Leistungen - Debatte über Kürprogramm der Gemeinde
Barbara Vogel (CDU) betonte, dass ihre Fraktion, wie die der Freien Wähler, in dieser Frage nicht einig sei. Ihr selbst missfiel bei der Planskizze, dass diese die vorhandenen Bänke im Freien nicht einbezog. Und angesichts der wirtschaftlichen Lage der Gemeinde hat das Projekt in ihren Augen keinerlei Priorität.
Sand war gegen ein gewaltiges Vordach, das den ganzen Platz beschattet, und merkte an, über Kosten noch nicht gesprochen zu haben. Dem hielt Sabine Petzold entgegen, dass es sehr wohl ums Geld gehe. Ging man vor acht Jahren von einer Kostenschätzung über 30 000 Euro aus, so seien es aktuell wohl 100 000 Euro, merkte sie mit Blick auf die Kostensteigerung an. „Man kann alles machen, aber man muss es sich leisten können“, so ihr Fazit.
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Simon Schell (Grüne) regte an, die Frage eines Wetterschutzes bei der Friedhofshalle zum Gegenstand einer Bürgerversammlung zu machen und Peter Kneis (CDU) betonte, öfter von älteren Bürgern auf das Thema angesprochen zu werden. Er konnte sich eine kleine Lösung, beispielsweise zum Aufspannen der Schirme geeignet, vorstellen und schlug für den nötigen Schatten vor, Bäume zu pflanzen. Für Agnès Thuault-Pfahler (CDU) passt der gemachte Vorschlag nicht zur Friedhofshalle und Peter Geng (FW) konnte es angesichts der Haushaltslage und der Erhöhung der Elternbeiträge für die Kinderbetreuung nicht verstehen, „allen Ernstes über ein Luxusproblem“ zu sprechen. Ein „Vordächle“ macht in seinen Augen keinen Sinn, wenn, dann brauche es eine große Lösung. Und selbst diese wäre bei richtig großen Beerdigungen, die ja nicht die Regel sind, nicht ausreichend.
Über nichts werde so intensiv diskutiert wie über Friedhofsangelegenheiten, sprach Dieter Rösch (SPD) von einem Deja-vu-Erlebnis. Allerdings, die Überdachung ist in seinen Augen kein Luxusproblem, sondern ein vertretbarer Anspruch, für den aktuell jedoch das Geld fehle. Dieses brauche man für Kernaufgaben wie die Kinderbetreuung. Dr. Stefan Reschke (FDP) sprach hingegen von einem Luxusproblem – ein Schirm könne sowohl vor Hitze als auch vor Regen schützen.
„Gift-Liste“ in den Raum gestellt
Womit die Diskussion bei der Frage der Finanzierbarkeit freiwilliger Leistungen der Gemeinde angelangt war. Rösch regte an, in naher Zukunft über das Kürprogramm der Gemeinde zu sprechen, was in Weisbrods Augen eher die Erstellung einer „Gift-Liste“ bedeutet. Er warnte davor, alle freiwilligen Leistungen zu streichen und wollte eine kleine Skizze als Gesprächsgrundlage für eine Bürgerversammlung erstellt wissen – „wir brauchen Themen“. Zwar sah Klaus Schröder (FW) damit ein Fass aufgemacht, er wollte erst die Versammlung, dann Pläne, doch votierte der Rat kommentarlos der Vorgehensweise von Weisbrod zu.
Letztlich stimmte der Rat für die Anschaffung eines Notstromaggregats für das Feuerwehrhaus, mit dem bei Katastrophenfällen für ausreichend Strom gesorgt wird. Die Kosten hierfür sind mit rund 117 000 Euro veranschlagt, wobei die Gemeinde noch mit Zuschüssen rechnet.
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