Oftersheim. Die Festlegung des Haushaltes gilt als Königsrecht des Gemeinderats – ein Grundsatz, den Lokalzeitungen Jahr um Jahr in ihrer Berichterstattung erwähnen. Das Oftersheimer Gremium beschloss die Satzung schließlich auch, bei zwei Enthaltungen seitens der FDP. In der Sitzung am Dienstagabend zitierte, noch bevor es so weit war, Bürgermeister Pascal Seidel den oben genannten Leitsatz und nutzte das für Kritik an Bundes- und Landesregierung.
„Die kommunale Selbstverwaltung und das Königsrecht des Gemeinderats sind derzeit stark eingeschränkt, wenn man bedenkt, dass es sich in dem heute zu verabschiedenden Etat bei rund 86 Prozent der Ausgaben um Pflichtaufgaben handelt, die uns von Gesetzeswegen vorgegeben sind“, sagte Seidel zu Beginn seiner zweiten Haushaltsrede als Bürgermeister. Sein Appell lautete: „Statten Sie bitte die Kommunen mit ausreichend Finanzmitteln aus, dass wir vor Ort noch Gestaltungsspielraum haben.“ Anschließend machte Seidel deutlich: „Wenn Bund und Land eine neue Leistung versprechen, die die Kommunen vor Ort umzusetzen haben, dann ist dies nach dem Motto ,Wer bestellt, der zahlt’ auch vollständig auszufinanzieren.“
Mieten der gemeindeeigenen Wohnungen in Oftersheim anheben
Zum eigentlichen Zahlenwerk stellte der Bürgermeister klar, dass die Gemeinde künftig das Notwendige vom Wünschenswerten trennen müsse. Man leiste sich im vorliegenden Haushalt keine unwichtigen Ausgaben. Oftersheim werde 2024 rund 2,5 Millionen Euro in sein Kanalnetz investieren. In Umbauten der beiden Grundschulen werden etwa 800 000 Euro fließen und die energetische Sanierung der gemeindeeigenen Wohngebäude Eichendorffstraße 10/12 ist mit einer Million Euro angesetzt. Die Umstellung von 500 Straßenlaternen auf LED wird voraussichtlich 425 000 Euro kosten, außerdem steuert die Gemeinde 350 000 Euro zum Austausch der beiden Kunstrasenplätze der SG Oftersheim bei.
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„Es wird sich auch dieses Jahr wieder einiges in der Gemeinde tun“, versicherte Pascal Seidel. Das führt aber zu Rekordausgaben im Haushaltsplan. Deshalb müsse auch die Einnahmenseite verbessert werden. Neben der bereits erhöhten Vergnügungssteuer will die Verwaltung dem Gemeinderat in einer der nächsten Sitzungen vorschlagen, die Grundsteuer A und B moderat anzuheben – allerdings im Hinblick auf die Reform im Jahr 2025, aufgrund derer Seidel davon ausgehe, dass das Gesamtaufkommen der Grundsteuer schlussendlich gleich bleibe. Des Weiteren sehe sich die Verwaltung gezwungen, erstmals seit sieben Jahren die Mieten in den gemeindeeigenen Wohnungen anzuheben. „Ich weiß, dass diese Erhöhungen für alle Bürger aktuell zur Unzeit kommen, sie sind jedoch aus Sicht der Verwaltung zwingend notwendig“, sagte der Bürgermeister abschließend.
Haushaltsdefizit und steigende Verschuldung: Oftersheims Finanzen
Im Anschluss stellte Kämmerin Sylvia Fassott-Schneider den Haushaltsplan detaillierter vor. In Bezug auf den zu erwartenden Fehlbetrag von fast 3,5 Millionen Euro machte sie klar: „Wir leben über unsere Verhältnisse.“ In der laufenden Verwaltung gebe Oftersheim etwa 3 Millionen Euro mehr aus, als es einnehme. Letztlich liege der Finanzmittelbedarf voraussichtlich bei 6,6 Millionen Euro. Der Haushaltsplan sieht eine Kreditaufnahme von maximal 5 Millionen Euro vor. Ob das tatsächlich notwendig sein wird, werde sich erst ergeben. Sollte es so kommen, würden die liquiden Mittel Oftersheims dennoch um etwa 1,86 Millionen Euro sinken. Die Verschuldung der Gemeinde läge zum Ende des Haushaltsjahres bei 7,68 Millionen Euro, wenn es zur Kreditaufnahme kommen sollte. Dazu kämen noch die Anteile Oftersheims an den Schulden der Zweckverbände Bezirk Schwetzingen und Unterer Leimbach.
Ein großes Problem seien die steigenden Umlagen, die die Gemeinde zu bezahlen habe, beispielsweise an den Kreis. „Diese Umlagen fressen die steigenden Zuweisungen“, erläuterte Fassott-Schneider. Gemäß der Tagesordnung stellte die Kämmerin auch die mittelfristige Finanzplanung für die Jahre 2025 bis 2027 vor. Auch da sei voraussichtlich mit der Notwendigkeit eines Kredits zu rechnen, allerdings bezeichnete Fassott-Schneider selbst – auch wegen der weltpolitischen Lage – die Planung als „Blick in die Glaskugel“.
