Neckarau

Flamenco-Kleider und Sombreros: Awo kritisiert Buga für Entscheidung

Weil die Seniorentanzgruppe sich kulturelle und religiöse Stereotypen aneignen soll, wird ihr ein Auftritt auf Spinelli untersagt. Die Entscheidung der Buga stößt auf Unverständnis.

Von 
Sylvia Osthues
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Kulturelle Aneignung und das Bedienen von Stereotypen? Das AWO-Ballett kann die Begründung der Buga-Gesellschaft nicht nachvollziehen. © Sylvia Osthues

Leckere Kuchen, schwungvolle Tänze des Awo-Balletts, Lieder zum Mitsingen von Michael Kußmann, erwartungsvolle Gäste: Es war alles angerichtet für eine unterhaltsame Veranstaltung in der proppenvollen Gaststätte im Volkshaus in Neckarau. Das Awo-Ballett hatte die Koffer gepackt, um eine „Weltreise mit dem Traumschiff“ zu präsentieren. Die Show war der Höhepunkt der Veranstaltung der AWO Lindenhof/Neckarau/Rheinau.

Begründung der Buga

Stepptanz aus Irland, Flamenco in Spanien, Holzschuhtanz in Holland, Samba, Bauchtanz oder „Walk like an Egyptian“: Mit abwechslungsreicher Choreografie und in tollen Kostümen hielten die Damen das Publikum vom „Leinen los“ bis zum „Käptn’s Dinner“ bei Reiselaune. „Eine tolle Veranstaltung, ich kann nicht verstehen, was man daran kritisieren kann“, sagt Marianne Bade, Vorsitzende der Awo Lindenhof/Neckarau/Rheinau.

Der Auftritt des Balletts sollte Generalprobe für den großen Auftritt am 19. April auf der Freilichtbühne des Gartenschaugeländes auf Spinelli sein. Doch daraus wird wohl nichts. Die Buga-Gesellschaft hatte verschiedene Kostüme der Gruppe abgelehnt, „bei denen der Eindruck entstehen könnte, es würden kulturelle und religiöse Stereotype zur Unterhaltung ausgeschlachtet werden“.

Der Frust sitzt tief

„Die Vorgehensweise der Bundesgartenbaugesellschaft ist eigentlich eine gute Wahlkampfunterstützung für die Rechte“, meint Bade. Man werde sehen, wie es weitergeht. Eigentlich wollte das Ballett jeden Mittwoch auf der Buga auftreten. „Wir sind noch heftig in Diskussion mit der Buga-Gesellschaft“, so Bade. „Man sieht ja, wie viel Spaß die Damen machen, das ist eine bittere Sache“, erklärt sie weiter.

„Entweder ganz oder gar nicht“, lautet die Devise von Erika Schmaltz, Marianne Nannig und ihren Mittänzerinnen vom Ballett, der Tanzgruppe der Arbeiterwohlfahrt zwischen 60 und 85 Jahren. Eigentlich hätten sie dem Publikum schon 2020 anlässlich ihres 40-jährigen Bestehens eine „Weltreise mit dem Traumschiff“ präsentieren wollen, erzählt Leiterin Schmaltz, die die Gruppe 1980 zusammen mit Liese Henz gegründet hatte. „Dann kam Corona.“

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Thorsten Langscheid
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Einiges hätten sie seitdem verändert, beispielsweise wegen des Kriegs in der Ukraine den russischen Part rausgeschmissen. „Wir sind zwar nicht mehr jung, aber auch Senioren haben eine politische Meinung“, verbietet sich Nannig die gegenteilige Behauptung einer Buga-Mitarbeiterin. Sie finde den Ausdruck kulturelle Aneignung, beziehungsweise Ausschlachtung auch hier nicht passend. „Putin versucht, sich die Ukraine anzueignen, und wen wollen wir als Senioren ausschlachten?“, fragt Nannig. „Als ich das gehört habe, habe ich gedacht, das ist ein Aprilscherz“, sagt Tänzerin Rosemarie Falkenberg. Auch das Publikum ist entsetzt über die Entscheidung. Gerda Schlichtmann „sieht keinen Grund, dass man das so handhabt“. „Die geben sich so viel Mühe mit den Kostümen, und jetzt dürfen sie nicht auftreten, das ist ärgerlich“, sagt Erika Schilg. „Dass man in Deutschland nichts mehr sagen und tun darf, ist das Allerletzte“, meint Margot Bittlingmaier.

„Man kann doch nicht alles verbieten“

„Man kann doch nicht alles verbieten“, sagt Elisabeth Kurz. „Ich habe gedacht, mich trifft der Schlag, als ich das gelesen habe“, erklärt Hubert Wohlfahrt. „Mannheim ist eine Stadt der Vielfalt, warum darf man das nicht mehr zeigen, und was hat das mit Religion zu tun?“, fragt er.

Auch Alexander Manz kann die Entscheidung nicht nachvollziehen. „Die Awo steht für Vielfalt, Offenheit und Toleranz“, sagt der Vorstand des Kreisverbands. Ehrenamtliches Engagement sei ein hohes Gut. Der Verband stehe zum Ballett. Manz hofft, dass die Entscheidung noch nicht endgültig ist. Mit Geschäftsführer Michael Schnellbach will er besprechen, ob noch eine Kompromisslösung möglich ist.

Freie Autorin

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