Schwetzingen. Spätestens seit der Diskussion um eine Umbenennung des Schwetzinger Rokokotheaters zum Ende des vergangenen Jahres kann nun wirklich niemand in Schwetzingen und der Region mehr behaupten, er habe noch nie etwas von Nicolas de Pigage gehört. Dass die Schwetzinger ihr Rokokotheater behalten wollten, hat aber nichts damit zu tun, dass dem Oberbaudirektor der Kurpfalz zu seinem 300. Geburtstag im Sommer dieses Jahres Ehre zuteil werden soll und dass er das auch verdient hat. Auf dem Pigage-Platz gleich neben dem heutigen Finanzamt und dem Hotel Adler-Post wird eine Bronzebüste aufgestellt und enthüllt, die den gebürtigen Lunéviller in doppelter Lebensgröße zeigt, ganz so, wie er einst auf zeitgenössischen Gemälden dargestellt wurde.
Der Künstler: Hatto Zeidler
- Hatto Zeidler (85) lebte bis 1945 in Saaz an der Eger (heute Tschechien), dann musste er mit seiner Familie nach Eberbach am Neckar fliehen. Er studierte Pädagogik, Soziologie und Kunstgeschichte an der Universität Heidelberg, danach arbeitete er als Lehrer.
- Mit seiner Dissertation „Die Mannheimer Jesuitenkirche“ wurde Zeidler 1983 an der Universität Heidelberg zum Dr. phil. promoviert. Von 1974 bis 2003 war er Dozent an der Pädagogischen Hochschule.
- Die Bildhauerlehre absolvierte er im väterlichen Betrieb. Er ist zudem als Buchautor und freischaffender Künstler tätig. jüg
Bildhauer Hatto Zeidler setzt ihm ein Denkmal für die Ewigkeit – im Auftrag der Stadtverwaltung. Die Idee dazu kommt von Kulturreferentin Dr. Barbara Gilsdorf, die im Wirtschaftshof von Kloster Maulbronn die Büsten der zehn bekanntesten Schüler (Kepler, Hölderlin, Hesse) des dortigen Studienseminars entdeckt hatte und so Kontakt zu dem ganz in der Nähe von Maulbronn im Knittlinger Ortsteil Hohenklingen lebenden und arbeitenden Künstlers aufgenommen hat.
Hatto Zeidler kennt Pigage und seine Bauwerke
„Ich kenne Pigage und seine Bauwerke schon lange. Meine Dissertation aus dem Jahr 1986 handelt von der Mannheimer Jesuitenkirche und ich durfte dort als Bildhauer mehrere Engel erneuern. Er war ein bewundernswerter Architekt und ein grandioser Baumeister, aber auch ein schöner Mann, der viel Wert auf sein Äußeres legte“, erzählt Hatto Zeidler im Gespräch mit unserer Zeitung. Zeidler selbst legt Wert darauf, dass seine Werke die Menschen, die sie darstellt, wiedererkennen lässt. So hat er zwei aus der Barockzeit stammende Gemälde von Anna Dorothea Therbusch zur Vorlage genommen und setzt Nicolas de Pigage seinen typischen Fellhut auf – ein Hut, wie ihn übrigens auch Goethe trug. „Der Hut sollte das Gesicht vor allzu viel Sonneneinstrahlung schützen und diesen hellen, studiert wirkenden Teint geben“, sagt Zeidler.
Also machte sich der Künstler im Herbst letzten Jahres an seine Auftragsarbeit aus Schwetzingen und fertigte in der Küche seiner Ferienwohnung am Luganer See einen Gipsentwurf – immer mit der Vorgabe seiner Frau, nicht zuviel Dreck in der Küche zu machen, sagt er uns schmunzelnd. Der kam in der Spargelstadt ganz prima an und so ging es ans Werk für die Gipsform, die später in die Gießerei nach Eutingen transportiert wurde, um dort in Bronze gegossen zu werden. Doppelte Körpergröße schien Hatto Zeidler angemessen, schließlich sollte die Büste auf dem schönen Platz nahe dem Schwetzinger Schloss auch etwas darstellen und auf ihrem Sandsteinsockel gut zur Geltung kommen.
