Reilingen. Unglaublich, aber wahr. Vor 100 Jahren wurde die Handballabteilung des Turnerbundes Germania aus der Taufe gehoben. Der Handballsport selbst ist, abgesehen von historischen, bis in die Antike reichenden Vorbildern, nur wenige Jahre älter. Die Bezeichnung Handball wurde erstmals im Jahr 1917 in der Niederschrift eines noch sehr einfachen Regelwerks erwähnt. Schon sieben Jahre danach gründete sich die Handballabteilung im Turnerbund. In den Vereinsanalen wird Peter Schell als Gründervater genannt.
Die zum bevorstehenden Jubiläum geplante Herausgabe einer Chronik schildert ausführlich und reich bebildert das Auf und Ab einer den TBG prägenden Handballabteilung. Sie erzählt von legendären Erfolgen, von den historischen Anfängen beginnend bis hin zu den einschneidenden Veränderungen durch die 2012 gebildete und noch heute bestehende Spielgemeinschaft zwischen der SG St. Leon und dem TBG Reilingen. Jedem treuen Vereinsmitglied und begeisterten Handballer wird diese im Verlauf des Frühjahrs erscheinende Broschüre als Lektüre empfohlen.
Vom Feld in die Halle
Das ursprüngliche Handballspiel wurde früher als Feldhandball auf einem großen, mehr oder weniger rauen Hartplatz mit großen Toren (Größe entspricht Fußballtoren) gespielt. Die Spielstruktur hatte eine Abwehr und einen Sturm mit Läufern, dazwischen wurde das Spiel mit Läufern verbunden. Gespielt wurde mit zwei Mannschaften mit jeweils zehn Feldspielern plus Torwart. Handball war damals ein kontaktloser Sport. Im Laufe der Jahre wurde das Regelwerk immer wieder angepasst.
Ein Beschluss des Deutschen Handballbundes, in den Wintermonaten Hallenhandball in Turnierform zu spielen, verdrängte den bis dahin sehr populären Feldhandball. 1977 wurde im damaligen Landkreis Mannheim die letzte Feldhandballrunde gespielt. Die Spiele der Reilinger Handballer konnten sodann in der Fritz-Mannherz-Mehrzweckhalle ausgetragen werden. Ideale Bedingungen verschaffte schließlich die seit 1988 zur Verfügung stehende Fritz-Mannherz-Sporthalle, womit sich die modifizierten Vorgaben zur Spielfeldgröße, Hallenhöhe, Sicherheitszone und Umkleideräume problemlos erfüllen ließen.
Legendäre Erfolge
Der Handballsport hat sich über all die Jahre massiv verändert, sei es bei der Anzahl der Spieler (sechs Feldspieler und ein Torwart), der Größe des Spielfeldes (40 mal 20 Meter) und die Spielgeschwindigkeit. Eines aber ist unverändert geblieben und hat die Zeit überdauert. Die sportlichen Erfolge waren immer bedeutend und der Leistungsgedanke hatte erhebliches Gewicht, aber viel wichtiger waren die gemeinsamen Erlebnisse.
Die Vereinschronik verzeichnet viele große Erfolge und dabei kommt das Erlebte nicht zu kurz. Erwähnt sei beispielsweise die Spielsaison 1972, wo die 1. Mannschaft im Feld den Aufstieg in die A-Klasse schaffte und die A-Jugend Kreis-, Badischer und nicht zuletzt süddeutscher Vizemeister wurde. Klaus Braun, „waschechter“ Reilinger aus dieser Mannschaft, war später als Spielmacher der TSV Oftersheim tätig, die in der zweiten Bundesliga spielte.
Im Sog dieses Erfolges wurde das Interesse am Handball in Reilingen immer größer und so wurden im weiblichen Bereich ein Damen- und ein Jugendteam gegründet. Erinnert sei an die erste Herrenmannschaft, die unter Trainer Udo Schwechheimer in der Spielzeit 1990/91 Meister und damit Aufsteiger in die Landesliga werden konnte. Diesen Erfolg konnte die Herrenmannschaft in der Saison 2000/01 mit Trainer Klaus Braun wiederholen, und schlussendlich unter Trainer Hartmut Schulz 2009/10 mit dem Badenliga-Aufstieg (höchste Klasse in der 100-jährigen Geschichte) noch übertreffen.
Besonders herauszustellen ist, dass diese drei Aufstiege fast aus-schließlich mit Reilinger „Eigengewächsen“ erreicht wurden, was die durchaus erfolgreiche Jugendarbeit im TBG unterstreicht. Ein Name, der mit all diesen Erfolgen bis zurück in die 1970er Jahre immer eng verbunden war, ist der ehemalige Jugendleiter und Trainer Ernst Müller („Lattek“), der fast ausnahmslos alle Spieler trainiert hat.
In der Neuzeit wurden die Frauenteams immer erfolgreicher. Zur Saison 2004/05 reaktiviert durch Hermann Ballreich, kam mit der Fusion zur Spielgemeinschaft HSG St. Leon-Reilingen erst richtig Schwung in den Damenbereich. Erste Erfolge stellten sich mit der weiblichen A-Jugend ein. Sie wurden in der Saison 2015/16 badischer Vizemeister und ein Jahr darauf sogar badischer Meister. Mit Anika Rimpf wirft ein „Reilinger Mädel“ aktuell Woche für Woche Tore in der Drittliga-Damenteam. Ein Großteil des Teams ist Bestandteil der Damen 2, die in den Jahren 2017 bis 2022 mit vier Aufstiegen heute in der Badenliga spielen. Ohne Frage ist ein „Highlight“ der letzten 25 Jahre der Aufstieg der Damen 1 in der Saison 2019/20 in die 3. Liga des DHB, die höchste Klasse, welche je eine Reilinger Handballteam gespielt hat.
Heute hat sich die Handballabteilung zu einer erfolgreichen Gemeinschaft entwickelt. Mit elf Jugend- und sechs Aktiven-Teams bietet die Handballabteilung eine breite Palette an Möglichkeiten für alle Altersgruppen, ihre Leidenschaft für den Handball auszuleben. Nicht verschwiegen werden sollen auch die großen Herausforderungen und strukturellen Veränderungen, denen sich der neue Abteilungsleiter der HSG St. Leon-Reilingen Jonathan Winter stellen muss.
Insbesondere bei der Jugendarbeit gilt es, neue Wege zu beschreiten. „Unsere Jugendleitung Joshua Antl, Julian Bahr und Julian Vogelbacher sowie alle Jugendtrainer leisten Woche für Woche eine tolle Arbeit“, stellt TBG-Vorsitzender Georg Salzer besonders heraus. „Wir sagen Danke für jede Hilfe auf und neben dem Feld“. Der runde Geburtstag sei eine großartige Möglichkeit, gemeinsam mit den Bürgern zu feiern. „Teilen sie mit uns die Freude, Leidenschaft, unser Engagement und unsere Begeisterung für den Handball und seien sie unser Gast bei den vielseitigen Jubiläumsfeierlichkeiten“. Eine erste Möglichkeit bietet das Festbankett am Samstag, 6. Januar, in den Mannherz-Hallen, mit dem das Jubiläumsjahr eröffnet wird.
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