Neulußheim/Reilingen. Die Bestürzung ist den beiden Pfarrerinnen noch deutlich anzumerken: An Weihnachten wurde sowohl in die evangelische Kirche in Reilingen, als auch ins evangelische Pfarramt in Neulußheim eingebrochen. Erbeutet wurde in beiden Fällen die Weihnachtskollekte. Doch Katharina Garben, Neulußheim, und Eva Leonhardt, Reilingen, schmerzt mehr noch als der materielle Verlust das Gefühl des Vertrauensverlustes.
Am Morgen des zweiten Weihnachtsfeiertages sei sie schnell ins Pfarrbüro, um den Anrufbeantworter neu zu besprechen, erinnert sich Pfarrerin Garben. Da fiel ihr die zersplitterte Tür auf und in der Folge entdeckte sie den Einbruch. Der Tresor war geöffnet worden, das darin gelagerte Geld entwendet und der Tresor wieder verschlossen worden. Möglich war dies, weil der Einbrecher zuvor den Schlüsselkasten zerstört hatte. In Reilingen die gleiche Vorgehensweise: Von der Kirche gelangte der Einbrecher in der Nacht vom ersten auf den zweiten Weihnachtsfeiertag über eine Tür in die Sakristei, wo er den Tresor ausräumte und ihn anschließend wieder verschloss.
Der gleiche Tathergang
Der Tathergang ist der gleiche, weshalb die Pfarrerinnen von einem Täter ausgehen. Auch in Oftersheim wurde schon eingebrochen – damals verwendeten die Täter eine Flex. Weshalb die Frage, wo der Tresorschlüssel aufbewahrt wird, wohl eher zweitrangig ist.
Auf jeden Fall, da sind sich die beiden Seelsorgerinnen einig – der Täter muss sich ausgekannt haben. Sowohl örtlich als auch mit den Gegebenheiten in den Kirchengemeinden. Denn nicht nur, dass viele Menschen nur einmal im Jahr an Weihnachten in die Kirche gehen und sich dabei mit ihrer Spende großzügig zeigen – es finden gleich mehrere Gottesdienste statt. Hinzu kommt die Tütensammlung für „Brot für die Welt“, wobei viele Menschen ihre Tüten zum Gottesdienst mitbringen. Meist mit ihren Anschriften auf der Rückseite versehen und mit der Bitte um die Ausstellung einer Spendenbescheinigung.
Tütensammlung betroffen
Auch die Tüten fielen den Einbrechern zum Opfer, weshalb die Pfarrerinnen die Spender bitten, sich in den jeweiligen Pfarrämtern zu melden. „Wir werden die Spendenbescheinigungen dann auf Treu und Glauben ausstellen“, sieht Pfarrerin Garben keine andere Möglichkeit.
Der Schaden liegt in beiden Kirchengemeinden, von den Kollekten der Jahre vor Corona hochgerechnet, bei jeweils bis zu 2000 Euro. Hinzu kommt in Reilingen eine gestohlene Festplatte. Hingegen war der Sachschaden gering, zumal auch nichts verwüstet wurde.
Neben dem Gedanken, Spendern ihre Bescheinigungen zukommen zu lassen, treibt die Seelsorgerinnen auch der Gedanke um, wie sich Ähnliches in der Zukunft verhindern lasse. Die Möglichkeit früherer Jahre, das Geld am Ende des Tages in eine „Geldbombe“ zu stecken und in den Nachtschalter der Bank einzuwerfen, gibt es nicht mehr, das Verfahren wurde abgeschafft.
Bliebe die Möglichkeit, es gleich am Abend zu zählen und mittels einer Bankkarte einzuzahlen. Doch die hauptamtlichen Mitarbeiter haben in dieser Zeit meist frei, die ehrenamtlichen Helfer seien mit genug Arbeit ausgelastet. Und die Pfarrerinnen und Pfarrer kommen ob der vielen Gottesdienste bis in die Nacht erst recht nicht dazu. Doch bis zur nächsten Weihnacht, da sind sich Leonhardt und Garben einig, werden sie mit ihren Kirchengemeinderäten Pläne und Strategien entwickeln, wie man sich in künftig wappnet.
Größere Beträge per Überweisung
Eine Möglichkeit ist es in den Augen von Garben, größere Spenden entweder online oder per Überweisung zu tätigen, beispielsweise an die Aktion „Brot für die Welt“ direkt. Auch wenn es immer ein schönes Gefühl ist, merkt Leonhardt an, wenn viele Menschen an Weihnachten in die Kirche kommen und großzügig spenden.
Die nun auf die Kirchengemeinden zukommenden Spenden, beispielsweise für neue Schließanlagen – wer weis, ob nicht Schlüssel entwendet wurden – trägt glücklicherweise die Versicherung. Was mit Geld nicht aus der Welt zu schaffen ist, ist der üble Nachgeschmack, der bleibt. „Kirche lebt vom Vertrauen“, stellt Pfarrerin Garben fest und ihre Reilinger Kollegin erinnert an die Gepflogenheit der offenen Kirche, die man nicht aufgeben wolle. Zu stark regulieren wolle man nicht, fasst Garben zusammen, die Räume der Kirche seien die Räume alle Gemeindemitglieder und die evangelische Kirche lebe vom Miteinander aller. Eine Haltung, die sich die Seelsorgerinnen durch die Einbrüche nicht zerstören lassen wollen. aw
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