Schwetzingen. Zu einer musikalischen Darbietung ersten Ranges wurde das Passionskonzert am Karfreitag in der evangelischen Stadtkirche mit der Sopranistin Josefa Kreimes, der Flötistin Anke Palmer, der Oboistin Barbara Obert und dem Organisten Detlev Helmer. Die Wiedergabe der Passionsmusik von der Empore aus begeisterte restlos das in großer Zahl erschienene Publikum, wie es der Schlussapplaus deutlich machte.
Traditionell ist das Konzert von der Spannung zwischen rein instrumentalen Stücken und Gesang geprägt, sowie von Kompositionen des Barocks und zeitgenössischen Werken. So war es auch in diesem Jahr. Kirchenmusikdirektor Detlev Helmer, der die Gesamtleitung innehatte, stellte ein abwechslungsreiches Programm zusammen mit Werken von Barockkomponisten, darunter Georg Philipp Telemann (1681 – 1767), Reinhard Keiser (1674 – 1739), Carl Heinrich Graun (1704 – 1759), Johann Ludwig Krebs (1713 – 1780) und Johann Sebastian Bach (1685 – 1750), denen er modernere Stücke wie das von Jacques Berthier (1923 – 1994) sowie die 2010 von ihm selbst komponierte Choralpartita gegenüberstellte. Gemeinsam war allen die Erinnerung an das Leiden und Sterben Jesu Christi.
Tiefe Ernsthaftigkeit beim Passionskonzert in Schwetzingen
Zunächst erklangen zwei Sätze – Largo und Allegro – aus der „Triosonate a-Moll“ von Georg Philipp Telemann (1681 – 1767), in der die Musiker die emotionale Tiefe des Stücks offenbarten. Auch mit den weiteren Sätzen von Telemanns Triosonate brachte das Ensemble spätbarocke Klänge zu Gehör, zum Abschluss „Ich befehl an meinem Ende“, die letzte Arie aus der Lukas-Passion. Darin kam die gesamte Spannweite von Gefühlen – Ergriffenheit bis hin zur Todesahnung – zum Ausdruck. Das Gleiche galt auch für die Arie „Ein Gebet um neue Stärke“ aus dem Passionsoratorium „Der Tod Jesu“ von Carl Heinrich Graun. Eine Rarität war vom berühmten Bachschüler Johann Ludwig Krebs zu hören, der insbesondere mit seiner Orgelliteratur ins musikhistorische Bewusstsein eingegangen ist, und zwar die „Triosonate G-Dur“ für Flöte, Oboe und Basso continuo, fürs Erste mit den Sätzen „Adagio“ und „Presto“, danach mit der „Siciliana“.
Höhepunkt des Passionskonzerts waren die Rezitative und Arien aus Johann Sebastian Bachs „Matthäus-Passion“. Eine glänzende Leistung zeigte hier die Sopranistin Josefa Kreimes, die sowohl den deklamatorischen Charakter des Rezitativs „Wiewohl mein Herz in Tränen schwimmt“ als auch den innigen Tonfall in den Arien „Ich will dir mein Herz schenken“ und „Aus Liebe will mein Heiland sterben“ traf.
Gewichtigen Anteil am Gelingen hatte zudem Oboistin Barbara Obert, die ihrem Instrument atemberaubende Töne entlockte, aber auch Anke Palmer und Detlev Helmer, die die Soli der Sopranistin an der Flöte beziehungsweise an der Orgel begleiteten. Wie gemacht für diese besondere Stunde schien die „Suite pour le berger David“, ein Zyklus von drei Meditationen über die Psalmen 141, 30 und 42 von Jacques Berthier. Geschmeidig steuerte Helmer an der Orgel und Palmer an der Flöte jene klangprächtigen Farben bei, die den Reiz dieser Meditationen ausmachen. Einen wirkungsvollen Gegensatz zu Telemanns Triosonate a-Moll bildete Detlev Helmers Choralpartita „O Traurigkeit, o Herzeleid“ nach Versen von Friedrich Spee (1591 – 1635) und Johann Rist (1607 – 1667). Musikalisch hat Helmer die schlichten Verse in einer Weise umgesetzt, dass sie stilistisch zwar an die Tradition vergangener Jahrhunderte anknüpfen, jedoch melodisch neue Wege beschreitet. Sopranistin Josefa Kreimes sorgte zusammen mit der flüssigen Phrasierung der Flötistin und dem besonderen Klangbewusstsein des Organisten für einen weiteren Höhepunkt. Diese besinnliche Passionsmusikstunde machte wieder einmal deutlich, über wie viel Ernsthaftigkeit und musikalische Kompetenz unsere Region verfügt.
URL dieses Artikels:
https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/schwetzingen_artikel,-schwetzingen-herzergreifende-melodien-beim-passionskonzert-in-der-stadtkirche-schwetzingen-_arid,2071382.html