FDP Oftersheim: Investitionen hinterfragen
In den Fraktionen herrschte zum Haushaltsentwurf überwiegend Einigkeit. Der Tenor: Die verpflichtenden Ausgaben seien zu hoch, die Einnahmen in Relation dazu zu niedrig, die geplanten Investitionen aber letztlich notwendig. Nur die FDP stimmte dem Beschluss nicht zu. Peter Pristl begründete das damit, dass ein kritisches Hinterfragen der Investitionen nicht ausreichend erfolgt sei. Als Beispiele nannte er die Anschaffung einer Garderobe für einen Kindergarten für 30 000 Euro und fragte zudem, ob die energetische Sanierung eines Gebäudes für eine Million Euro sich nicht verschieben lasse. „Es sollte möglich sein, auf die aktuelle Situation zu reagieren“, so Pristl. „Mit unserer Enthaltung möchten wir ein Zeichen dafür setzen, dass die Kommunen erbärmlich im Regen stehen gelassen werden“, schloss Pristl seine Ausführungen.
FWV Oftersheim: Vereine unterstützen
Im Namen der Freien Wähler (FWV) kritisierte auch Dr. Stefan Zipf, dass der finanzielle Spielraum immer weiter eingeschränkt würde. „Der Bund zieht sich aus der Finanzierung der von ihm selbst geforderten Maßnahmen zurück“, monierte er. Mittelfristig müsse man in Oftersheim mehr priorisieren und manches aufschieben, so Zipf.
„Für die Stärkung des Zusammenhalts in der Gemeinde halten wir aber die Unterstützung der Vereine und des kulturellen Lebens für unabdingbar“, führte der Fraktionsvorsitzende weiter aus, weswegen sich die FWV für eine Erhaltung der Vereinszuschüsse positioniere. Zudem bedürfe es mehr Transparenz bei den Finanzen, um die Akzeptanz der Bevölkerung zu gewährleisten.
CDU Oftersheim: Personalkosten prüfen
Annette Dietl-Faude (CDU) fand, dass der Haushalt das strukturelle Problem der Gemeinde verdeutliche: steigende Gewerbesteuereinnahmen, die wegen ebenfalls steigender Ausnahmen beziehungsweise deshalb sinkender Schlüsselzuweisungen verpufften. Deshalb verwies auch sie auf eine Verbesserung der Einnahmenseite über Hebesätze sowie Mieten und Pachten, die noch zu diskutieren sei. Außerdem sei die Fraktion „sehr gespannt“ auf die Ergebnisse des Personalgutachtens, das dieses Jahr für die Verwaltung erstellt wird. „Eine gesunde, effiziente Personalstruktur muss in Zeiten dieser Herausforderungen gewährleistet sein“, so Dietl-Faude.
Die Fraktionsvorsitzende lobte, dass an den Investitionen abzulesen sei, dass Kinder eins der wichtigsten Anliegen in Oftersheim seien. Gleiches gilt laut ihr für die Vorbildfunktion der Gemeinde beim Klimaschutz.
Grüne Oftersheim: Mehr für Radfahrer tun
Patrick Schönenberg (Grüne) bezeichnete den Plan trotz der Schulden als einen „Haushalt der Zukunft“. Die Investitionen zeigten, dass Oftersheim bereits jetzt etwas für die Kinder und Enkel der Bürger tue. Allerdings stellte er für seine Fraktion auch klar: „Wer Gebühren- und Abgabenerhöhungen ablehnt, muss sagen, wo das Geld herkommt.“ Den Verkauf gemeindeeigener Wohnungen oder eine Reduzierung der Angebote für Kinder lehnten die Grünen ab.
Des Weiteren verwies Schönenberg auf die Novembersitzung des Gemeinderats. „Dass unser Haushaltsantrag zur Verbesserung des Radwegenetzes durch die konservativen Kräfte abgelehnt wurde, schmerzt.“ Die Verbesserung der Situation für Fußgänger und Radfahrer sei ebenfalls ein Zukunftsthema.
SPD Oftersheim: Steuererhöhung vermeiden
Jens Rüttinger sprach sich im Namen der SPD gegen Erhöhungen der Grundsteuerhebesätze aus. „Das ist es den Grundbesitzern und daraus folgend den Mietern nicht vermittelbar.“ Zudem kritisierte er, dass die Gemeinde nicht Kredit aufgenommen habe, als das noch zu günstigeren Zinssätzen möglich gewesen wäre.
Die SPD habe außerdem den Eindruck, dass das Land immer mehr Anforderungen auf die Kommunen abwälze. „Das kann nicht mehr lange gut gehen“, so Rüttinger. Der Haushaltsplan sehe aber besser aus, als nach den ersten Beratungen prognostiziert.
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