Palliativverein

Palliativverein Schwetzingen: Wenn Worte zu Medizin werden

Von 
Marco Montalbano
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Schwetzingen. Sterben gehört zum Leben dazu. Dennoch wird dieses Thema nur ungern aufgegriffen, ist ein regelrechtes Tabu. Dabei sind gerade auch schwerkranke Menschen und auch deren Angehörige dankbar, wenn sie nicht alleingelassen werden. Das haben sich die Ehrenamtlichen des Vereins zur Förderung der Palliativversorgung (VFPV) seit 2016 auf die Fahnen geschrieben, der in diesem Jahr an der GRN-Klinik Schwetzingen gegründet wurde.

Vieles, was den Betroffenen ihr Leid über die rein medizinische Versorgung hinaus erleichtern könnte, ist im Krankenhausalltag aber normalerweise nicht leistbar. In diese Bresche springen die fast 40 Vereinsmitglieder des VFPV. Das weiß auch Vereinsgründer Jürgen Ehret. Er ist kein Unbekannter, denn bis vor ein paar Jahren war er noch Chefarzt der Geriatrie an der GRN-Klinik. Er erinnert sich: „Im letzten Jahr vor meinem Ruhestand setzte ich mich mit anderen zusammen, denn wir waren uns einig, dass es so nicht weitergehen konnte und dass wir etwas unternehmen mussten, um die Situation zu verbessern.“ Das sei 2015 gewesen. Gemeinsam mit spezialisierten sowie regulären Krankenschwestern und einer Sozialarbeiterin hätten sie schon einige Zeit zuvor den Palliativmedizinischen Konsil gegründet. „Der Konsil begutachtet die Patienten, entscheidet, wie es weitergeht und entwickelt individuelle Strategien, die über Krankenhausaufenthalte hinausgehen und Verwandte und Pflegedienst einbeziehen“, so der ehemalige Chefarzt. 2016 sei dann der Verein gegründet worden.

Kleine Dinge mit großer Wirkung

„Wir wollen über die Möglichkeiten der Palliativversorgung informieren, den Palliativgedanken verbreiten, die Versorgung der Betroffenen in der GRN-Klinik Schwetzingen unterstützen und dadurch verbessern“, so der „Unruheständler“. Als Erstes hätten sie zwei Zimmer für die Palliativpatienten „requiriert“. Er erläutert: „Auf diesen ist man maximal zu zweit. Da kann ein Familienmitglied auch mal über Nacht bleiben. Mehr Intimität ist wichtig, wissen Sie?“, sagt er. Den Verein habe er gegründet, um eine „Struktur zu hinterlassen“. Schnell merkt man, wie wichtig ihm das Thema ist.

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zg
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Manchmal seien es auch kleine Dinge, die Erleichterungen brächten, so Jürgen Ehret: „In einem Jahr, in dem es sehr heiß war, konnten wir dank Geldspenden Handventilatoren für die palliativ Versorgten anschaffen, ebenso wie besondere Paravents für besseren Sichtschutz“, so der Vorstand und ergänzt: „Palliativpatienten haben oft keinen Appetit, aber essen gern zwischendurch mal was Kaltes. Dafür haben wir ein Multifunktionsmöbel mit kleinem Kühlschrank anfertigen lassen“ (wir berichteten). Auch das „Abschiedszimmer“ neben der Kapelle hätten sie persönlicher gestaltet.

Eine Frage der Würde

Mit Grauen erinnert sich Jürgen Ehret: „Vor gar nicht allzu langer Zeit wurden Verstorbene – oder Sterbende – auch mal ins Bad geschoben, weil es keinen anderen Platz gab. Jetzt hat sich das zum Glück geändert. Das war auch eine Frage der Würde.“ Besonders gefreut hätte er sich über den Rotary Award (wir berichteten). Durch die Spende der Rotarier könne nun ein Ruheraum für Schwerstkranke wohnlich eingerichtet werden. „Für Gespräche, zum Kaffeetrinken oder auch zum Streiten. Das alles kommt vor und fällt dort leichter.“ Positives Feedback gebe es viel.

„Es hat sich einiges bewegt, aber das Thema muss enttabuisiert werden Das sehe ich zum Beispiel, wenn 82-jährige Patienten mich fragen, wozu sie eine Patientenverfügung benötigen. Zu oft wird so nicht festgelegt wer entscheiden soll, wenn man selbst dazu nicht mehr in der Lage ist, oder wie man beerdigt werden möchte. Dann ist es irgendwann zu spät und für die Angehörigen wird es auch schwierig.“

Inzwischen seien aus den 14 Gründungsmitgliedern 38 geworden. „Wir freuen uns über jede Geldspende und über neue Mitglieder, die durch einen moderaten Mitgliedsbeitrag helfen möchten. Die Arbeit leistet dann der Vorstand. Wir waren zwar auch mal auf dem Weihnachtmarkt mit einem Kuchenverkauf, aber das ist wegen Corona zur Zeit eher schwierig.“

Freier Autor Freier Journalist. Davor Pressereferent. Studium der Politikwissenschaft.

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