Reilingen. Die historische Markthalle in Reilingens französischer Partnergemeinde Jargeau war mit Flaggen und Wimpeln festlich geschmückt. Gespannt warteten die Gastgeber um die neue Bürgermeisterin Sophie Héron, bis der Bus mit 37 Gästen eintraf. Vier lange Jahre waren seit dem letzten Besuch vergangen, Kinder in die Höhe geschossen und Haare grauer geworden. Jetzt gab es umso herzlichere Begrüßungen und Umarmungen, Rührung und Wiedersehensfreude bestimmten das Bild.
Zu seinem großen Leidwesen war Bürgermeister Stefan Weisbrod erstmals nicht dabei: Eine Corona-Infektion hatte ihn ausgerechnet jetzt getroffen und sein Gästebett bei Altbürgermeister Jean-Marc Gibey blieb leer. So fiel die Aufgabe an Charly Weibel – eigentlich als „gewöhnlicher“ Teilnehmer angereist – als Bürgermeisterstellvertreter die Grüße der Gemeinde zu übermitteln.
Crêpes, Cidre und Erdbeeren
Musikalisch umrahmt wurde der Empfang von einer französisch-deutschen Musikergruppe, kulinarisch angereichet von Crêpes, Cidre und Reilinger Erdbeeren. Schautafeln einer Ausstellung boten Gelegenheit, ein halbes Jahrhundert deutsch-französischer Freundschaft Revue passieren zu lassen. Erst als das letzte Chanson verklungen, das letzte Glas Cidre geleert und alle Crêpevarianten durchprobiert waren, begab man sich zu den Gastfamilien, wo üppig und spät zu Abend gegessen wurde.
Mehr oder weniger ausgeschlafen trafen sich die Teilnehmer am nächsten Morgen zum traditionellen Freitagsausflug. Ziel war Paris und die letzten Kilometer in die Innenstadt wurden zur Herausforderung für Busfahrer Dominik: Deutsche und Franzosen an Bord fieberten mit, als sich der Bus zentimetergenau an Baustellen vorbei und unter Tunneldecken hindurch lavierte.
Die ortskundigen Franzosen hatten eine Fußstrecke ausgesucht, entlang der sich die Stadt mit ihren vielen Facetten darbot: Vom touristisch sehr frequentierten Montmartre mit seinen Straßenkünstlern und dem Blick über die Metropole wanderten die Deutschen und ihre Gastgeber hinab durch Straßen und Gassen abseits vom Trubel und schließlich durch historische Ladenpassagen mit Jugendstildekor und ungewöhnlichen Angeboten.
Nach einem Kaffeestopp an einem lieblichen, bis zu diesem Zeitpunkt touristisch gänzlich unberührten Platz erreichten die Ausflügler das Palais Royal, den Louvre und den Tuilerienpark. Hier präsentierte sich Paris monumental als Zentrum von Macht, Reichtum und Größe.
Nach diesem Großstadterlebnis genossen die Teilnehmer des Austauschs anderntags den Kontrast des angenehm dörflichen Ambientes in Jargeau. Auch hier entdeckten sie historisch interessante Gebäude, pittoreske Lädchen und hervorragende Leckereien. An jeder Straßenecke trafen sie Bekannte, sodass niemand unterwegs verloren gehen konnte, weil man sich spätestens an der Markthalle wiederfindet.
Die Halle war bereits am Samstagvormittag ein besonderer Anziehungspunkt: Beim traditionellen Fest der Kulturen Europas und der Welt präsentierte die einheimische portugiesische Gemeinschaft ihre Volkstänze in farbenprächtigen Trachten, Chilenen boten Empanadas an und Türken kalorienreiche Leckereien. Das Kinderparlament der Gemeinde engagierte sich mit einem Crêpestand zugunsten der Ukraine.
Kulturbotschafter Charly Weibel
Die Association Reilingen-Jargeau vertrat Deutschland mit Reilinger Bratwurst, Brezeln und deutschem Bier. Dieses Fest, das sonst Anfang Mai stattfindet, war extra für den Besuch aus Reilingen verlegt worden. Und so nutzte Charly Weibel auf der Bühne die Gelegenheit, die Hasengemeinde auch musikalisch zu vertreten.
Für den Abend waren Musik und Tanz in der Halle angesagt. Die Zeit bis dahin verbrachte jeder nach seiner Façon, sei es beim von Céline Botella spontan angebotenen Ausflug nach Orléans, beim Verein für traditionellen Bootsbau an der Loire, mit Radfahren oder Spaziergang am Fluss oder aber bei Kaffee und Kuchen im Garten der Gastgeber.
Während die Gäste noch entspannten, verwandelte der französische Partnerschaftsverein die Markthalle in einen Festplatz. Um die Säulen gruppierten sich nostalgische Food-Trucks mit nicht alltäglichen Angeboten von Brot mit Andouillefüllung bis zu kreolischer Küche aus La Réunion.
Der ganze Ort war zum Jazz- und-Swing-Abend eingeladen und der Zuspruch übertraf noch die Erwartungen von Cheforganisator Volker Billen und seinen Helfern: In aller Eile wurden noch letzte Reserven an Tischen und Bänken aus der Umgebung organisiert, um dem Ansturm gerecht zu werden. Auf der Bühne animierte die stimmgewaltige Sängerin zum Mitsingen ihrer Refrains und der Stepptänzer klickte seine Showeinlagen. Vor der Bühne tanzten Paare, hopsten Kinder und formierten sich Gruppen zum Linedance.
Zuversicht für 2023
Es war ein rundum gelungenes Wiedersehen. Beim Abschied am nächsten Morgen hieß es „bis bald“ und „à bientôt“ – zuversichtlich, dass man sich 2023 in Reilingen wiedersehen wird. zg
Info: Mehr Bilder vom Partnertreffen: www.schwetzinger-zeitung.de
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