Schwetzingen. Eigentlich wollten sie ihren fünften Spieltag im Sportzentrum Süd ausrichten, immerhin sei Torpedo Ladenburg ein Heidelberger Team. „Das wurde uns aber leider abgesagt, dort findet nämlich eine Brandschutzsanierung statt“, weiß Jörg Diehl, Spielertrainer der Powerchair-Football-Mannschaft. Zum Glück kennt er Jens Rückert vom TV Schwetzingen: „Von Jens weiß ich, dass sich die Stadt sehr für Inklusion, im Alltag und im Sport, einsetzt.“ Eine kurzerhand vorgenommene Anfrage sei erfolgreich verlaufen. „Und das ist schon die ganze Geschichte, wie es kommt, dass wir als Heidelberger Verein in Schwetzingen spielen.“
„Dank der großartigen Unterstützung unseres Kooperationspartners TV Schwetzingen 1864 sowie der Stadt Schwetzingen laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren“, schreibt die Rollstuhlfußballmannschaft auf ihrer Webseite. Am Samstag, 21. Juni, geht es um 10 Uhr los – mit dem Kickoff durch Schwetzingens Oberbürgermeister Matthias Steffan, der die Schirmherrschaft für die Veranstaltung in der Sporthalle des Hebel-Gymnasiums innehat. Danach startet die Action: Mit neun Spielen, die bis 18.45 Uhr ausgetragen werden. „Wir freuen uns sehr, Ausrichter sein zu dürfen“, bestätigt Rückert, Vorstandsmitglied beim TV 1864 und zuständig für Inklusion sowie Integration.
Torpedos Ladenburg genau eine Woche vor dem Spieltag in Schwetzingen
Genau eine Woche vorher, samstags um 10 Uhr, treffen sich die Akteure in ihrer Trainingshalle, die sich in Mannheim befindet. „Wir sind heute etwas weniger als sonst, weil es so warm ist, haben einige abgesagt“, erklärt der Spielertrainer, der seine Vereinsfunktion auch als „Mädchen für alles“ beschreibt. Das Team bestehe aus knapp zehn Rollstuhlfußballern, „auf dem Feld spielen aber nur vier Spieler, inklusive Torhüter. Zusätzlich darf man vier Auswechselspieler auf der Bank haben“.
Das sind aber nicht die einzigen Regeln, die vom ursprünglichen Fußball abweichen. „Wir spielen zweimal 20 Minuten. Der Ball ist deutlich größer – 33 Zentimeter Durchmesser und ein Kilogramm schwer – und die sechs Meter breiten Tore bestehen nur aus Pfosten, eine Latte gibt es nicht“, sagt Diehl. Außerdem dürfe man nur mit zwei Spielern verteidigen, im Strafraum dürfe zusätzlich zum Keeper ausschließlich ein weiterer Defensivakteur tätig werden. „Das nennt man die ,Zwei zu eins‘- und die ,Three in the box‘-Regel, so soll der F-Jugend Effekt, also dass alle auf den Ball gehen, verhindert werden. Im Gegenzug gibt es dafür kein Abseits.“ Die Schnelligkeit der elektrischen Rollstühle muss auf zehn Kilometer in der Stunde begrenzt sein.
Momentan können die Torpedos zwei Frauen in ihren Reihen zählen, die Altersspanne in der Mannschaft beginnt bei elf Jahren und endet mit Diehl, der 44 Jahre alt ist. „Das Sportangebot ist schon speziell für Rollstuhlfahrer, weil es auf diesem Feld zu wenig Sportangebote gibt. Wenn jetzt aber jemand mitmachen möchte, der auf andere Weise gehbehindert ist, würden wir den natürlich nicht ausschließen“, beantwortet der Trainer die Frage nach der Zielgruppe. Bei den Torpedos hätten alle Rollstuhlfußballer neuromuskuläre Erkrankungen: „Das ist ganz typisch, ich würde schätzen, dass 90 Prozent der Spieler aus dem neurologischen Bereich stammen.“
Auch wenn der Trainingsbeginn auf 10 Uhr festgelegt ist, sind die Teilnehmer zum größten Teil erst eine Viertelstunde später bereit. „Wir haben ja alle einen Alltagsrollstuhl und einen, der speziell für den Sport ist, man muss sich erst einmal umsetzen und den Sportrollstuhl einstellen“, weiß Diehl. Und das ist gar nicht so einfach. „Hat jemand Kabelbinder dabei?“, „Kann mir einer seinen Schraubenschlüssel leihen?“, rufen die Betreuer durch die Sporthalle. Der Spielertrainer erklärt: „Die Jüngeren werden meist von ihren Eltern oder anderen Familienmitgliedern betreut. Wir Älteren haben meist eine persönliche Assistenz vom Pflegedienst.“
Im Powerchair Football braucht es Koordination
Wer seinen Elektrorollstuhl passend eingestellt hat, fährt in die Mitte und beginnt mit ein paar Pässen. Der Ballkontakt geschieht dabei über ein Metallgitter, im Fachjargon Guard, das der Sportler vor sich herfährt. Wenn alle mit der Installation fertig sind, gibt es einen kurzen Gesprächskreis, bevor das Training beginnt. Bei der Generalprobe vor dem großen Tag in Schwetzingen übt das Team Eckbälle.
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„Das wichtigste in diesem Sport ist die Koordination“, glaubt der Trainer. Die besten Eckbälle kann Kapitän Stefan Möll schlagen – mit einer schwungvollen Drehung des Rollstuhls. „Ich liebe es einfach Tore zu schießen und zu verteidigen“, erzählt Olga. Am liebsten spiele sie auf der Außenbahn, wechsle sich aber mit dem Spieltrainer auch als Torhüter ab. Erstere Position liebt auch Nia, die Jüngste im Team: „Ich habe hier im Verein schon Hockey gespielt. Als vor zwei Jahren die Mannschaft gegründet wurde, war ich direkt dabei.“ Es sei die Bewegung, die am meisten Spaß mache – und natürlich auch, Teil einer Mannschaft zu sein, findet die Elfjährige.
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