Attentat

Nachbar in Heppenheim über Mannheimer Messerangreifer: "Er hat sich radikalisiert"

Der Angreifer vom Mannheimer Marktplatz lebte in Heppenheim. Am Freitag durchsuchte das Landeskriminalamt die Wohnung. Am Samstag bewacht ein Bewohner das Gebäude, erteilt Medien Hausverbote - und erzählt über den Mann.

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Florian Karlein
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Rund um das Gebäude parkten etliche Polizeiautos. Bewohnerinnen und Bewohner verfolgten die Szenerie von ihren Balkonen aus. © René Priebe

Heppenheim. Bislang war Heppenheim dafür bekannt, der Geburtsort des mehrfachen Formel-1-Weltmeisters Sebastian Vettel und der Gründungsort der FDP zu sein. Seit Freitag ist das kleine südhessische Städtchen im Kreis Bergstraße allerdings wegen etwas anderem bundesweit in den Schlagzeilen: Hier wohnte der Mann, der am Freitagmittag mit einem Messer sechs Menschen auf dem Mannheimer Marktplatz zum Teil sehr schwer verletzt hatte. Darunter der Islamkritiker Michael Stürzenberger und ein Polizeibeamter, der derzeit im künstlichen Koma um sein Leben ringt.

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Am Samstagvormittag kommen immer wieder Journalisten und Journalistinnen zu dem hohen Wohngebäude, in dem der Attentäter mit seiner Familie lebte. „Sie wollen bestimmt wissen, wie der so war, oder?“, fragt ein Mann mit Vollbart, der mit schwarzer Jacke und verschränkten Armen den Hauseingang bewacht. Seinen Namen will er nicht nennen. Mit hörbar südhessischem Einschlag in der Sprache stellt er sich als Beirat des Hauses vor - und erteilt dem „MM“ direkt Hausverbot. Dann beantwortet er doch einige Fragen.

So sieht es rund um das Wohnhaus in Heppenheim aus

„Die Bewohnerinnen und Bewohner haben Angst“, erzählt er, weil einige Medienvertreter die Adresse des Hauses veröffentlicht hätten. Vor dem Haus, dessen Fassade nicht den modernsten Eindruck macht, ist es ruhig gegen 12 Uhr am Samstag. Nur der stärker werdende Regen prasselt nieder. Um das Hochhaus ist viel Grün, die Außenanlage des ähnlichen Gebäudes direkt daneben wurde vor wenigen Monaten erst komplett neu gestaltet. An der Haustür hängt ein Schild, das darauf hinweist, dass der Flur videoüberwacht wird.

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Als „unauffällig“ beschreibt der Beirat des Hauses den 25-Jährigen, der am Freitag den Messerangriff in Mannheim verübte. Dass er zu so einer Tat fähig sein könnte, hätte er nicht gedacht, erzählt der Beirat weiter. Mit dem Afghanen, der 2014 nach Deutschland gekommen ist, gab es im Haus keine Probleme. Er wohnte mit seiner Frau und seinen zwei kleinen Kindern - eines soll drei oder vier Jahre alt, das andere noch ein Baby sein - im neunten von 14 Stockwerken. Zur Miete, und das schon seit mehreren Jahren, erzählt der Beirat, der selbst auch in dem Haus wohnt. Unter den insgesamt 104 Parteien im Haus gebe es sowohl Eigentümer wie auch Mieter.

Mit Masken und laut Zeugen „schwer bewaffnet“ durchsuchten Ermittler des Landeskriminalamts am Freitagabend die Wohnung des Messerattentäters. © René Priebe

Ein Nachbar sagt: Der Attentäter hat sich „verändert“

Während des Gesprächs tragen immer wieder Bewohnerinnen und Bewohner Einkäufe durch die Haustür. Reden möchte niemand, auch an der nahegelegenen Bushaltestelle winken die Menschen ab. Schließlich stellt sich ein Mann mit orangefarbenem T-Shirt, kurzer Hose und Badeschlappen dazu. „Er war schon introvertiert“, erzählt er von seinen Begegnungen im Hausflur mit dem späteren Attentäter. „Vor zwei Tagen habe ich ihn noch gesehen. Sowas hätte ich ihm nie zugetraut.“ Allerdings habe sich der 25-Jährige in den vergangenen Monaten verändert, ergänzt der Beirat des Hauses, benutzt das Wort „radikalisiert“, sagt, er sei zuletzt aggressiver gewesen. Beide werden - wie alle Bewohnerinnen und Bewohner - derzeit mit Kurznachrichten und Anrufen überhäuft. Das Heppenheimer Haus ist über Nacht vorübergehend berühmt geworden.

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Etwa drei Stunden, bis kurz vor 23 Uhr, durchsuchten nämlich Ermittler des Landeskriminalamts am Freitagabend die Wohnung des Attentäters. „Die waren schwer bewaffnet“, schildert der Beirat die Situation. Ein Fahrzeug parkte direkt vor der Haustür, die anderen auf der Straße. Durch ihre Türen oder vom Balkon aus verfolgten die Bewohnerinnen und Bewohner demnach die Szenerie. Die Frau und die Kinder des 25-Jährigen seien schon weg gewesen, als die Polizei kam, sagt der Hausbeirat: „Die haben wohl gewusst, was er vorhat.“

Redaktion Leiter des Redaktionsteams Mannheim

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