Speyer. Arg gebeutelt von immer wieder einsetzenden Schauern wurde das Speyerer Altstadtfest dennoch zu einem Erfolg für die Veranstalter und zumindest für jene Standbetreiber, die durch Zelte, große Schirme oder einen überdachten Innenhof ein wenig Schutz bieten konnten. Und irgendwie war es doch gemütlich, wenn auch deutlich weniger Besucher die große Runde drehten, als in früheren Jahren.
Die zwei schönsten Plätze waren der Paradiesgarten mit zwei tollen Rockkonzerten und der Platz zwischen Sonnenbrücke und Kloster mit Schobbetankstell, Bar und dem französischen Platz mit seinem ganz besonderen Flair. Seit vielen Jahren treffen sich hier vor dem wahren Schmuckkästchen von Haus die Freunde französischer Lebensart und lauschen dem Swing, Blues und Boogie der Pariser Olivier Frank-Quartetts, schnabulieren kleine französische Spezialitäten wie Cassoulet, Käse- oder Pastetenteller und trinken einen leckeren Rotwein dazu. Zwar ist das französische Pärchen, das das hier begonnen hat, vor zwei Jahren weggezogen, aber die neuen Besitzer des Hauses Bettina und Thomas Franck-Schultz machen es einfach so weiter und alle, die da saßen, freuten sich über diese Kontinuität.
Private Initiativen machen das Altstadtfest in Speyer aus
Gerade diese privaten Initiativen sind es, die das Altstadtfest ausmachen. So hat am anderen Ende des Hasenpfuhls Barbara Braun ihre Heimatstadt Nagold im Schwarzwald mit Speyer, wo sie seit 33 Jahren lebt, verknüpft und eine Schwarzwald-Ecke eingerichtet. Dort verkaufte sie Schwarzwälder Schinkenbrote, Pfälzer Lewwerworscht-Brote vom benachbarten Metzger Nettey, leckere Schnäpschen und Saftschorle vom Winzer Nett. Geholfen haben auch hier ihre Freundinnen und der Erlös geht an Kinder in Not und ans Tierheim. Neu war auch „S’Brettl“ nur hundert Meter weiter. Dort hatte sich Martin Flörchinger mit seinem Team in einer Hofeinfahrt breit gemacht und schenkte sein „Holystoner“ aus - ein Bier, das er in Heiligenstein handwerklich braut. Fürs Altstadtfest gab’s eigens ein süffiges „Ex und Hopp“.
Dass die Speyerer immer für einen Gag gut sind, zeigte sich auch an einem großen Transparent, das an einem Haus gegenüber der Schobbetankstell angebracht war: „Eierlikörbar - geöffnet ab 22.30 Uhr - ein Becher 2,50 Euro, vier Becher nur 10 Euro“ stand drauf. Oder die witzige Feuerwehr der Theatergruppe Prisma, die auf dem Fest unterwegs war und so auf ihr neues Theaterstück aufmerksam machte. Und die trotz stetiger Bewachung von Sicherheitskräften plötzlich auf der unsinnigen Holzabsicherung der Sonnenbrücke aufgebrachte Inschrift: „Die Sonnenbrücke dankt! Ich fühle mich so scheisse sicher!“ Die neue Polizeiverordnung des Landes hatte ja bewirkt, dass die Brücke zusätzlich abgesichert werden musste, damit niemand über die etwas zu niedrigen Mauern fällt. Ist zwar noch nie passiert - aber des Deutschen Gesetz ist halt unergründlich.
Sicherheit auf dem Altstadtfest Speyer im Vorfeld eifrig diskutiert
Überhaupt wurde das Thema Sicherheit schon im Vorfeld eifrig diskutiert. Legendär die Erzählungen von der Beschickerversammlung im Vorfeld, als sich Polizei, Feuerwehr und Ordnungsamt quasi auf dem Podium über die richtigen Maßnahmen stritten, anstatt sich vorher mal über die Sinnhaftigkeit zu unterhalten. „Wir hoffen schon darauf, dass das Land die Vorschriften wieder lockert und die Verordnung nachbessert“, sagt dazu auch OB Stefanie Seiler. In der ersten Stunde des Festes hatte man dann auch den Eindruck, es seien mehr schwarz gekleidete Security-Leute vor Ort als Gäste. Zu tun hatten sie jedenfalls am Freitag nichts, da sind ja traditionell die Einheimischen unterwegs und durch die stetigen Regengüsse blieben sie auch weitgehend unter sich.
Die Besucher gönnten sich einen Borschtsch, die Frauen aus der Ukraine im Löwenhof der Lions zubereitet hatte, leckere Brat-Grumbeere mit weißem Käs im Paradiesgarten oder ein paar gebackene „Arschlöcher“ bei Petri Heil. Keine Angst, das ist nichts Verwerfliches sondern Tintenfischringe. Überhaupt standen Essen und Trinken wie immer beim Altstadtfest im Vordergrund und irgendwie war ich schon ganz nervös, denn als ich auf den Holzmarkt kam, klaffte da eine riesige Lücke dort wo sich sonst das Spanferkel auf dem Grille der Karnevalisten der SKG drehte. Deren Stand und damit auch das Zelt hatte man an den Domparkplatz verbannt. Und das führte dann dazu, dass am Holzmarkt bei Regen eher wenig los war, dafür aber am Fischmarkt und an der Domwiese etwas mehr als sonst. Die SKG-Verantwortlichen verkauften nach eigener Aussage auch dort recht gut, nur ist dort die große Konkurrenz durch jetzt gleich vier Getränkestände wahrlich nicht ideal.
Versammelt und geblieben sind trotz des Wetters die Menschen dort, wo auch Musik gemacht wurde. Total witzig die Gruppe „Soulmate“ in der Kunstscheune beim „Halbmond“ gegenüber. Oder Samstagmittags das Nagelklotz-Radio als Kinderspaß mit Quiz. Und „Rudolph und die Renntiere“, die Speyerer Band, die den Klosterhof zum Swingen brachte. Natürlich auch die Rockband „Liquid“ auf der Bühne der Motorradfreunde, die am Freitag Stimmung machte und am Samstag sogar noch von Olli Roth und seiner Band getoppt wurde. Auch ganz witzig und zum Mitsingen geeignet die „Pfälzer Frühgrumbeere“, die am Fischmarkt spielten. Zudem die Rockabende in der Retscherruine oder auf der Domwiese, die immer ihr Stammpublikum haben.
Entenrennen im Woogbach lockt die Menschen an
Ein großer Anziehungspunkt für Familien ist immer das „Hasepiehler Entenrennen“. An der Salzturmbrücke wurden die Enten eingesetzt, lavierten sich durch die Barrieren bis in den grünen Siegertunnel. Stadtwerke, THW und Jugendfeuerwehr konnten dann an Mia Mesic, Elias Erbilgin und Christiane Köhler die ersten drei Preise überreichen. Auch das tolle Kindersportprogramm im Klosterhof war gut besucht.
Alles in allem ein gutes Altstadtfest, allerdings fehlte es vor allem am Holzmarkt und in der Pistoreigasse an Mitwirkenden und damit dann auch an Atmosphäre. Nur wenn es gelingt, wieder mehr Höfe zu öffnen, die Sicherheitsmaßnahmen auf ein vernünftiges Maß zu begrenzen und sich vor noch mehr Profiständen zu schützen, wird es sein ursprüngliches Flair bewahren können.
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