Reilingen. Die Einbringung des Haushaltsplans im Januar schlug einige Wellen – eine geplante Kreditaufnahme von gut neun Millionen Euro, ein nicht ausgeglichener Ergebnishaushalt und eine prognostizierte Verschuldung um weitere 20 Millionen Euro bis 2027 ließen am Ratstisch die Alarmglocken schrillen. Wenn nun am Montag, 19. Februar, der Haushaltsplan zur Verabschiedung ansteht, sieht es zwar noch immer düster für die kommunalen Finanzen aus, doch nicht mehr ganz so hoffnungslos. Einige Klausurtagung von Verwaltung und Gemeinderat haben mit dafür gesorgt. Wo immer möglich, wurde der Rotstift angesetzt, andere Ausgaben wurden vertagt.
Dennoch, die Lage bleibt angespannt: „Es ist eine Zäsur“, stellt Bürgermeister Stefan Weisbrod im Gespräch mit unserer Zeitung fest und berichtet von einigen Bauchschmerzen, die ihm und dem Rat die Erkenntnis vermittelte, dass es der Gemeinde erstmals nicht mehr gelinge, mehr laufende Einnahmen als Ausgaben zu generieren. Wie Weisbrod betont, hat die Gemeinde umgehend mit der Kommunalaufsicht Kontakt aufgenommen, als festgestanden habe, dass der Haushalt nicht auszugleichen ist. Womit Reilingen, wie ihm erklärt wurde, nicht allein dastehe, fast drei Viertel der Kommunen im Rhein-Neckar-Kreis könnten ihren Haushalt in diesem Jahr nicht ausgleichen.
„Gestrichen und gestreckt“
Was Weisbrod und Kämmerer Christian Bickle zeigt, dass die Ursache nicht bei der Gemeinde allein zu suchen ist, sondern die der wirtschaftlichen Entwicklung im Land. Eine galoppierende Inflation, saftige Tariferhöhungen von gut zehn Prozent und steigende Umlagen beeinflussen den Haushaltsplan. Allein bei den Finanzausgleichszahlen und der Kreisumlage belaufe sich die Erhöhung auf rund 1,3 Millionen Euro. „Das haben wir nicht zu beeinflussen“, spricht Weisbrod trotz einiger Klimmzüge im Haushalt von einer weiterhin dramatischen Situation.
„Wir hatten den Rotstift fest in der Hand“, erinnert sich Weisbrod an die Klausursitzungen mit dem Rat. Immerhin, die ursprünglich im Raum stehende Lücke von zwei Millionen Euro im Ergebnishaushalt wurde auf rund 1,6 Millionen Euro verringert. Gleichzeitig wird sich der Finanzierungsmittelbestand der Gemeinde, sprich die Liquidität, im laufenden Jahr um 1,5 Millionen Euro verringern. Und die geplante Kreditaufnahme von neun Millionen Euro konnte auf sechs Millionen reduziert werden.
Dies auch deshalb, weil die Trägerdarlehen an die Eigenbetriebe gestreckt wurden. An die KWG wird die Gemeinde in diesem Jahr nur 2,4 Millionen Euro überweisen – die Pläne für ein Ärztehaus werden nochmals durchdacht, die Neubauten in der Zeppelin-Straße sollen angegangen werden. Immerhin, das Darlehen an die KWG kann gestreckt werden, hier hat der Rat das Sagen, doch bei anderen Investitionen geben Land und Bund das Tempo vor. Stichwort Ganztagesanspruch in der Grundschule.
Waren für die Umsetzung dieses Anspruchs bisher acht Millionen Euro in der mittelfristigen Finanzplanung eingestellt, so wurde der Ansatz nun komplett gestrichen – die Gemeinde kann es sich schlicht nicht leisten, wie Weisbrod betont. In die Transformation der Werkrealschule zur Gemeinschaftsschule hat die Kommune rund sieben Millionen Euro investiert, rechnet Weisbrod vor, der nun mit der gleichen Summe für den Ausbau der Grundschule rechnet, da die Ganztagsbetreuung in dieser ein ähnliches Raumprogramm vorschreibt.
