Schwetzingen/Plankstadt. Wegen des Besitzes von kinder- und jugendpornografischen Schriften musste ein 77-jähriger Mann aus Plankstadt vor dem Amtsgericht Schwetzingen erscheinen. Die Staatsanwaltschaft hatte dem verheirateten Rentner vorgeworfen, zahlreiche Kinderpornodateien auf verschiedene Datenträger heruntergeladen zu haben. Die Ermittler hatten auf zwei Laptops und einem PC sowie mehreren externen Festplatten insgesamt 577 Bilder entdeckt. Die meisten Aufnahmen stammten aus dem nicht dauerhaft gelöschten Bereich der Geräte und zeigten sexuelle Handlungen von Mädchen auch unter 14 Jahren in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung sowie die sexuell aufreizende Wiedergabe von nackten Genitalien von Kindern.
Der ehemalige Berufsschullehrer, der ohne Verteidiger erschienen war, räumte die Tatvorwürfe ein: „Ich habe die Bilder runtergeladen und abgespeichert, ich gebe es zu.“ Der 77-Jährige, dessen Schwerhörigkeit die Vernehmung durch Richterin Sarah Neuschl extrem schwierig machte, schilderte ausführlich seinen Lebensweg seit der Flucht der Eltern bei Kriegsende aus Schlesien und seinen beruflichen Werdegang ab der Ausbildung und dem Studium in Heidelberg. Seit etwa zehn Jahren habe er mit verschieden schweren Krankheiten zu kämpfen gehabt. Er sei bei der Recherche zu Modellbauthemen „eher zufällig auf einer russischen Seite gelandet“. Als er dann Seiten über Freikörperkultur aufgerufen habe, seien „plötzlich diese Bilder zu sehen gewesen. Da habe ich einen Riesenfehler gemacht“. Ab 2017 habe er angefangen, die besagten Dateien zu löschen: „Da war ich aber schon längst auf dem Radar der Polizei.“ Heute dürfe er nur noch ab und zu sowie unter Aufsicht seiner Frau an den Computer, erklärte der 77-Jährige.
Mann über IP-Adresse gefunden
Ein Kriminalbeamter gab zu Protokoll, wie man dem Angeklagten auf die Schliche gekommen ist. Seit ein paar Jahren erhalte das Bundeskriminalamt von einer amerikanischen halbstaatlichen Organisation fast täglich Meldungen zu Kinderpornografie. Über die IP-Adresse habe man den Angeklagten entdeckt und sich einen Durchsuchungsbeschluss besorgt. In der Wohnung habe man eine Vielzahl von kinderpornografischen Schriften auf verschiedenen elektronischen Medien sichergestellt. Alle beschlagnahmten Geräte hätten dem Beschuldigten zugeordnet werden können.
Gericht und Staatsanwaltschaft nahmen die Bilddateien in Augenschein. Der Angeklagte wollte die kinderpornografischen Darstellungen nicht mehr sehen. Er bedauerte nur, dass auf dem Computer „noch Urlaubsfotos drauf sind“. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft sprach von „schlimmen Bildern“. Der Sachverhalt sei eindeutig erwiesen, forderte er eine zehnmonatige Haftstrafe auf Bewährung sowie eine hohe Geldauflage und die Verpflichtung zu Beratungsgesprächen.
Richterin Neuschl urteilte auf zehn Monate Haft, ausgesetzt auf vier Jahre zur Bewährung. Der Angeklagte, der sich bisher noch nie strafbar gemacht habe, muss außerdem 6000 Euro an zwei Kinderhospize bezahlen. Darüber hinaus muss er innerhalb von sechs Monaten zehn psychotherapeutische Beratungsgespräche bei der Forensischen Ambulanz Baden absolvieren. „Wenn Sie dagegen verstoßen, kann es sein, dass Sie im Gefängnis landen“, warnte die Vorsitzende. „Ich nehme das Urteil an“, erklärte der Mann. vw
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