Früher wäre es undenkbar gewesen, in Schwetzingen an Rosenmontag einen Bürgerinformationsabend zu veranstalten, weil angesichts der vielen Fasnachtsbälle keiner gekommen wäre. Doch an diesem Rosenmontagsabend war vermutlich das Palais Hirsch einer der bestbesuchten Räume in der Stadt – nicht, weil es dort närrisch zuging, sondern weil das Thema so interessant war. Es ging um das Rothacker’sche Haus in der Wildemannstraße, dessen Sanierung und künftige Verwendung der Gemeinderat vor wenigen Tagen beschlossen hat (wir berichteten bereits mehrfach ausführlich).
Von den reinen Fakten her gab es nicht unbedingt viele Informationen, die nicht schon in unserer Zeitung gestanden hätten. Dass das Gebäude erhalten werden soll. Dass dort künftig das derzeit noch im Karl-Wörn-Haus befindliche städtische Museum samt neuer Spargelabteilung und Räumen für Wechselausstellungen sowie kulturelle Veranstaltungen untergebracht werden soll. Dass die Touristeninformation dort Platz finden soll, dass der Alte Messplatz als Parkfläche (mit allerdings 40 bis 50 Parkplätzen weniger) bestehen bleiben, aber mehr begrünt und in das neue Ensemble integriert werden soll und dass das ganze Projekt voraussichtlich 9 Millionen Euro kosten wird. „Wir wollen ja kein Dorfmuseum, sondern etwas Zeitgemäßes“, meinte Oberbürgermeister Dr. René Pöltl.
Dennoch nahmen die interessierten Bürger eine Menge mit, was sie vorher vielleicht noch nicht wussten – zum Beispiel geschichtlich bei den Ausführungen von Stadtarchivar Joachim Kresin. Oder eine mögliche Nutzung der vorhandenen Räume, die denkbaren Anbauten und letztlich auch die Dimensionen des Projekts, so wie es sich Architekt Jürgen Mayer (Bild links) aus Heidelberg vorstellt. „Wir haben jemanden gebraucht, der schon mit ähnlichen denkmalgeschützten Gebäuden gearbeitet hat, der das kann und darauf spezialisiert ist“, erklärte Oberbürgermeister Pöltl, warum Mayer für die Erstellung der Machbarkeitsstudie ausgewählt worden sei. Pöltl gab auch zu, dass er anfangs die Bedeutung dieses Hauses für die Stadt falsch eingeschätzt habe, doch er habe sich belehren lassen: „Jetzt geben wir es den Bürgern zurück“, sagte er.
Lange Geschichte
Joachim Kresin erinnerte an das frühe 18. Jahrhundert, als an der Ecke der Hinteren Gasse (heute Wildemannstraße) zum Kirchgässlein (Invalidengasse) zwei kleine Wohnhäuser gestanden hatten. Der Gastwirt und spätere Bürgermeister Daniel Helmreich habe dann mit der Eröffnung eines Lokals die Weichen gestellt, ehe zwischen 1832 und 1845 von Bierbrauer Seitz das heutige Gebäudeensemble errichtet hat und es als Brauerei „Zum Zähringer Löwen“ genutzt worden sei – zuletzt bis zur Auflösung 1920 als Verwaltungs- und Wohngebäude. Zu seinem Namen sei das Haus 1921 gekommen, als Adolf Rothacker Eigentümer wurde, dort seine Schreinerei einrichtete und das Gebäude nach einem Großbrand wieder aufbaute und erweiterte. Seit 1984 sei das Haus in Besitz der Stadt, seit 2006 stehe es unter Denkmalschutz.
Architekt Mayer bestätigte, dass das Gebäude generell eine gute Substanz habe und sich absolut für einen Umbau eigne. „Auch die Gewölbekeller sind vollkommen intakt, das sind wunderschöne Räume.“ Alte Bauelemente – etwa Fenster, Türen, Decken – sollten unbedingt erhalten werden. Seine Pläne beinhalteten unter anderem die Räume für die Dauerausstellung des städtischen Museums in ersten Oberschoss und die Spargelabteilung darüber, zudem einen Saal im Erdgeschoss für eine multifunktionale Nutzung sowie einen gastronomischen Teil mit Außenbereich.
Europaweite Ausschreibung nötig
Die Präsentation seiner Anbauten sorgte im Saal für Gesprächsstoff. Denn während von der Straßenseite her das Bestandsgebäude des Rothacker’schen Hauses im Vordergrund wirkt, ist es von der Platzseite anders: Denn mit dem neuen Gebäude für die Touristeninformation solle ein repräsentativer Eingangsbereich geschaffen werden: „Das ist eine große Chance, eine ideale Stelle mitten in der Stadt.“ Allerdings sei die Studie nur eine Basis: „Es kann so aussehen, muss es aber nicht.“ Zudem komme die Tatsache hinzu, dass die Stadt daran gebunden sei, das Projekt europaweit auszuschreiben, deswegen nehme das einige Zeit in Anspruch.
Info: Fotos bom Rothacker’schen Haus gibt es unter www.schwetzinger-zeitung.de
URL dieses Artikels:
https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/schwetzingen_artikel,-schwetzingen-es-kann-so-aussehen-muss-es-aber-nicht-_arid,1411275.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/schwetzingen.html