Acht Millionen Euch sind bei einem Zuschuss von maximal einem Drittel nicht darstellbar, so Weisbrod. In den kommenden Jahren sind für die Schulerweiterung fünf Millionen Euro eingeplant, doch stehen hinter dieser Ausgabe noch viele Fragezeichen, so der Bürgermeister.
Das andere Problem ist die mit dem Schuljahr 2024/25 erreichte Vierzügigkeit – die Schule braucht mehr Raum. Was kurzfristig nur mit einer Aufstockung der Containeranlage zu erreichen ist – die Verwaltung holt derzeit Angebote ein. Auch die Nutzung des E-Gebäudes durch die Kita „Haus der kleinen Sterne“ wirft Fragen auf. Auf die Dauer, so Bickle, verträgt sich das Miteinander von Schule und Kita nicht, doch ein Neubau der Kindertagesstätte dürfte um die vier Millionen Euro kosten. Doch auf Dauer wird die Gemeinde um eine Lösung nicht umhinkommen, die Schule wächst ständig weiter, braucht ihre Räume. So ist beispielsweise das Kollegium auf 65 Personen angewachsen, sehen Bickle und Weisbrod Handlungsbedarf.
Weitere geplante Investitionen wurden ganz gestrichen – beispielsweise das Vordach bei der Friedhofshalle – oder in die Zukunft verschoben wie das geplante Ärztehaus. Für Weisbrod auch eine Maßnahme, die hausärztliche Versorgung sicherzustellen, weshalb er an den Plänen wenn möglich festhalten möchte. Gleiches gilt für die Investition in das Schlossmühlenareal, die nicht unumstritten ist. Aber, so der Gemeindechef, man müsse auch die Arbeit der Ehrenamtlichen anerkennen. Derzeit sei man für diesen Bereich auf der Suche nach Fördertöpfen.
Hinsichtlich der notwendigen Fachwerksanierung beim Dorfgemeinschaftshaus Löwe werden aktuell Gespräch mit dem Regierungspräsidium über eine Aufstockung der Sanierungsmittel geführt, führt Weisbrod aus, der mit einem Beginn der Arbeiten Anfang 2025 rechnet.
Bei rund sechs Millionen Euro sind mittlerweile die Personalkosten der Gemeinde angelangt – „für ein kleines Dorf viel Geld“, betont Weisbrod. Dennoch, im Vergleich mit Gemeinden der gleichen Größenordnung kein Ausreißer – das Gros der Kosten entfällt auf den Bereich der Erzieherinnen.
Immerhin, trösten sich Weisbrod und Bickle, Steuer- und Gebührenerhöhungen sind in diesem Jahr nicht vorgesehen. Auch wenn, wie Bickle betont, der Zahlungsmittelüberschuss der Gemeinde erstmals negativ ist. Betrachte man nur die kassenwirksamen Beträge, klaffe eine Lücke von 400 000 Euro im Haushalt. Hier werde man gegensteuern müssen, sehen der Rathauschef und der Kämmerer auch die Grundsteuer als mögliche Einnahmequelle. Grundsätzlich gelte, betont Weisbrod abschließend, „wir sind Teil der Antwort“. Sprich die Kommune müsse mehr selbst machen, weniger vergeben. Sämtliche Prozesse und Standards müssten auf den Prüfstand.
Wasserstoff statt Erdgas
Neben dem Haushalt wird sich der Rat mit der Zukunft des Gasnetzes befassen, Netze Südwest will ab 2030 Wasserstoff einspeisen, die Wahlordnung für den Jugendgemeinderat ändern und über den Wirtschaftsplan der KWG diskutieren.
Die Annahme von Spenden, Mitteilungen und Anfragen der Gemeinderäte beenden den öffentlichen Teil der Sitzung, zu dem die Bevölkerung eingeladen ist.
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