Amtsgericht

Bewährungsstrafe für rasanten Rollerfahrer

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Volker Widdrat
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Unser Symbolbild zeigt einen Rollerfahrer, der recht schnell unterwegs ist. Das war auch der junge Mann, der nun verurteilt wurde. © dpa

Schwetzingen/Plankstadt. Als der Rollerfahrer am frühen Nachmittag des 25. September vergangenen Jahres in der Friedrich-Ebert-Straße die Polizei erblickte, drehte er sofort um und fuhr mit hoher Geschwindigkeit in Richtung der Bahnübergänge in der Grenzhöfer Straße. Dort raste er durch die gesperrte Baustelle, wo ihm einige Fußgänger und Radfahrer entgegenkamen. Bei der rasanten Fahrt, an der Mehrzweckhalle in Plankstadt vorbei, erreichte das Zweirad zeitweise eine Geschwindigkeit von über 100 Stundenkilometern.

Das Polizeiauto konnte kaum folgen. Im Neubaugebiet Antoniusquartier fuhr der Mann mit hohem Tempo über eine Spielstraße bis zu einem schmalen Fußweg, wo er die Streife abschütteln konnte. Die Beamten konnten den 28-Jährigen erst an seiner Wohnanschrift antreffen.

Der Plankstadter musste sich jetzt wegen eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis vor dem Amtsgericht Schwetzingen verantworten. Der ungelernte Landschaftsgärtner räumte sein rücksichtsloses Verhalten ein. Es sei eine „unüberlegte Kurzschlusshandlung“ gewesen. Der gebürtige Schwetzinger ist mit seinem pinkfarbenen Roller, „wie aus dem Barbie-Shop“, so sein Anwalt, bei der Polizei kein Unbekannter. Wegen Schulden aus vorangegangenen Straftaten habe er nicht geschnappt werden wollen, der angestrebte Führerschein wäre sonst in weite Ferne gerückt, erklärte der 28-Jährige, der von seinem Arbeitgeber sehr geschätzt wird und bei seiner Tätigkeit auf Baustellen auch Bagger fährt. Er habe nur eine Mofa-Prüfbescheinigung.

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Catharina Zelt
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Derzeit habe er mit Lohnpfändung zu kämpfen, deshalb wolle er erst seine Schulden abbezahlen. Demnächst möchte er aber eine Ausbildung zum Baumaschinenführer machen. Den Roller habe er einige Monate zuvor frisiert.

Ohne Führerschein unterwegs

„Eigentlich wollte ich stehen bleiben. Ich habe erst später gesehen, dass die Polizei mich meint“, verteidigte er sich. Der Mann hat bereits 16 Eintragungen im Bundeszentralregister, zumeist wegen Betruges, aber auch wegen Fahrens ohne Führerschein in mehreren Fällen. Und er hat zudem eine neunmonatige Haftstrafe hinter sich. Den Roller hatten die Beamten im elterlichen Garten entdeckt. Reifen und Auspuff waren noch heiß gewesen.

Durch Spielstraße gerast

Ein 44-jähriger Zeuge hatte die Verfolgungsjagd beobachtet. Der Roller und die Polizeisirene seien von Weitem zu hören gewesen. Der Beschuldigte dürfte mit gut 60 Stundenkilometern durch die Spielstraße gebrettert sein. Der 28-Jährige entschuldigte sich bei der Verhandlung persönlich und in schriftlicher Form bei allen Zeugen. „Der Roller kam in Schräglage um die Kurve, das Polizeiauto dahinter“, sagte ein 41-jähriger Anwohner im Westende, der mit seinen Kindern und Nachbarn auf der Straße gestanden hatte. „Wir haben Fußball gespielt, als plötzlich Roller und Polizeiauto angefahren kamen“, gab ein 33-jähriger Zeuge zu Protokoll.

Ein 51-jähriger Polizeibeamter des Verkehrsdienstes Mannheim hatte ein Messprotokoll erstellt. Der Prüfstand gehe aber nur bis 125 Stundenkilometer, nach der Drehzahl dürfte das mögliche Tempo höher liegen. Die Höchstgeschwindigkeit sei nicht zu ermitteln gewesen.

Die Polizisten, die damals gerade in Schwetzingen einen Unfall aufgenommen hatten, sagten ebenfalls aus. Der 53-jährige Fahrer des Polizeiautos habe noch überlegt, ob er die Verfolgung nicht abbrechen solle: „Als der Roller in den verkehrsberuhigten Bereich im Westende einbog und die Begrenzungspfosten kamen, konnten wir nicht mehr weiter.“ „Während der Fluchtfahrt hat er sich immer wieder zu uns umgedreht, er wusste, dass wir hinter ihm sind“, so ein 22-jähriger Beamter.

Richterin Sarah Neuschl verlas den Bewährungsbericht. Der 28-Jährige zahle seine Schulden ab und sein Kontaktverhalten sei nicht zu beanstanden. Trotzdem gelinge es ihm nicht, ein straffreies Leben zu führen, so die Bewährungshelferin.

Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft erkannte ein „grob verkehrswidriges Verhalten“. Der Angeklagte habe mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit in zwei Minuten zweieinhalb Kilometer zurückgelegt. Es sei pures Glück gewesen, dass gerade keine Kinder mitten auf der Straße gewesen seien. Mit seiner Raserei sei er bewährungsbrüchig geworden, forderte sie eine Haftstrafe von acht Monaten und eine Sperre für den Erwerb der Fahrerlaubnis von einem Jahr.

Pluspunkte gesammelt

Verteidiger Konstantin Matzner wollte dagegen eine Freiheitsstrafe zur Bewährung. Sein Mandant habe ihm Wohngebiet gehupt, die Warnzeichen seien aber wohl im Umgebungslärm nicht gehört worden. Er sei nie als Verkehrsrowdy aufgefallen. „Er hat in dieser Situation die Nerven verloren, es war im bewusst, dass es ein Problem geben würde“, meinte der Anwalt. Der 28-Jährige habe trotz allem eine positive Sozialprognose: „Er hat eine Arbeitsstelle, will eine Ausbildung machen und künftig sein Leben ändern.“

Die Vorsitzende urteilte auf eine achtmonatige Bewährungsstrafe. Der 28-Jährige habe vor Gericht „alle Pluspunkte gesammelt, die möglich sind“. Die Tat sei eine Kurzschlusshandlung gewesen, den Roller zu frisieren aber nicht. Zum Glück seien keine Personen zu Schaden gekommen, mit dem Urteil auf Bewährung werde ihm eine allerletzte Chance eingeräumt, führte die Richterin aus: „Ich habe die Hoffnung, dass bei Ihnen noch was zu retten ist. Sie dürfen jetzt aber nichts mehr machen, nicht mal bei Rot über die Ampel gehen.“ Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

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