Feudenheimer Kulturhalle

Mannheimer CDU umjubelt Friedrich Merz

Der Besuch von CDU-Chef Friedrich Merz sorgt in Mannheim seit Tagen für große Aufregung. Wie die Veranstaltung in Feudenheim am Donnerstag nun ablief.

Von 
Steffen Mack
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Die Bundestagsabgeordnete Melis Sekmen (links) freut sich, dass CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz mit seinem Besuch in Mannheim ein Versprechen bei ihr einlöst. © Christoph Bluethner

Mannheim. Unpünktlichkeit scheint keine Schwäche von Friedrich Merz zu sein. Schon mehr als eine halbe Stunde vor Veranstaltungsbeginn kommt er am Donnerstagmittag in Feudenheim an, die Demonstration gegen ihn in der Spessartstraße sieht der CDU-Bundesvorsitzende nur am Rande. Seine Limousine und die Begleitfahrzeuge werden über eine abgesperrte Zufahrt direkt neben die Kulturhalle geleitet. Die betritt Merz durch einen seitlichen Nebeneingang. Die Scheiben am Haupteingang, auf die seit Mittwoch „FCK CDU“ und FCK AFD“ gesprayt ist, bekommt er ebenso wenig zu Gesicht wie den Schriftzug „Gegen rechts Brandmauer!“ auf einer Außenwand.

Friedrich Merz in Mannheim: Pünktlich im Saal - 500 Menschen jubeln

Um exakt 14 Uhr betritt er den Saal. Der Jubel der rund 500 Menschen darin steht im krassen Kontrast zum Protest draußen. Auf der Bühne lächeln Christian Hötting und Melis Sekmen beglückt. „Auch wenn Gerüchte etwas anderes sagen: Sie sind in Mannheim herzlich willkommen!“, ruft der CDU-Kreisvorsitzende. Dann begrüßt er namentlich all die CDU-Prominenz aus Bund, Land, Region und Stadt. Hötting scherzt, nun könne er sein Amt aufgeben, er habe alle da gehabt. „Absolut!“, ergänzt Sekmen. Aber beim nächsten Mal wollten sie hier gern noch den Kanzler Friedrich Merz sehen. Dann fällt der Bundestagsabgeordneten ein weiterer Prominenter ganz links in der ersten Reihe auf: „Ach, Christian! Schön, dass Du auch da bist!“ Mannheims Oberbürgermeister erhebt sich kurz lächelnd, dann setzt sich Christian Specht schnell wieder hin.

Wegen massiver Proteste musste die Feudenheimer Kulturhalle weiträumig von der Polizei abgeriegelt werden. © Christoph Bluethner

Mit AfD-Stimmen angenommener Antrag „Nebensächlichkeit“ oder „Tor zur Hölle“?

Ein Grußwort in breitestem Schwäbisch spricht Manuel Hagel, der ja in einem Jahr neuer Ministerpräsident werden will. Er lobt Mannheim als die Stadt, „in der die Mobilität erfunden wurde“. Nun beklagt er Deutschlands schlechte Wirtschaftslage. Dagegen habe es am 29. Januar ja auch eine große Demonstration gegeben, aber die Medien hätten sich da lieber ganz auf „Nebensächlichkeiten“ konzentriert.

Kritiker von Merz finden es nicht ganz so nebensächlich, was einen Tag zuvor im Bundestag passiert ist. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich warf dem CDU-Kanzlerkandidaten der Union gar vor, das „Tor zur Hölle“ geöffnet zu haben. Der stellte ein Fünf-Punkte-Programm gegen illegale Migration zur Abstimmung, das mit den Stimmen der AfD eine Mehrheit erreichte. Seither rollt die gewaltige Protestwelle durchs Land, die nun auch das beschauliche Feudenheim erfasst hat. Die Kulturhalle muss mit einem massiven Polizeiaufgebot abgeriegelt werden, davor protestieren rund 400 Menschen. Der Unterricht an der gegenüberliegenden Grundschule sowie ein Stück weiter an der Realschule und dem Gymnasium wurde vorsorglich schon nach der fünften Stunde beendet.

