Schwetzingen. Die Energiepreise sind in den vergangenen Monaten stark gestiegen, insbesondere wegen der Einstellung der Gaslieferungen aus Russland. Auch nach Ende des Krieges in der Ukraine werden die Kosten wohl nicht mehr weit nach unten gehen. Um die finanziellen Auswirkungen für die Menschen abzumildern, versucht die Politik, mit Maßnahmen zur Entlastung gegenzusteuern. Doch auch mit der „Energiewende zuhause“ kann man mittel- und langfristig Geld sparen. „Energiewende selbst gemacht – Klima und Geldbeutel schützen“ war der Titel einer Veranstaltung des Grünen-Landtagsabgeordneten Dr. Andre Baumann.
Zu der abendlichen Diskussionsrunde vor rund 70 Zuhörern waren drei Experten eingeladen: Energieberater und Bezirksschornsteinfeger Sascha Gräter aus Hockenheim, Dr. Klaus Keßler, Geschäftsführer der Klimaschutz- und Energie-Beratungsagentur (KLiBA) Heidelberg und Werner Müntener von der Firma WM erneuerbare Energien aus Altlußheim.
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Gebäude energetisch sanieren und mit erneuerbarer Wärme versorgen, auf Dach oder Balkon Sonnenstrom gewinnen – welche technischen Lösungen gibt es, wer hilft durch den Dschungel der Fördermöglichkeiten? Die erneuerbaren Energien sollen schnellstmöglich ausgebaut werden – gemeinsames Energiesparen als großer Schritt in Richtung Unabhängigkeit und Klimaschutz.
Baden-Württemberg will bereits 2040 klimaneutral werden. Ein ehrgeiziges Ziel. Zahlreiche Förderprogramme für den Energiesektor sollen helfen, sagte Baumann. Etwa Investitionszuschüsse des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) oder zinsverbilligte Förderkredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW).
Diskussionsrunde in Schwetzingen: „Unsicherheit wird immer größer“
Schornsteinfeger Sascha Gräter berät in allen Fragen rund um die Installation von Feuerungsanlagen, Energie im Alt- und Neubau sowie die Erstellung von Energieausweisen. Das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWG) schreibt zwingend vor, dass Gebäude ihre Energie für Heizung, Kühlung und Warmwasser zum Teil aus regenerativen Energien decken müssen. Zur Anlagentechnik zählen Wärmepumpen, Solarthermie, Pelletöfen und Blockheizkraftwerke.
Ziel des Energiekonzeptes ist, dem Hausbesitzer konkrete Handlungsempfehlungen zu geben. Durch Sanierungsmaßnahmen soll der Energieverbrauch reduziert werden, das leistet auch einen individuellen Beitrag zum Umweltschutz. „Die Leute wissen nicht, was sie machen sollen“, meinte Gräter. Wegen der hohen Energiepreise werde die Unsicherheit immer größer.
„Wir machen Initialberatung und sind Türöffner“, sagte Dr. Klaus Keßler. Die KLiBA-Tipps zu allen Fragen rund um effizienten und umweltschonenden Energieeinsatz gibt es für Bürger und Gewerbetreibende sowie Städte und Gemeinden in der Rhein-Neckar-Region. Das Ziel hier: passende Wege bei Energieeinsparungen und Klimaschutz sowie der Nutzung erneuerbarer Energien aufzuzeigen. Bei der kostenlosen Beratung empfehle die KLiBA immer, einen Energieberater hinzuzuziehen. Die Anfragen hätten seit dem Ukrainekrieg deutlich zugenommen, berichtete Keßler. Die Hausbesitzer wollten wissen, wie sie möglichst schnell Energie sparen können.
Werner Müntener empfiehlt Photovoltaik-Anlagen als Investition in die Zukunft. Dafür müssen die baulichen Voraussetzungen stimmen. Geeignete Fläche, Standortbedingungen, Ausrichtung, Dachneigung – alles wird überprüft, bevor Planung und Berechnung der schlüsselfertigen Photovoltaik-Anlage anstehen. Manchmal gebe es finanzielle und technische Gründe, „warum es nicht funktionieren kann“, räumte der Unternehmer ein, der sich auch um „maßgeschneiderte Finanzierungslösungen“ für seine Kunden kümmert.
Diskussionsrunde in Schwetzingen: Problem fehlende Handwerker
Weg vom Gas, hin zur Wärmepumpe, war die Empfehlung aus der Runde. Der Verwaltungsakt sei schon sehr umfangreich, monierte Gräter und wies auf die lange Amortisationszeit einer neuen Photovoltaik-Anlage hin. Müntener wünschte sich vom Gesetzgeber Nachbesserungen, etwa mit weitergehenden Härtefallregelungen.
Ein weiteres Problem: Deutschland fehlen Handwerker. Fachleute sind Mangelware. Hinzu komme die überbordende Bürokratie, kritisierte Gräter. „Handwerker sind Klimaschützer“, bekräftigte Keßler. „Die Strompreise machen uns kaputt, das kann nicht die Energiewende sein“, schimpfte Müntener. Die „neue Energiewelt“ werde strombasiert sein, erklärte Politiker Baumann. Strom müsse künftig so günstig wie möglich sein.
Fragen aus dem Publikum beschäftigten sich mit möglichen und nicht machbaren Lösungen. Wärmepumpen oder besser Blockheizkraftwerke sind für mehrere Häuser oder ganze Straßenzüge möglich. Die Diskussion führte weit in die Politik hinein. Baumann wehrte sich gegen den Vorwurf, man habe „irgendwas am grünen Tisch ins Leben gerufen“. Die Energiewende sei gemeinsam mit Experten beschlossen worden. Windstrom aus dem Norden werde in den Süden gebracht. Das Ultranet, „für das es in Baden-Württemberg keine einzige Bürgerinitiative dagegen gibt“, werde in Philippsburg enden.
Die BAFA-Bürokratie bremse die Energiewende, monierte ein Bürger: „Wenn Sie öffentliche Fördermittel haben wollen, treffen Sie auf Leute, die keine Ahnung haben.“ Baumann plädierte, das Geld der Steuerzahler möglichst zielgenau auszugeben. Es müsse zwar alles schneller gehen, das berge aber auch die Gefahr, „dass mal was schiefgeht“. Tempo mahnte der Grünen-Landtagsabgeordnete auch bei Produktion und Nutzung von „grünem“ Wasserstoff an. Der klimaneutral aus erneuerbarem Strom erzeugte Energieträger werde für den Industriestandort Baden-Württemberg die Abhängigkeiten von diktatorischen Ländern reduzieren und ein klimafreundliches Wirtschaften ermöglichen.
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