Vor 100 Jahren wurde die ehemalige Dragoner-Reithalle in der Ludwigstraße abgerissen. Wir blicken in die Geschichtsbücher.
Im Juli 1896 gab es in einer Bürgerausschusssitzung eine Vorlage, in der man den Umzug der Dragoner-Reithalle von der Marstallstraße in die zu diesem Zeitpunkt noch in Planung stehende Ludwigstraße vorschlug. Im darauffolgenden Jahr 1897 wurde seitens des Bürgerausschusses der Beschluss gefasst, dieses Vorhaben mit 28 000 Mark zu unterstützen, der Vertrag wurde mit dem Militär auf 25 Jahre festgelegt. Das Grundstück der zukünftigen Reitbahn und -halle der Dragoner umfasste 63 Ar und lag zu diesem Zeitpunkt neben der städtischen Kleinkinderschule, die sich ungefähr auf dem Areal des späteren Capitol-Kinos in der Herzogstraße befand.
Die Beschlussfassung des Gemeinderats war im Juli 1897, der Baubeginn der Reithalle am 2. August 1897. Die Zeit zur Vergabe und Auslage im Rathaus der verschiedenen Gewerke zum Bau der Halle war befristet auf 14 Tage. Von diesen Fristen und Vorgaben bei öffentlichen Ausschreibungen kann man heute nur träumen. Die ersten Grabungen erfolgten Anfang August, der Aufschlag des Daches bereits am 8. September 1897. Hierzu wurden hauptsächlich Handwerker aus Schwetzingen und Umgebung herangezogen. Die Gesamtkosten beliefen sich auf 46 000 Mark.
Hundeschau und Turnübungen
Doch bereits nach einigen Jahren der Benutzung konnten laut Akteneinsicht im Schwetzinger Stadtarchiv an Gebäuden bauliche Mängel festgestellt werden. So mussten bereits im Jahre 1903 Schlosser- und Schmiedearbeiten und im Jahre 1909 Dachreparaturen von Handwerkern ausgeführt werden. 1902 wurde eine große Hundeschau in der Reithalle und auf der Reitbahn abgehalten.
Ab 1914 durfte der Schwetzinger Turnverein die Halle auch zum Turnen benutzen, dies geht aus einem Protokollvermerk des TV 1864 hervor. Zudem gibt es eine Annonce vom November 1914 aus der Schwetzinger Zeitung, in der die Turner aufgefordert werden, sich alle im Gasthaus „Blaues Loch“ einzufinden, um die Turngeräte in die Reithalle zu verbringen. Die bisherige Turnhalle war zu dieser Zeit im nördlichen Zirkel des Schlosses untergebracht.
Zudem befand sich ab Mitte des Ersten Weltkriegs ein Pferdelazarett auf dem Areal der Reitbahn. 1920 wurde der Pachtvertrag schließlich aufgelöst, da man nach dem Krieg kein Dragonerregiment mehr in Schwetzingen hatte, und man konnte dem Schwetzinger Tageblatt entnehmen, dass die Bevölkerung diese Halle gerne als Markthalle benutzen wollte. Doch schlussendlich wurde der Abbruch der Halle versteigert und die Gemeinde Heidelberg-Rohrbach erstand diesen für rund 60 000 Mark. Ab dem 14. Mai 1920 verbrachten Arbeiter die kompletten Baumaterialien nach Heidelberg. So war eines der letzten Kapitel der Dragoner aus Schwetzingen verschwunden.
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