Kommunalpolitik

Gemeinderat Reilingen: Wohnraum im Geviert schaffen

Die Innenverdichtung des Bereichs Graf-Zeppelin-Straße Reilingen ruft Protest der Anwohner hervor.

Von 
Andreas Wühler
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Am unteren Bildrand verläuft die Hockenheimer Straße, darüber parallel die Graf-von Zeppelin-Straße mit Feuerwache und Riegler-Haus am linken Ende. Der Bereich rechts der Bildmitte ist von den Plänen betroffen. © Venus

Reilingen. Die Kommunalpolitik muss stets das Allgemeinwohl im Blick haben, darf sich nicht an Einzelinteressen ausrichten. Was reibungslos funktioniert, solange sich allgemeine Ziele mit persönlichen decken. Kommen sich diese jedoch in die Quere, dann ist Fingerspitzengefühl gefragt, gilt es die Argumente sorgfältig gegeneinander abzuwägen. Dass der vorhabenbezogene Bebauungsplan „Zwischen Hockenheimer Straße und Graf-Zeppelin-Straße“ zu einem solchen Balanceakt werden kann, wurde schon bei einer ersten Bürgerinformationsveranstaltung im November 2021 deutlich, als der Protest der Anwohner aufbrandete.

Das Grundstück Hockenheimer Straße 59 und Graf-Zeppelin-Straße 18 und 20, zwei parallel verlaufende Straße, stoßen im jeweils rückwärtigen Bereich aneinander und gehören der Gemeinde. Diese plant nun mit Hilfe der Kommunalen Wohnungsbaugesellschaft (KWG) die zwei Gebäude in der Zeppelinstraße durch einen Neubau zu ersetzen und im rückwärtigen Bereich der Hockenheimer Straße 59 ein weiteres Wohngebäude zu bauen.

Gemeinderat Reilingen: 16 Einheiten geplant

Mit diesen zwei neuen Gebäuden sollen in der Summe 16 Wohneinheiten entstehen, für die 24 Stellplätze ausgewiesen werden. Parkplätze, die einzig über die Graf-Zeppelin-Straße angefahren werden sollen. Das Haus in der Hockenheimer Straße soll erhalten bleiben und dessen Stellplätze weiterhin über diese Straße angefahren werden.

Da innerhalb des Gevierts bisher keine Bebauung in zweiter Reihe erfolgte, muss das Vorhaben mittels eines Bebauungsplans abgesichert werden, den aufzustellen an diesem Abend die Aufgabe des Rates war. Die sehr gut besuchte Aula der Schillerschule machte gleich zu Beginn deutlich, dass die Pläne auf ein geteiltes Echo stoßen. Weshalb Bürgermeister Stefan Weisbrod betonte, dass es nicht darum gehe, Baurecht zu schaffen, sondern ein Verfahren zu eröffnen, in dessen Zuge die Bürger gehört würden und dessen Ausgang noch offen sei.

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Barbara Dörfer aus der Zeppelin-Straße machte sich bei den Anfragen zur Sprecherin der Anwohner und sah in den Plänen deren im November 2021 vorgebrachten Anregungen nicht berücksichtigt. Schon jetzt sei die Zeppelin-Straße mit Feuerwehr, Metzgerei und Riegler-Haus stark frequentiert, durch die geplante Bebauung werde sich die Situation verschärfen, sah sie insbesondere in der rückwärtigen Bebauung der Hockenheimer Straße den Knackpunkt. 24 Parkplätze, die über die Zeppelin-Straße angedient würden, kaum genügend Durchfahrtsbreite für die Rettungskräfte und das Verschwinden der grünen Lunge wurden von ihr angeprangert.

Gerhard Pfeifer, gleichfalls Anwohner der betroffenen Straße, machte den Vorschlag, zu den ursprünglichen Plänen zurückzukehren und die rückwärtige Bebauung sowohl von der Graf-Zeppelin- als auch der Hockenheimer Straße zu erschließen, den Verkehrsstrom zu halbieren.

Man habe die ursprünglichen Pläne reduziert, plane nun kleiner, stellte Weisbrod fest und wies auf die gesetzliche Verpflichtung der Gemeinde hin, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Dabei gelte das Gebot der Innenentwicklung, was zugleich Nachverdichtung bedeute.

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Dennoch, betonte der Bürgermeister, die Gemeinde plane nicht so massiv wie ein privates Unternehmen, die Dichte der Bebauung werde nicht höher als in den Neubaugebieten. Er verwies auf die lange Liste von Menschen, die in der Gemeinde eine Wohnung suchen würden und auf die Vorgaben für den sozialen Wohnungsbau, bei dem ein Preis von sieben Euro pro Quadratmeter verlangt werden dürfe. Bei einer Investition von drei Millionen Euro dürfe nicht weiter abgespeckt werden, soll sie sich rechnen.

Städteplaner Ulrich Villinger vom Planungsbüro Piske erläuterte Rat und Zuhörern die Pläne und das Verfahren bis hin zum Satzungsbeschluss. Hier seien mehrere Stufen eingebaut, bei denen die Bürger zu Wort kämen. Die fehlende rückwärtige Bebauung mache den Bebauungsplan notwendig, so der Planer. Gleichzeitig betonte er, dass mit einem Satzungsbeschluss Baurecht geschaffen würde – eine rückwärtige Bebauung im Geviert sei dann auch an anderer Stelle möglich.

Von einem Dilemma sprach Dieter Rösch (SPD). Aus ökologischer Sicht sei die Innenentwicklung stets Neubaugebieten vorzuziehen. Dem stehe die Nachverdichtung entgegen, die anhand ihrer Stärke zu beurteilen sei. Doch über allem stehe die Verpflichtung der Gemeinde, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Es gelte, so Rösch, einen Kompromiss zu finden, wobei ihn persönlich stört, dass Diskussionen um Wohnraum stets an Stellplätzen aufgeknüpft würden.

Gemeinderat Reilingen: Auf rechtlicher Basis diskutieren

Der Sozialdemokrat sprach sich dafür aus, das Verfahren in Gang zu setzen, „wir brauchen eine Diskussion auf rechtlicher Basis“. Eine endgültige Zustimmung zu dem Vorhaben dürfe es jedoch nur dann geben, wenn alle berechtigten Interessen berücksichtigt seien.

Dem konnte Sabine Petzold (FW) nur zustimmen, die allerdings die Stellplatzfrage nicht kleingeredet sehen wollte – überall im Ort gebe es Engstellen. Peter Kneis (CDU) sprach von einem ausgewogenen Vorschlag, den es auf den Weg zu bringen gelte, wobei nichts in Stein gemeißelt sei – „wir sind am Anfang“. Seine Kollegen sah es ähnlich und so stimmte der Rat geschlossen für die Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans.

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