Den 14 Festangestellten des „Arcadia“-Hotels in der Schwetzinger Carl-Benz-Straße war klar, dass dieses Jahr noch etwas auf sie zukommt. Sie wussten von den Verhandlungen ihrer Berliner Inhaber, der HRG Group, mit den zahlreichen Besitzern der Zimmer, die in einer Eigentümergemeinschaft zusammengefasst sind, über Sanierungen und über günstigere Pachtkonditionen. Sie kannten auch das Jahresende als Termin für das Auslaufen des Pachtvertrages. Aber gerade die langjährigen Beschäftigten glaubten, dass es irgendwie weitergehen wird mit ihrem Hotel, das schon mehrfach den Besitzer wechselte.
„Mercure“, „Accor“ und jetzt „Arcadia“ – Farben und Namen ändern sich, aber der Betrieb lief immer weiter. Doch mit dem Lockdown in Zeiten von Corona wurde alles anders, die Mitarbeiter wurden in Kurzarbeit null geschickt, bekamen ihr Geld vom Arbeitsamt und in der letzten Maiwoche erfuhren sie in der Whatsapp-Gruppe von ihrem letzten Chef, dass sie alle mit Wirkung vom 31. Mai fristgerecht gekündigt werden und an einem bestimmten Tag ihre persönlichen Sachen abholen sollen. Damit war klar, das Hotel wird gar nicht wieder hochgefahren.
Von der Nachricht schockiert sind auch die Besitzer der umliegenden Bars und das mongolische Grillrestaurant, das sich ja im ehemaligen Hotelrestaurant befindet. Denn klar ist, die Gäste aus den 116 Zimmern und Suiten waren eine wichtige Lebensgrundlage fürs Abendgeschäft hier an der städtischen Peripherie, die ja durch den Toom Baumarkt und die Supermärkte in der Nähe sonst eher tagsüber belebt ist. Wenn das Hotel schließt, dann könnte das für eine Kettenreaktion sorgen. Aber darüber können wir derzeit nur spekulieren, denn das Gebäude, in dessen Ausstattung und Technik in den letzten Jahren durchaus investiert worden war, hat ein Problem, es gehört Geldanlegern, die hier Wohnungen und Hotelzimmer, Büroräume und Etagen gekauft haben. Verwaltet wird es von der Wieslocher Firma IMHA. Wir haben natürlich dort angefragt, ob es vielleicht schon neue Interessenten für Schwetzingens größtes Hotel gibt. Aber dort verweigert man jegliche Auskunft. Auch schriftlich gestellte Fragen blieben bis Redaktionsschluss unbeantwortet.
Und wie sieht es beim Hotelbetreiber, der HRG Group in Berlin aus, die im Internet schreibt, dass sie als „eigentümergeführtes Unternehmen den Erwerb und Betrieb von Hotelimmobilien als Hauptgeschäftsfeld betreibt. Partner sind dabei Hotelketten wie Accor, Wyndham, Dorint, Hyatt, Lindner und die Deutsche Hospitality“.
Die Sache mit dem Namen
An das Schwetzinger Hotel war die HRG Group übrigens 2016/17 gekommen, nachdem die Arcadia Hotels &Resorts GmbH & Co KG im Jahr 2016 insolvent gegangen war und der Insolvenzverwalter mehrere Pakete geschnürt und die Hotels an andere Betreiber verkauft hat. Zuvor hatte der Besitzer Reinhard Baumhögger das Unternehmen mit 29 Hotels und 3353 Zimmern erworben. In Schieflage geriet es nach zu Unrecht eingestrichenen Aufbauhilfen in den neuen Ländern und nach der Verurteilung des Eigentümers wegen Bankrotts, versuchter Steuerhinterziehung und Falschbeurkundung. Etwas skurril mutete schon immer die Tatsache an, dass das Schwetzinger Hotel unter dem Namen Arcadia Heidelberg firmierte. Das sollte in Touristenportalen und bei Busunternehmen, die oft hier Station machten, den Eindruck erwecken, dass sich das Haus in der weltweit berühmten Touristenmetropole befindet. Die Mitarbeiter bekamen oft genug deswegen auch den Ärger von Kunden ab, die ein vermeintliches Heidelberger Hotel gebucht hatten und in Schwetzingen landeten, noch dazu im Gewerbegebiet. Das wurde dann so erklärt, dass man ja am Stadtrand von Berlin auch in einem Berliner Hotel sei und wahrscheinlich länger in die Innenstadt brauche wie von Schwetzingen ans Heidelberger Schloss.
Großer Investitionsstau
Wie begründet aber nun die Geschäftsleitung der HRG Group in Berlin die schnelle Schließung und plötzliche Kündigung ihrer Mitarbeiter am Standort in Schwetzingen? Warum wurde das Hotel nach Ende des Lockdowns gar nicht mehr geöffnet? „Wir sind zu der Überzeugung gelangt, dass für dieses Hotel ein wirtschaftlicher Betrieb in den kommenden Monaten aufgrund der deutlich geringeren Nachfrage insbesondere von Geschäftsreisenden nicht möglich sein wird“, sagt HRG-Geschäftsführer Björn Weidner auf Anfrage dieser Zeitung. Das Hotel sei vor der Corona-Pandemie nicht in wirtschaftlichen Schwierigkeiten gewesen, aber: „Die Erträge waren nicht zum Aufbau einer angemessenen Rücklage ausreichend. Und angesichts des sowieso zum Ende des Jahres 2020 ausgelaufenden Pachtvertrags habe man jetzt einen schnellen Schnitt vollzogen. Alle 14 Mitarbeiter wurden fristgerecht gekündigt, ihre Verträge laufen mit den jeweiligen Kündigungsfristen aus.
Auf die Frage, ob es, wie Mitarbeiter uns berichtet hatten, Schwierigkeiten bei der Verhandlung einer Vertragsverlängerung mit der Hausverwaltung gegeben habe, antwortet Björn Weidner: „Wir sehen das Hotel mit der jetzigen Ausstattung der Zimmer als nicht mehr wettbewerbsfähig an. Es ist zwingend eine umfassende Renovierung des Hotels notwendig, wobei wir davon ausgehen, dass diese hohen Investitionen an diesem Standort nicht verdient werden können. Vor diesem Hintergrund haben wir uns bereits vor nunmehr fast zwei Jahren dazu entschieden, den Standort aufzugeben.“
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