Unter Schulkindern ist daher die eine oder der andere Merz vermutlich gar nicht undankbar. Doch stimmberechtigt ist man bei der Bundestagswahl ja erst mit 18 Jahren. Und unter Erwachsenen ergab die erste größere Umfrage, die in dieser Woche von Forsa gemacht wurde, für die Union 28 Prozent. Das sind zwei Punkte weniger als in der Vorwoche und ihr schlechtester Wert seit Oktober 2023. Mit großer Spannung werden die nächsten Zahlen erwartet, am Freitagmorgen legt die Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen ihr neues Politbarometer vor. Dann ist Merz längst wieder weg, aber er wird es sicher auch aus der Ferne mit größtem Interesse verfolgen.

Diesen Besuch hat Friedrich Merz Melis Sekmen versprochen, als sie die Grünen verließ

In der Feudenheimer Kulturhalle erwähnt der Sauerländer die Bekämpfung der illegalen Migration erst ganz am Ende seiner halbstündigen Rede. Davor hat er sich dem Erhalt des Industriestandorts als drängendste Aufgabe („gerade hier in Mannheim und Ludwigshafen“), Deutschlands Rolle in der Welt, Herausforderungen für die EU, arbeitsfähigen Bürgergeldempfängern, mit Verboten übertriebenem Klimaschutz, mangelhafter Digitalisierung sowie der Kalten Progression gewidmet. Schließlich kommt er auf „Rouven, den Polizeibeamten“ zu sprechen, die Attentate auf dem Mannnheimer Marktplatz, in Solingen, Magdeburg und Aschaffenburg. Damit sich die Menschen in Deutschland wieder sicher fühlten, müsse dringend etwas getan werden. Sein mit den Stimmen der AfD angenommenes Sofortprogramm sei eine Ausnahmesituation gewesen, weil SPD und Grüne eine Zusammenarbeit verweigert hätten. Nach der Wahl am 23. Februar werde es wieder eine Regierung mit Mehrheit geben, die jenes Problem angehen könne.

Volles Haus beim Auftritt von Friedrich Merz in der Kulturhalle Feudenheim. © Christoph Bluethner

Die Rede wird heftig beklatscht, auch zwischendurch schon immer wieder. Am Ende applaudieren fast alle im Saal stehend. Zu der Veranstaltung konnten sich zwar auch Menschen anmelden, die nicht CDU-Mitglied sind. Allerdings war die Veranstaltung vor zwei Wochen direkt ausgebucht, also noch deutlich vor dem „Tor zur Hölle“ beziehungsweise den „Nebensächlichkeiten“.

Am Ende überreicht ein kleines Mädchen ein Bild mit Herz an Merz

Nach der Rede gibt es einen 20-minütigen Nachschlag mit Stichworten, äh, Fragen einer Moderatorin. Als Merz um ein Schlusswort gebeten wird, meint er: „Ganz einfach – Melis Sekmen und Friedrich Merz!“ Dann geht er noch „ganz ernsthaft“ auf die Tücken des neuen Wahlrechts ein: Damit die Mannheimer Abgeordnete seiner Fraktion erhalten bleibe, wie von ihm sehr erhofft, bräuchten sie sowohl möglichst viele Erst- als auch Zweitstimmen. Anfangs hat Merz schon verraten, dass er wegen Sekmen hier ist. Bevor sie von den Grünen zur CDU übergetreten sei, habe er ihr im Frühsommer 2024 in seinem Büro versprochen: „Wenn Sie zu uns kommen, komme ich auch zu Ihnen.“

Harmonie in der Kulturhalle: Ein Herz für Friedrich Merz. © Christoph Bluethner

In all die Harmonie passt noch schön ein selbstgemaltes Bild, das ein Mädchen ihm überreicht. Darauf hat sie ein Herz gemalt und „Merz“ geschrieben. Er tätschelt der Kleinen glücklich lächelnd den Rücken. Dann steht er noch für wenige Selfies parat und verlässt um 15.15 Uhr den Saal. Eigentlich hätte er laut Regieplan um Punkt 15.01 Uhr wieder im Auto sitzen wollen. Aber dafür war es bei seinen Parteifreunden in Feudenheim wohl einfach zu schön.

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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