Geschichte und Geschichten - Das Haus in der Mannheimer Straße 30 wird derzeit abgerissen / Ein Blick in die Historie des Gebäudes / Ort für Metzger, Mode und die SPD

Gebäude mit langer Wirtshaustradition

Von 
Andreas Moosbrugger
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Wieder ist ein Haus mit großer Historie aus dem Stadtbild Schwetzingens verschwunden. Wie diese Zeitung bereits berichtete, kann man derzeit den Abriss des Hauses in der Mannheimer Straße 30 beobachten. Wir lassen anhand des Zeitungsarchives, den Aufzeichnungen im Stadtarchiv und Überlieferungen die Geschichte des Gebäudes noch einmal lebendig werden.

Bis auf das Jahr 1831 zurückgehend, befanden sich in diesem Haus immer eine Gaststätte sowie eine Metzgerei. Die Schildgerechtigkeit und der Name Kallsberg wurde durch Georg Bräunlinger übernommen. Ein mehrmaliger Wechsel der Wirte erfolgte in den Jahren 1870 bis 1890. Hier tauchen die Namen Friedrich Freed sowie J. Treiber auf, zu dieser Zeit war es bereits ein Wirtshaus, das vom Sozialdemokratischen Verein in Schwetzingen als Versammlungsort benutzt wurde.

In diesem Zeitraum änderte sich auch die Schreibweise des Gasthauses von Kallsberg zu Karlsberg. Bereits 1919, also kurz nach dem Ersten Weltkrieg, wurde das Karlsberg als Wahllokal der Schwetzinger SPD benutzt. Hinweise in den Zeitungen von damals belegen dies.

Umbenannt wurde das Karlsberg mit der Übernahme des Wirtes Karl Renner 1920, der die Wirtschaft „Zum Roten Ochsen“ nannte. Im gleichen Jahr zeigt eine Annonce in der Schwetzinger Zeitung auf, dass sich auch die elsässisch-lothringischen Flüchtlinge zu Versammlungen in diesem Lokal trafen.

Bereits 1924 erfolgte ein weiterer Wirtewechsel diesmal zu Heinrich Fischer. Drei Jahre später, 1927, hatte der Wirt und Metzger Karl Hänsler das Gasthaus „Zum Ochsen“ übernommen, diese Wirtsleute übergaben ihrem Sohn Ludwig in den 1950er Jahren den „Ochsen“.

Glück im Zweiten Weltkrieg

In den 1930 und 1940er Jahren wurde das Gasthaus auch zum Treffpunkt der Schwimmsippe und der Skizunft des TV 1864 Schwetzingen. So war es auch ein Versammlungsort des TV 1864 nach dem Krieg, als man beschloss, sich wieder vom SV 98 (Zusammenschluss durch Gleichschaltung der Vereine im Dritten Reich) zu trennen. Glück im Unglück hatte dieses Anwesen auch in den letzten Kriegstagen des Zweiten Weltkrieges, als im Nachbarhaus Ecke Heidelberger Straße (Krebsehaus) durch einen Panzerabschuss dieses in Brand geriet, jedoch die Wirtschaft und die Metzgerei mit der Hausnummer 30 nicht davon betroffen wurden. Ab 1953 wurde die Metzgerei von der Familie Herrmann Pfitzenmeier übernommen. Nach dem Umbau des Hauses in den 1960er Jahren – hier wurden an der Straßenfront große Schaufenstern angebracht, hatten die Metzgerei Rudolf Willings sowie die Buchhandlung Wittenberg, die vielen in Schwetzingen noch ein Begriff sein dürfte, ihre Bleibe gefunden.

Wie man aus dem offiziellen Jahrbuch der Stadt Schwetzingen 1976 ersehen kann, befand sich dann die Metzgerei Noe in diesem Haus, bevor 1979 die Metzgerei Blem an dieser Stelle ihre Pforten öffnete. In den letzten Jahren bis zum heutigen Abriss des Hauses waren hier ab 1989 Bekleidungsgeschäfte, zuletzt das „Trendi“, Buchläden, wie die nun ein Haus weitergezogene „Bücher-Insel“, und schließlich eine Filiale der Bäckerei Grimminger untergebracht. Die Stadt im Wandel – das zeigt der Blick auf die Historie der Gebäude wie das in der Mannheimer Straße 30 wunderbar.

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