Verein „Heavens Fighters“ - Ehrenamtliche versorgen Bedürftige mit Lebensmitteln, Hygieneprodukten und Kleidung / Sogar medizinische Fußpflege wird gratis angeboten

"Heavens Fighter" geben Bedürftigen in Schwetzingen ein Stück Würde

Von 
Stefan Kern
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Auf den ersten Blick sieht es aus wie auf einem Markt. Zelte stehen rechts und links des kleinen Platzes vorm Fahrradgeschäft Fender. Es herrscht keine drangvolle Enge, aber reges Treiben. Doch etwas ist anders: Kein frisches Obst und auch kein Gemüse, dafür langhaltende Lebensmittel in Dosen, Kleidung, Hygieneprodukte, Tierfutter und ein Angebot für medizinische Fußpflege. Und das alles kostenlos.

Es ist nicht Marktzeit. Hier haben die „Heavens Fighter“ ihre Zelte aufgebaut. Ein Verein, der sich die Hilfe für die Schwächsten in der Gesellschaft auf die Fahne geschrieben hat (wir berichteten). Und von denen, so der Gründer und Vorsitzender Hans-Peter Maurer, gebe es immer mehr. Klar seien seine Erlebnisse nicht repräsentativ. Aber ihm erscheint es offensichtlich, dass langsam immer mehr Menschen ökonomisch an den Rand der Gesellschaft gedrängt würden. Und genau dieser Entwicklung wollte und konnte er nicht mehr tatenlos ansehen: „Wir müssen den Menschen helfen.“

Es ist der Satz, der zur Gründung dieses Vereins für Obdachlose und Bedürftige im Jahr 2019 geführt hat. Schon im Winter 2018, genauer gesagt kurz vor Weihnachten, startete Maurer mit einigen Helfern seine erste Aktion. Damals bekam er etwas mehr Weihnachtsgeld als erwartet. Kurz entschlossen ging er zu einer bekannten Burger-Kette und kaufte für rund 100 Euro Burger ein. Diese verteilte er dann an Bedürftige in der festlich geschmückten Mannheimer Fußgängerzone: „Die Dankbarkeit damals hat mich beinah erschlagen.“ Dabei ging es diesen Menschen gar nicht so sehr um die Burger, sondern um das Gefühl, gesehen zu werden. Diese Erfahrung war der letzte Baustein für das Projekt „Heavens Fighter“.

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Seitdem gehen die mittlerweile elf Mitglieder – wenn möglich – einmal im Monat, immer samstags, im Dreieck zwischen Mannheim, Heidelberg und Schwetzingen auf die Straße und helfen Menschen in Not. Dabei ist die Resonanz enorm. Egal, wen diese Zeitung antraf, gesprochen wurde im Superlativ. Roland Dietrich aus Ludwigshafen hält das ganze Projekt für „einmalig“: „Sie helfen uns.“ Auch Anton Röder aus Wiesenbach, der 30 Jahre in Ketsch gewohnt hat, ist den Menschen dieses Vereins zutiefst dankbar. Zugleich betont er aber auch, dass es für den Sozialstaat kein Zeugnis sei, dass der Verein für viele Menschen so wichtig wurde: „40 Jahre Arbeit und 800 Euro Rente, da geht nicht viel.“

Ein heller Lichtblick

Erstmals mit dabei ist die medizinische Fußpflegerin Regina Röhheuser-Müller. Vielleicht ist ihr Dasein im ersten Augenblick mit einem Fragezeichen verbunden. Aber ein, zwei Minuten mit ihr verwandeln dieses Frage- in ein Ausrufezeichen. Wenn rund um Frisöre von Würde gesprochen wird, stehen Fußpflegerinnen mit ihrer Dienstleistung ganz vorne in dieser Linie. Es geht bei ihnen jedenfalls um weit mehr als das Aussehen. Eingewachsene Nägel, Hühneraugen, Fußpilz und vieles mehr würde die Lebensqualität der Betroffenen massiv einschränken. Und sie im Endeffekt über das ökonomische hinaus noch stärker aus dem gesellschaftlichen Leben drängen. Christa Kerscher aus Mannheim ist froh, dass ihr geholfen wird. Sie leidet an sogenannten Geiernägel, ihre Nägel wachsen nach unten ins Fleisch, und das sei sehr schmerzhaft.

Auch Erika Rein geht es hier gerade sichtlich gut. „Das ist wirklich Hilfe für uns.“ Und diese Erfahrung, dass ihr jemand hilft, hat sie in ihrem Leben nicht oft gemacht. 1998 habe sich ihr Mann mit 38 Jahren das Leben genommen. Auf einmal war sie allein mit zwei Kindern. Ganz offen spricht sie davon, dass sie in ein tiefes Loch gerutscht sei und sie sich nur ganz mühsam daraus befreien konnte. Beruflich ging für die Alleinerziehende mit Depressionen nicht viel und dafür bekomme sie nun halt die Quittung. „Ich habe meist nur zur Aushilfe gearbeitet, zuletzt bei einem Drogeriemarkt auf 450-Euro- Basis.“ Der Verein sei ein heller Lichtblick in diesem doch eher, wie sie es nennt, „schwierigen Leben“.

Einfach etwas zurückgeben

Pascal Müller sieht ebenfalls auf einen eher schwierigen Lebensweg zurück. „Zehn Jahre lebte ich auf der Straße.“ Und eigentlich war der Verein mit ein Grund dafür, dass er den Absprung schaffte. Maurer habe er 2019 kennengelernt und ihn beeindruckt. Für Menschen ohne Dach über dem Kopf seien die „Heavens Fighter“ eine riesige Stütze. „Ich weiß, wie es sich anfühlt, auf der Straße zu leben, kein Zuhause zu haben und nicht gesehen zu werden.“ Er betonte im Gespräch mit dieser Zeitung, dass es hier nicht nur um die Versorgung mit Lebensmittel und Kleidung gehe. Der Verein vermittle allen das Gefühl, Mensch zu sein – „und in der Welt einen Ort zu haben.“ Es erscheint daher schon fast folgerichtig, dass Müller, der mittlerweile als Bauarbeiter angestellt ist und in wenigen Wochen seine Verlobte heiratet, zum Mitstreiter wurde. „Es ist jetzt auch an mir zu helfen“, möchte er seine neu gewonnene Kraft nun für andere einsetzen.

Neben Kaffee und Kuchen gab es dann auch noch ein kostenloses Mittagessen für alle. Auch wenn es die „Heavens Fighter“ noch nicht lange gibt, mag sich hier auf dem kleinen Platz vor dem Fahrradgeschäft Fender eine Welt ohne ihn nicht mehr vorstellen.

Info: Weitere Infos zum Verein und Spendenmöglichkeiten unter www.heavensfighter-ev.de

Freier Autor Stefan Kern ist ein freier Mitarbeiter der Schwetzinger Zeitung.

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