Ketsch. An einen Sieg im Kampf um den Chefsessel im Rathaus glaubt Andreas Nather nicht wirklich: „Ist nicht wirklich realistisch.“ Aber zum Spaß warf der 44-jährige seinen Hut eben auch nicht in den Bürgermeisterwahlkampf. Ganz im Gegenteil. Ist seine Kandidatur doch mit einer Botschaft verbunden, die in den Augen Nathers über Wohl oder Weh der Enderlegemeinde entscheidet. Bis dato befinde sich der Wahlkampf fast durchweg unter dem tatsächlichen Problemniveau. Und das sei beachtlich. „Die Gemeinde gibt Jahr für Jahr mehr Geld aus, als sie einnimmt.“ Eine absolut toxische Richtung, die im Wahlkampf jedoch kaum diskutiert werde. Ja, sie werde sogar eher kleingeschwiegen. Und genau das will er in den letzten Wochen bis zum Wahltag am 8. Mai „wenigstens versuchen zu ändern“.
Für den selbstständigen Händler von Stahl- und Haushaltswaren geht es bei der Frage zu den Finanzen „um nicht weniger als das Fundament für eine gelingende Zukunft der Gemeinde“. Umso mehr verwundert es ihn, dass das Thema im Wahlkampf kaum bis gar nicht vorkomme. Klar sei der Bürgermeister nicht der alleinige Faktor, mit dem alles gut oder alles schlecht werde. Am Ratstisch habe er wie alle anderen nur eine Stimme. Aber so ganz ohne Bedeutung sei die Wahl eines Bürgermeisters trotzdem nicht. Er präge eine Gemeinde weit mehr, als die reine Machtarithmetik vermuten lasse. Vor allem könne ein Bürgermeister Impulse setzen. Und von denen brauche es laut Nather in den kommenden Jahren in Ketsch recht viele.
Ganz vorneweg die Gemeindeverwaltung. „Die funktioniert immer noch wie zu Kaisers Zeiten.“ Für Na-ther muss als Erstes der „aufgeblähte Verwaltungsapparat ausgedünnt und dieser dann stärker auf den Bürger ausgerichtet werden“. Er fragt sich: „Warum gibt es bis heute kein echtes Bürgerbüro, das sich als Servicedienstleister für den Bürger versteht?“ Insgesamt müsse die Verwaltung effektiver werden. Vielleicht könnten damit auch Projekte wie die Sporthalle für Kinder beim Kolping-Kindergarten vermieden werden. Geplant mit 200 000 Euro schlüge das Vorhaben jetzt mit 800 000 Euro zu Buche. Verhindert habe man zum Glück ja das Gebäude am Marktplatz.
So geht Politikverdrossenheit
Aber auch die Gestaltung des Platzes stößt bei Nather vor allem auf eins, auf Unverständnis: „Das ist klar schiefgelaufen.“ Auf der einen Seite teure Prestigeprojekte und auf der anderen Seite eine Verwaltung, die Bürgerbedürfnisse zu wenig ernst nehme. Dass das für Verdruss bei den Menschen sorge und damit auch eine gewisse Entfremdung zwischen Politik und Bürger schaffe, überrascht den Mann nicht wirklich. Politikverdrossenheit gehe genauso.
Nun ist es nicht so, dass Andreas Nather nur kritisiert was nicht gemacht wird. Auf der Produktivseite will er vor allem bei der Digitalisierung der Schulen vorwärtskommen. Auch hier werde mit darüber entschieden, wie es mit Deutschland in Zukunft weitergehe. Für jedes Schulkind ab der dritten oder vierten Klasse ein Tablet – das dürfe jedenfalls nicht nur Stoff für Sonntagsreden sein.
Seine Leitschnur, das macht er im Gespräch mit der Schwetzinger Zeitung immer wieder deutlich, sei immer das Wohl der Gemeinschaft. Deshalb würde das Schwimmbad bei ihm niemals dem Rotstift zum Opfer fallen. Für eine Gemeinschaft mit Gemeinsinn und Zusammengehörigkeitsgefühl seien solche Orte enorm wichtig. Das Gleiche gelte auch für die Vereine. Sie zu unterstützen, das sei für eine Kommune, die Heimat sein wolle, ein unverzichtbares Lebenselixier. Und das sei nur ein Beispiel.
Genau darum geht es dem Mann. Die Gemeinde als Gemeinschaft erhalten, weil Heimat nie nur ein Ort, aber immer Gemeinschaft sei. „Ich glaube nicht, dass ich die Wahl zum Bürgermeister gewinnen kann, aber vielleicht kann ich noch ein paar Themen setzen, die es wert sind, dass sie jetzt und öffentlich diskutiert werden.“ Insofern will er seine Kandidatur vor allem als Akt des Aufrüttelns verstanden wissen, um endlich auf Augenhöhe zu den Problemen zu kommen.
Zur Person: Andreas Nather
Andreas Nather ist am 29. November 1978 in Speyer geboren, groß geworden ist er in Ketsch, wo er bis heute wohnt und vor drei Jahren seine Frau Natalya heiratete.
Nather besuchte in Ketsch die Alte Grundschule und die Neurottschule. Er war auf der Carl-Theodor-Berufsschule und absolvierte die Ausbildung zum Kfz-Mechaniker.
Beruflich stieg er beim Vater ins mobile Textilgeschäft ein und absolvierte die Ausbildung zum Groß- und Einzelhandelskaufmann. Mit Stahl- und Haushaltswaren war er auf Märkten deutschlandweit unterwegs. ske
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