Mannheim. Die Staatsanwaltschaft Mannheim hat das Verfahren gegen den Polizeibeamten, der beim tödlichen Polizeieinsatz auf der Schönau am 23. Dezember 2023 von seiner Dienstwaffe Gebrauch gemacht hatte, eingestellt. Wie die Staatsanwaltschaft am Mittwoch mitteilte, sei das Verfahren wegen "erwiesener Unschuld" eingestellt worden. "Nach dem Ergebnis der Ermittlungen handelte der Beschuldigte bei dem Einsatz seiner Schusswaffe in Notwehr und damit gerechtfertigt", heißt es weiter in der Mitteilung der Staatsanwaltschaft.
Verschiedene im Einsatz befindliche Polizeibeamte hätten über die Dauer von mindestens zehn Minuten versucht, den Verstorbenen zum Ablegen des großen Küchenmessers mit einer Klinge von etwa 15 Zentimeter zu bewegen, so die Staatsanwaltschaft. Dabei hätten die Polizeibeamten ihre dienstlichen Schusswaffen gezogen und wiederholt deren Einsatz angedroht. Zu diesem Schluss sei man nach der sorgfältigen Rekonstruktion des Geschehens - insbesondere durch die Auswertung des umfangreichen Videomaterials - gekommen.
Nach tödlichem Polizeieinsatz in Mannheim-Schönau: Staatsanwaltschaft schildert Geschehen
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Weiter heißt es in der Mitteilung der Staatsanwaltschaft: "Der Verstorbene bewegte sich während dieser Zeit auf der Straße und den Gehwegen hin und her, ging auch mehrfach drohend auf die Polizeibeamten zu und gestikulierte mit dem Messer in deren Richtung. Immer wieder forderte er die Polizeibeamten auf, sie sollten ihn erschießen. Schließlich stand er drei Polizeibeamten gegenüber, darunter der Beschuldigte. Der Verstorbene bewegte sich zunächst langsam auf die Polizeibeamten zu, bis der Abstand nur noch weniger als fünf Meter betrug. Anschließend stand er etwa 13 Sekunden nahezu unbewegt, jedoch unter sichtlicher Muskelanspannung den Polizeibeamten gegenüber und fixierte diese. Hierbei hielt er das Messer fest in der Hand mit der Spitze in Richtung der Polizeibeamten zeigend. Ohne weiteren Wortwechsel oder sonstige Ankündigung setzte er sich plötzlich schnellen Schrittes in Richtung der Polizeibeamten in Bewegung."
Staatsanwaltschaft Mannheim: "Der Schusswaffeneinsatz war das erforderliche und geeignete Mittel"
Nachdem der Mann zwei Schritte gegangen sei, habe der Polizeibeamte innerhalb von weniger als zwei Sekunden insgesamt vier Schüsse aus seiner Dienstwaffe auf den Mann abgegeben, heißt es weiter. Dieser sei nach dem ersten Schuss zu Boden gestürzt. "Die Verwirklichung eines Verbrechens des (versuchten) Totschlags zu Lasten des Beschuldigten oder der weiteren zwei Polizeibeamten war zu befürchten. Der Schusswaffeneinsatz war das erforderliche und geeignete Mittel, diesen Angriff zu beenden", so die Staatsanwaltschaft. "Ein Wechsel von der Dienstwaffe zum Pfefferspray war dem Beschuldigten in dieser Situation nicht mehr möglich und zumutbar." Dass der Verstorbene möglicherweise nicht oder nur erheblich vermindert schuldfähig gewesen sein könnte, ändere laut Staatsanwaltschaft daran nichts: "Dies war zum einen für den Beschuldigten nicht deutlich erkennbar. Zum anderen wäre dem Beschuldigten ein Ausweichen ohnehin nicht mehr möglich gewesen. Er war bereits so weit zurückgewichen, wie es die räumlichen Verhältnisse vor Ort zuließen", heißt es weiter.
Auch die Tatsache, dass der beschuldigte Polizeibeamte vier Schüsse abgegeben habe, ändere nichts an der rechtlichen Bewertung, so die Staatsanwaltschaft Mannheim. Denn die rechtsmedizinische Untersuchung ergab, dass der 49-Jährige an den Folgen der Verletzungen durch die erste, gerechtfertigte Schussabgabe verstorben sei. "Die Abgabe nur eines Schusses und ein Abwarten, ob dieser bereits die erhoffte Wirkung entfaltet, war außerdem auf Grund des geringen Abstands zwischen dem Verstorbenen und dem Beschuldigten nicht zumutbar, da dann keine Zeit mehr geblieben wäre, weitere Schüsse abzugeben", so die Staatsanwaltschaft am Mittwoch.
GdP-Vorsitzender Mannheim äußert sich auf Facebook
Zuvor hatte der Vorsitzende der Mannheimer Bezirksgruppe der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Thomas Mohr, über das eingestellte Verfahren auf Facebook informiert. "Der Einsatz war rechtmäßig", so Mohr. Die Gewerkschaft habe den Kollegen anwaltliche Unterstützung ermöglicht, so Mohr weiter.
„Polizeikräfte müssen bei Bedrohungs- und Gefahrensituationen für Leib und Leben Schlimmeres verhindern und die Bevölkerung schützen. Das kann tragisch für den Täter enden, aber Ursache und Wirkung sollten nicht bewusst zu Lasten unserer Polizistinnen und Polizisten vertauscht werden“, schreibt der GdP-Vorsitzende Mannheim auf Facebook.
Tödlicher Einsatz auf der Schönau: Mann laut Obduktion an den Schussverletzungen gestorben
Einen Tag vor Weihnachten 2023 hatte die Polizei bei einem Einsatz auf der Schönau auf den 49-jährigen Deutsch-Türken Ertekin Ö. geschossen. Der Mann im psychischen Ausnahmezustand war mit einem Messer bewaffnet auf offener Straße umhergelaufen. Zuvor hatte der Vater von zwei Kindern die Polizei verständigt und behauptet, ein Verbrechen begangen zu haben. Laut Obduktion ist der Mann an den Schussverletzungen gestorben.
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