Musikschule - Tag der offenen Tür findet nach einjähriger Pause besonders großen Zuspruch / Trotz Hygieneregeln haben alle viel Spaß / Geduldig warten die Besucher vor der Tür

„Man merkt es den Menschen an, dass was fehlte“

Von 
Marco Montalbano
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Langsam streicht Musiklehrer Stefan Knust mit dem Bogen über die Saiten des auf dem Boden liegenden Instruments. Mathilda drückt mit dem Zeigefinger auf eine davon, der Ton verändert sich. „Oh, du hast mein Violoncello verzaubert“, sagt er. Die Sechsjährige lacht. Mama Julika Bangert freut sich über die Begeisterung ihrer Tochter. Musikalische Früherziehung sei ihr wichtig, sagt sie. Als sie erfahren habe, dass der Tag der offenen Tür wieder stattfinde, sei sie sofort hergekommen. An diesem Tag geht es vielen so wie der Plankstadterin.

Nachdem im vergangenen Jahr aus den bekannten Gründen kein Tag der offenen Tür an der Musikschule Bezirk Schwetzingen stattfinden konnte, war am Sonntag die Freude umso größer. Unter Einhaltung der hygienischen Vorsichtsmaßnahmen konnten die Kinder und Jugendlichen mehrere Stunden lang unter fachkundiger Anleitung nach Herzenslust Instrumente ausprobieren – ein Angebot, das gerne und oft angenommen wurde.

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Schwetzingen: Tag der offenen Tür in der Musikschule

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Fast fühlt man sich auch in die Zeit des Kurfürsten versetzt. Es singt und klingt zwar nicht an jeder Ecke der Stadt, aber im ganzen Musikschulgebäude. Schon von weitem hört man die unterschiedlichen Instrumente. In jedem Raum wartet eine Lehrkraft. In einem davon sitzt Elena Spitzner am Klavier. Vor ihr steht die siebenjährige Karla hinter einem durchsichtigen Plastik-Roll-Up. Das Mädchen singt „Scho-ko-la-de“ und „Wasch-ma-schine“ in immer höheren Tonlagen – und hat großen Spaß dabei, genau wie ihre Mutter Ruzica Bennefeld beim Zuschauen und Zuhören. Doch als sie das „Stachelschweinlied“ anstimmt, gibt es kein Halten mehr und das Mädchen untermalt das Stück mit vollem Körpereinsatz. Angelockt von der heiteren Musik stecken Kinder neugierig den Kopf durch den Türrahmen. Wie überall steht auch dort die Tür offen – im wahrsten Sinnen des Wortes. Schnell ist das Geheimnis gelüftet: Elena Spitzner leitet auch den Kinderchor, in dem Karla seit zwei Jahren singt. „Sie hat riesige Fortschritte gemacht“, lobt sie sie.

Von Zimmer zu Zimmer

Die meisten wandern von Zimmer zu Zimmer und werden überall freudig begrüßt und mit viel Engagement unterwiesen. Und es geht sehr international zu. Der fünfjährige Yixin sitzt stolz hinter einer Gitarre, die größer ist als er selbst. Die Eltern können kaum Deutsch, sind erst seit Februar aus China hierher gezogen – Musik als universelle, vereinende Sprache, dessen Bedeutung auch in dieser Hinsicht sicher kaum hoch genug eingeschätzt werden kann.

Im Raum 1.3 steht Philipp Wolfart mit zwei Kolleginnen. Der studierte Musiker und Musiktherapeut ist auch stellvertretender Schulleiter und brennt für seinen Job. Jan, fünf Jahre alt, wie viele hier, wollte unbedingt herkommen – einen Gefallen, den ihm Papa Alexander Nastasi gerne getan hat, denn schon seit zwei Jahren kommt er schon zur musikalischen Früherziehung.

„Ich glaube, er wird mal ein Trommler“, sagt Wolfahrt und der Vater des Jungen fragt: „Es bereitet ihm so viel Freude. Da er ein ‚Kann‘-Kind ist, kommt er eventuell erst ein Jahr später in die Schule. Kann er dann hier noch ein drittes Jahr dranhängen?“ Philipp Wolfart nickt. Bei vielen sei es so und er betont, wie gut und wichtig die musikalische Früherziehung sei.

Musikschulleiter Roland Merkel, der zusammen mit den Mitarbeiterinnen Ina Elter, Ulrika Maurer und Irini Valerga im Foyer die Gäste begrüßt, ist zufrieden: „Der Tag der offenen Tür wird wieder sehr gut angenommen. Seit Pfingsten können wir ja ‚richtig‘ weiter machen.“ Doch der Leiter ist auch vorsichtig: „Es dürfen immer nur 100 Besucher gleichzeitig im Gebäude sein. Die Menschen verstehen das und warten dann einfach etwas vor der Tür. Selbst wenn aufgrund der niedrigen Inzidenzwerte das meiste wieder geht und fast alle Lehrkräfte schon durchgeimpft sind, bleiben wir vorsichtig – und das mehr, als wir von den Vorgaben her müssten.“

Instrumente desinfiziert

So würden zum Beispiel alle Instrumente nach Gebrauch desinfiziert. Die Masken blieben auf soweit es ginge und durchsichtige Trennwände gebe es auch weiterhin. „Nur bei den Blockflöten, da haben wir 30 bis 40 bereitgelegt. So hat jeder eine. Und bei den Blasinstrumenten liegen viele Mundstücke bereit.“

Hinter ihm steht Julika Bangert und benutzt eine Tür als Schreibunterlage, um den Aufnahmeantrag für ihre Tochter auszufüllen. Roland Merkel sieht es, lächelt und sagt: „Man merkt es den Menschen an, dass da was fehlte.“

Freier Autor Freier Journalist. Davor Pressereferent. Studium der Politikwissenschaft.

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