Schwetzingen/Waghäusel. Richtig sehnsüchtig blicken Peter Munkes und Michael Theilig auf die Außenwand der Werkhalle. Dort prangt noch die Werbeaufschrift Schuler – aber nicht mehr lange, die Handwerker montieren es gerade ab. Ersetzt wird das durch den Schriftzug Pfaudler – ein weithin sichtbares Zeichen für den neuen Betrieb im Wiesentaler Industriegebiet und vor allem ein Symbol für die Belegschaft, dass damit der intensive Prozess des Umzugs aus Schwetzingen fast abgeschlossen ist.
Für Werkleiter Munkes und den Technischen Leiter Theilig geht eine sehr intensive Zeit zu Ende, die mit dem Spatenstich im April 2018 begonnen hat. Es war schon eine logistische Herkulesaufgabe, mit einem kompletten Werk umzuziehen – und das bei quasi laufendem Betrieb des Herstellers von hochwertigen Email-behältern. Eine Herausforderung folgte auf die nächste. Allein schon durch die Tatsache, dass die Fläche des Standorts von etwa 70 000 bisher auf 35 000 Quadratmeter am neuen Platz reduziert wurde. Dort – in den ehemaligen Hallen der Schuler-Group – waren bis 2016 hydraulische Pressen unter anderem für die Autoindustrie hergestellt worden, ehe die Produktion nach Göppingen und Erfurt verlagert wurde. Viele vorhandene Elemente wie Deckenkräne oder Gruben waren optimal für die Anforderungen von Pfaudler.
Bestätigung für Qualität
Waghäusel hatte sich nach intensiven Überlegungen als der beste von mehreren Standorten herausgestellt. Trotzdem sei es ungewöhnlich, ja vielleicht einmalig, dass heutzutage ein solcher Betrieb abgebaut und 18 Kilometer weiter wieder aufgebaut werde. Andernorts gebe es eher Schließungen. Dies sei auch eine Bestätigung für die Qualität des Betriebes und vor allem seiner insgesamt 214 Mitarbeiter, die alle mitgenommen werden.
„Das ist ein Glücksfall für Pfaudler“, sagen Peter Munkes und Michael Theilig unisono über das neue Pfaudler-Werk, dessen Vorteile sich dem Besucher schon auf den ersten Blick offenbaren: Die Hallen sind deutlich heller als in Schwetzingen, es ist alles viel besser isoliert und damit angenehmer, zudem sind die Maschinen und Anlagen entweder neu oder nach dem Umzug auf Vordermann gebracht worden – gewartet, geputzt und neu gestrichen. „Das haben die Mitarbeiter alles selbst gemacht“, erklärt Peter Munkes und zeigt auf ein Foto mit sechs strahlenden Handwerkern vor seinem Büro: „Das waren die ersten sechs, die hier angefangen haben, die wollten gar nicht mehr weg.“
Bereits nach einem halben Jahr – Ende Oktober – hatte der erste Brennofen gestanden, im Dezember der zweite, so dass bald die ersten Produktionen anlaufen konnten. Längst haben sich die Mitarbeiter an die neue Arbeitsumgebung gewöhnt. Es wurde auch nichts dem Zufall überlassen. „Wir haben vorher geübt“, erklärt der Werkleiter. In den Schwetzinger Hallen wurden Bereiche abgesperrt und durften nicht mehr genutzt werden. „Auch nicht als Lager oder für Müll“, ergänzt Michael Theilig. So konnte einstudiert werden, wie es mit dem geringeren Platzangebot in Waghäusel funktionieren kann.
Und es funktioniert bestens. Es ist alles kompakt zusammen, es gibt deutlich kürzere Wege, eine bessere Materiallagerung, schnellere Arbeitsabläufe und Fertigungsprozesse. Die Handwerker sind näher beineinander, können sich viel besser abstimmen und gegenseitig helfen als in Schwetzingen, betont Peter Munkes. Das alles soll dazu beitragen, dass sich Pfaudler mit seinen Hochqualitätsprodukten weiterhin am Weltmarkt behaupten kann. Waghäusel-Wiesental ist übrigens der größte Standort der Pfaudler-Gruppe. Ohne den Umzug wäre dieser eher gefährdet gewesen – und das nicht zum ersten Mal in der jüngeren Vergangenheit.
Nicht zu vergessen ist dabei die technische und energetische Seite. In den ehemaligen Schuler-Hallen ist die Wärmedämmung besser, die Technik wurde auf modernen Stand gebracht, neue Maschinen (wie etwa ein fast vollautomatischer Brennofenbereich für Kleinteile) installiert, Anbauten erstellt und vorhandene Maschinen instandgesetzt und verbessert. Das alles hat seine Zeit gekostet. „Es waren doch mehr Baustellen als erwartet“, erklärt Michael Theilig, warum der ursprüngliche Plan, bis zum Jahresende 2018 umzuziehen, nicht eingehalten werden konnte. Investiert wurde ein niedriger zweistelliger Millionenbetrag.
Energetisch katastrophal
Krasser Gegensatz zum neuen Produktionszentrum sind die riesigen, zum Teil seit der Gründung 1907 stehenden Werkhallen in Schwetzingen, die seit Jahren, eher seit Jahrzehnten energetisch schlichtweg eine Katastrophe sind. Im Vergleich zum neuen Werk wirkt der alte Standort fast museal, die Wege sind weit, vieles ist schon leer. Aber noch ist ein Teil der Belegschaft hier und produziert, andere bereiten den Umzug weiterer Bereiche vor. „Ende April wollen wir draußen sein,“ sagt Peter Munkes und lacht: „Bis zur Übergabe am 13. Mai haben wir dann noch zwei Wochen zum Kehren.“
Dann übernimmt der Heidelberger Projektentwickler Epple als neuer Eigentümer, der auf dem Areal zwischen Scheffelstraße und Bahnlinie ein neues Wohngebiet mit 500 bis 600 Einheiten bauen will. Ganz in Vergessenheit geraten soll der Name Pfaudler in Schwetzingen aber nicht, über eine Erhaltung einiger historischer Elemente der Backsteinfassade oder kleiner Gebäude wird nachgedacht. Und sicher wird auch der Schriftzug irgendwo zu sehen sein, wenn auch nicht so groß wie jetzt auf der Werkhalle in Waghäusel.
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