Schwetzingen. Es ist laut an der GRN-Klinik in Schwetzingen. Die nicht ärztlich Beschäftigten Verdi-Mitarbeiter des Klinikums fordern mit Trillerpfeifen und Plakaten eine Lohnerhöhung von 200 Euro für Auszubildende, von 500 Euro im Allgemeinen oder aber 10,5 Prozent mehr Gehalt.
„Die GRN-Gesundheitszentren erkennen per Haustarifvertrag mit Verdi die Arbeitsbedingungen des Tarifvertrags des Öffentlichen Dienstes für ihre Beschäftigten an, allerdings mit der Ausnahme, dass seit Mitte der 2000er Jahre eine halbe Stunde pro Woche länger gearbeitet werden muss“, schreibt Verdi Rhein-Neckar in einer entsprechenden Pressemitteilung zur Demonstration. „Da seither der Haustarifvertrag gilt, ruft Verdi nun alle nicht ärztlich Beschäftigten, also Krankenpfleger, Physiotherapeuten, Pflegekräfte und Angestellte zum Streik in der Woche vom 10. bis zum 17. März auf.“ Schwetzingen hat den Anfang gemacht, jetzt folgen die anderen GRN-Häuser.
Streik an der GRN-Klinik Schwetzingen: Absenkungstarif als Auslöser
Mit ihrem Streik reagieren die Beschäftigten auch auf die Vorhaben eines Absenkungstarifs, der die Gehälter in Kliniken und Pflegeeinrichtungen um bis zu sechs Prozent kürzen solle, schreibt Verdi weiter. „Sie nennen das Ganze beschönigend ,Tarifvertrag zur Zukunftssicherung‘. Doch mit Zukunftssicherung hat dies wenig zu tun“, erzählt Monika Neuner im Gespräch mit dieser Zeitung.
Neuner ist Gewerkschaftssekretärin für das Gesundheitswesen von Verdi und eine der Mitorganisatorinnen der Demonstration. „Überall wird Personal gesucht, doch mit noch weniger Gehalt sehen viele der Mitarbeiter ihre Existenz bedroht. Die Angestellten haben während der Corona-Pandemie sehr viel geleistet und aus dem Klatschen soll nun eine Lohnsenkung resultieren?“
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Auch Freya Lunz (50), die als Physiotherapeutin in der Schwetzinger GRN-Klinik arbeitet, ist davon enttäuscht: „Während der Pandemie wurde uns viel versprochen, umgesetzt wurde davon aber nichts. Beim Beifallklatschen ist es geblieben und auch die immer geringere Wertschätzung macht es nicht besser für uns.“
Gewerkschafterin Neuner macht zudem auf die aktuelle Situation in den Krankenhäusern aufmerksam: „Die Lage ist dramatisch und das ist vielen Menschen nicht bewusst. Auch hier in Schwetzingen müssen sie sogar Betten sperren, die aufgrund des Personalmangels nicht mehr belegbar sind und auf die Patienten kommen längere Wartezeiten zu.“ Wichtig ist es ihr, zu betonen, dass diese Problematik alle Menschen in der Region betreffe. Jeder könne schon morgen zum Patienten werden und direkt mit dem Personalmangel konfrontiert sein.
Streik an der GRN-Klinik Schwetzingen: Mehr Arbeit, weniger Personal
Marco Müller (46) arbeitet bereits seit 2003 im Operationssaal der GRN-Klinik und erlebt den Personalmangel jeden Tag: „Immer mehr Arbeit wird auf immer weniger Schultern verteilt. Vor allem für ältere Menschen sind kurze Wege ins Krankenhaus extrem wichtig. Was passiert denn mit ihnen, wenn die ländlichen Krankenhäuser schließen müssen?“
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Seine Forderungen nach mehr Gehalt schließen an die von Organisatorin Monika Neuner direkt an. Mit ihrer Streikmaßnahme möchte sie vor allem auch eine Lohnerhöhung für die niedrigeren Lohngruppen der Angestellten durchsetzen. „Diese Personen fallen sonst durch das Raster, aber vor allem benötigen sie für ihre Existenz mehr Geld“, betont Neuner.
Mit Sorge blickt die Gewerkschaft Verdi in die Zukunft, denn in den nächsten Jahren gingen viele der aktuellen Pflegekräfte in den Ruhestand: „Wir werden auch weiterhin mit Fachkräftemangel zu kämpfen haben, eine Lohnerhöhung wäre daher der erste Schritt, diesem entgegenzuwirken“, heißt es von der Streikleitung vor Ort.
Bettina Hergemöller (58) freut sich eigentlich auf ihre Altersteilzeit, sieht die Möglichkeit dafür aber aktuell als sehr gering an. Verärgert berichtet sie, dass sie seit 38 Jahren in der Notaufnahme arbeite, die Pflege immer mehr in den Vordergrund rücke und Lohnkürzungen als „Angebote“ an Arbeitnehmer getarnt geradezu „respektlos“ seien.
Über 100 Mitarbeiter der Klinik haben am Freitagmittag ihre Arbeit für den halbstündigen Streik niedergelegt. Mehr Teilnehmer seien nicht möglich gewesen, berichten viele der Angestellten, immerhin seien „da ja immer noch unsere Patienten, die versorgt werden müssen“. Trotzdem ist es den Beschäftigten wichtig, für ihre Forderungen gemeinsam einzustehen, da sie sich sonst langfristig nicht in der Lage sehen, ihren Beruf guten Gewissens auszuüben.
Bis sich daran nichts ändert, wollen die Mitarbeiter weiterhin laut bleiben. Das haben sie mit ihrem Warnstreik schon mal gezeigt.
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