Zeidler hat an der PH in Heidelberg unterrichtet
„Das hat schon einige Wochen gedauert, bis alle Details ausgearbeitet waren“, sagt der 85-jährige Bildhauer, der viele Jahre in Heidelberg an der Pädagogischen Hochschule als Professor unterrichtete und die Kurpfalz und Schwetzinger kennt wie seine Westentasche. Das Stuckmodell ging nun in die gar nicht so weit entfernte Kunstgießerei Rohr nach Niefern-Öschelbronn, die für ihre hohe Qualität bekannt ist und Kunstguss im Wachsausschmelz- und Sandgussverfahren in Bronze, Aluminium, Messing, Neusilber und Silber anfertigt. Dort wurde dann die Negativform gefertigt, mit Wachs ausgepinselt, ausgebrannt und mit Bronze ausgegossen. Fast 14 Tage dauert dieser Prozess und erst wenn er abgeschlossen ist, sieht man, ob er gut, weniger gut oder gar perfekt gelungen ist. Und Hatto Zeidler kann stolz sein auf seinen Pigage. „Alles ist perfekt“, sagt er und freut sich sehr über sein Werk.
Nicolas de Pigage
- Nicolas de Pigage wurde am 3. August 1723 in Lunéville geboren und starb am 30. Juli 1796 in Schwetzingen. Er studierte in Paris.
- Kurfürst Carl Theodor berief ihn an den kurpfälzischen Hof nach Mannheim, wo er 1752 das Amt des Oberbaudirektors bekam.
- Unter seiner Leitung wurde von 1755 bis 1773 das Schloss Benrath im Süden von Düsseldorf erbaut. Pigage wirkte bei der Errichtung der Residenz in Mannheim und des Schlossgartens Schwetzingen mit, errichtete hier auch das Schlosstheater und erweiterte das Langhaus von St. Pankratius. jüg
Der Schwetzinger Bauhofleiter Volker Ziegler und sein Team konnten sich als ruhigen Gewissens auf den Weg nach Niefern-Öschelbronn am Rande des Kraichgaus machen und das über 100 Kilogramm schwere Kunstwerk in alte Zudecken packen und gut auf dem Transporter befestigen, damit ja nichts passiert. Die Fahrt ging jetzt nach Neustadt an die Weinstraße. Denn dort hatten Stadt und Künstler bereits einen Sockel bestellt. Im Sandsteinbruch der Firma Hanbuch und Söhne gibt es jene gelb-roten Steinquader, die so schön zur eigens ähnlich patinierten Bronzebüste passen. Gut anderthalb Tonnen wird dieser Sockel wiegen und der Büste ein solides Fundament geben, wenn sie dann im Sommer in der Schwetzinger Stadtmitte aufgestellt wird.
Die Einweihung soll übrigens am 22. Juli erfolgen, über die Uhrzeit werden wir noch rechtzeitig informieren. Das ist zwar ein paar Tage vor Pigages 300. Geburtstag, aber dann kann man ihm an seinem Wiegentag am 3. August 2023 schon ein paar Blümchen an seinen Gedenkstein legen. Oder alternativ dazu auch schon am 30. Juli. Das war nämlich der Tag, an dem er im Jahr 1796 – also vor 227 Jahren – in Schwetzingen gestorben ist.
Kunst im öffentlichen Raum
Hatto Zeidler freut sich schon auf die Enthüllung seines Kunstwerks – immerhin sein erstes in Schwetzingen. Aber längst nicht das erste in der Kurpfalz. Vor allem in Heidelberg und Mannheim hat der Künstler schon Spuren hinterlassen. Auch das Denkmal des Minnesängers Konrad von Wissenlo am Wieslocher Kirchplatz stammt von ihm. Oder die Zigarrenwicklerin in Rauenberg auf dem Rathausplatz
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