Schwetzingen. Die Schließung des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg an der GRN-Klinik in Schwetzingen (Notfallpraxis) zum 31. Juli ist längst beschlossen und kann wohl auch nicht mehr verhindert werden. Dennoch hatte der hiesige CDU-Landtagsabgeordnete Andreas Sturm nochmals eine Kleine Anfrage an die Landesregierung gestellt, nachdem klar war, dass die neue schwarz-rote Bundesregierung das System der Bereitschaftsdienstpraxen in den Blick nimmt.
Danach wurden bei einer bundesweiten Simulationsprüfung 730 Standorte für sogenannte integrierte Notfallzentren als notwendig festgestellt. Für Baden-Württemberg wären dies 96 Standorte. Nach den Schließungen von 18 weiteren Notfallpraxen bestünden im Land nur noch 57 Standorte. Für den Rhein-Neckar-Kreis als bevölkerungsreichsten Landkreis mit den Städten Mannheim und Heidelberg wären vier ärztliche Bereitschaftspraxen notwendig. Durch die Schließung der Notfallpraxis Schwetzingen wäre dies eine Praxis zu wenig, so Sturm.
Zudem macht er darauf aufmerksam, dass in Schwetzingen mehr Notfälle betreut wurden als in Heidelberg. In der Spargelstadt wurden von 2020 bis 2024 vor Ort 35.641 Menschen behandelt, in Heidelberg 33.410.
Sturm hat jetzt Antwort von Sozialminister Manfred Lucha bekommen und zeigt sich unzufrieden: „Die Antwort des Ministeriums ist enttäuschend. Das Sozialministerium hat die Rechtsaufsicht und hat diese nicht mit eigenen Berechnungen durchgeführt. Das ist ernüchtern. Es bleibt zu hoffen, dass die Berechnungen der KVBW richtig sind. Ich sehe es nach wie vor kritisch, aber die KVBW wird ihr Paket nicht mehr aufschnüren. Die Kassenärztliche Vereinigung ist in diesem Fall die alleinige Entscheidungsträgerin, die Ärzte entscheiden selbst über die Weiterführung, nicht der Landtag. Ich habe von Beginn an befürwortet, den Standort Schwetzingen zu erhalten“, sagt der CDU-Abgeordnete.
Ministerium hat keine eigene Simulation vorgenommen
Wir haben uns die Fragen und Antworten genauer angeschaut und zitieren hier daraus: Hinterfragt hat Sturm, ob das Ministerium geprüft hat, ob die geplanten Aufstockungen der Praxen in Mannheim und Heidelberg, die ja Schwetzinger Patienten auffangen sollen, ausreichend sind, antwortet Lucha: „Nach dem Schließkonzept der KVBW soll die Bereitschaftspraxis Schwetzingen am 31. Juli geschlossen werden. Um die Patientenströme aus dem geschlossenen Standort Schwetzingen in Heidelberg und Mannheim versorgen zu können, werden zeitgleich mit der Schließung des Standorts Schwetzingen zusätzliche Kapazitäten geschaffen. In Mannheim werden an den Wochenenden die Kapazitäten um acht Arztstunden erhöht. In Heidelberg werden die Öffnungszeiten um sieben Stunden pro Woche verlängert.“
Die KVBW teilt mit, dass diese Ausweitung auf ihren eigenen Analysen beruht. Sie hat angekündigt, die Strukturen in allen Praxen im Jahr 2026 zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen“, so das Ministerium. Die Versorgung werde auch durch den aufsuchenden Fahrdienst und die telemedizinische Ersteinschätzung (Telefon 116 117) gewährleistet.
Gleichzeitig macht das Ministerium darauf aufmerksam, dass es sich um Entscheidungen der Selbstverwaltungsorgane handle, die sich im Rahmen der Rechtsordnung halten und vom Ministerium als Aufsichtsbehörde nicht beanstandet werden könne, selbst wenn die Aufsichtsbehörde eine solche Entscheidung nicht für sinnvoll hielte.
Und bei der Aufstellung der Konzepte seien durch die KVBW keine Verfahrensfehler ersichtlich. Aus Sicht der Rechtsaufsicht bestünden keine Anhaltspunkte, um gegenüber der KVBW darauf hinzuwirken, ihre Entscheidung über die Schließung der Bereitschaftspraxis Schwetzingen zurückzunehmen. Eigene Prüfungen und Simulationen habe das Ministerium nicht vorgenommen, hieß es auf Nachfrage des Angeordneten.
Theresienkrankenhaus bei der Planung nicht berücksichtigt
Gefragt hatte Sturm auch, ob bei der Planung zur Schließung in Schwetzingen berücksichtigt wurde, dass durch den Wegfall der Notfallversorgung des Theresienkrankenhauses Mannheim eine Kapazität von 27.000 Behandlungen entfällt. Da schreibt Minister Lucha: „In der ambulanten Notfallversorgung am Krankenhaus ist zu unterscheiden zwischen Patienten, die wegen eines Notfalls das Krankenhaus aufsuchen und Patienten, die lediglich zur Behandlung einer akuten Erkrankung das Krankenhaus aufsuchen. An Krankenhäusern, an denen eine Bereitschaftspraxis der KVBW eingerichtet ist, werden diese Patienten am ,Gemeinsamen Tresen‘ (so wie in Schwetzingen) einer medizinischen Ersteinschätzung unterzogen und dann zugewiesen (Triage). In einer Bereitschaftspraxis findet dann eine Behandlung von akuten Krankheitssymptomen statt, um die Zeit bis zum nächsten Haus- oder Facharzttermin zu überbrücken.“
Laut KVBW sei der angesprochene Wegfall der Notfallversorgung des Theresienkrankenhauses Mannheim in ihren Berechnungen nicht berücksichtigt worden, denn dort gebe es keine ärztliche Bereitschaftspraxis, sodass die Bereitschaftspraxis des Uniklinikums von dort keine Patienten aufnehmen müsse. Das Brüderklinikum Julia Lanz vereine Theresienkrankenhaus und Diako und sei unverändert an der Notfallversorgung beteiligt – auch bei ambulanten Notfällen.
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