Schwetzingen. In der Regel wird in einem Gottesdienst mit musikalischen Beiträgen erst am Ende für alle Beteiligten gemeinsam applaudiert. „Ich glaube, das wird heute nichts“, mutmaßte Pfarrer Steffen Groß schon ganz zu Beginn nach dem Auftaktsong – wohlwissend, dass es nicht der letzte Beifall für Kirchenmusikdirektor Detlev Helmer sein wird, der am Abend des zweiten Weihnachtsfeiertags im Beisein von vielen Wegbegleitern nach 40 Jahren in der evangelischen Stadtkirche offiziell aus seinem Amt verabschiedet wurde – mit einem vielfältigen, von Wehmut, aber auch von Dank geprägten Lobgesang in gesungener und gesprochener Form.
„Du, lieber Detlev, hast hier eine Ära geprägt, du hast auf deine Weise gepredigt“, sagte Groß und ergänzte: „Du hast die Leidenschaft für Gott, die Welt und die Musik bis heute nicht verloren und du hast die unterschiedlichsten Menschen immer wieder neu begeistert.“ Deshalb sei der Abschied nicht nur von Trauer geprägt, sondern auch von viel Dankbarkeit.
Die Bedeutung der Kirchenmusik für Detlev Helmer: Reflexion über Glauben, Musik und ihre Verbindung zu Gott
In den Mittelpunkt seiner Predigt hatte er den Psalm 150 gestellt, der wie eine Dienstanweisung für einen Kirchenmusiker klänge – nicht nur weil dort Instrumente wie Posaunen, Harfen, Pauken oder Zimbeln erwähnt sind. Aber es gehe noch um mehr. Groß: „Der Psalm führt uns hinein in eine Grundbewegung des Glaubens. Er ruft uns auf, die Taten Gottes zu erkennen – und darauf zu antworten. Er lädt dazu ein, unsere Beziehung zu diesem Gott zu gestalten. Und zwar mit Musik.“
Vielleicht sei jede Musik Antwort auf Gott – gute Kirchenmusik sei es aber ganz gewiss. Deshalb müsse ein guter Kantor nicht nur ein hervorragender Musiker sein. „Er hilft uns unseren Glauben, unsere Gottesbeziehung zu stärken.“ Aber nicht, weil er oder sie ein besonderer Glaubensheld wäre, diesen Anspruch habe Detlev Helmer nie gehabt. „Aber deshalb, weil ein Kantor etwas weiß von dem Band zwischen Himmel und Erde, Gott und Mensch, dass die Musik zu knüpfen vermag und das Musizieren erst recht. Weil Musik dann noch sprechen kann, wenn Worte längst am Ende ihrer Kraft sind“, sagte Steffen Groß.
„Du hast über Generationen hinweg die Menschen für Musik begeistert“, lobte auch Dekanin Annemarie Steinebrunner. Helmer habe viel dazu beigetragen, dass die Kirchenmusik im Kirchenbezirk so einen hohen Stellenwert habe und so viele Menschen erreiche. „Du hast die Botschaft Gottes in vielen Formen verbreitet – kreativ, vielfältig und mit viel Freude.“
Der finale Akt für Detlev Helmer: Ein bevorstehendes Konzert markiert das Ende einer Ära in der Stadtkirche
Auch von der weltlichen Seite kam Dank und Anerkennung. Oberbürgermeister Dr. René Pöltl würdigte die Leistung Helmers auch für ganz Schwetzingen: „Sie haben so in unsere Stadtgesellschaft hineingewirkt wie keiner vor Ihnen.“ Dabei sei bei aller musikalischen Begabung die Fähigkeit, den Menschen die Freude an der Musik zu vermitteln, der Schlüssel für seinen Erfolg gewesen.
Die Hauptperson des Abends machte nicht viele Worte. „Ich danke allen von Herzen“, sagte Detlev Helmer. Er ließ die Musik sprechen. Der Abschiedsgottesdienst spiegelte noch einmal – einen Teil – des musikalischen Portfolios wider, mit dem Helmer in Schwetzingen und im Kirchenbezirk in den vier Jahrzehnten immer wieder beeindruckt hat – von Pop bis Bach. von Chorälen bis „O, du fröhliche“, von Chorgesang bis Instrumentaldarbietungen. Klar, dass die verschiedenen Gruppen – Kirchenchor, Vokalensemble, Gospelchor mit Band und Posaunchenchöre – mit von der Partie und durch ihre Vertreter an Segen und Fürbitten beteiligt waren.
Zusammen mit Flötistin Ulrike Wettach-Weidemaier spielte Detlev Helmer „Without you“ (ohne dich), eine Komposition des bekannten zeitgenössischen Kirchenmusikers Michael Schütz – es war nicht nur künstlerisch ein Genuss. „Das Stück könnte es nicht treffender ausdrücken“, sagte Helmer selbst über seinen bevorstehenden Abschied.
Und als er dann ganz zum Schluss noch die Fuge in Es-Dur von Johann Sebastian Bach zelebrierte, brandete zum wiederholten Male Applaus auf. Und es war nicht der letzte in der Ära Helmer: Am Silvesterabend wird er noch einmal zum finalen Konzert seiner Dienstzeit in der Stadtkirche aufspielen.
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