Schwetzingen. Einen solchen Andrang hat Harald Lauenstein noch nicht erlebt. „Wir haben bei 60 Leuten aufgehört zu zählen“, berichtet der Kassier des Snooker Club Heidelberg. Und auch, was die „Nachakquise“ angeht, hat sich die Teilnahme am bundesweiten Tag der offenen Tür unter dem Motto „Deutschland spielt Snooker“ gelohnt. Mindestens fünf Anträge auf Neumitgliedschaft liegen vor. „Die kommende Woche ist ausgebucht mit Probetraining“, berichtet Lauenstein. Für den Club in der Scheffelstraße mit aktuell 40 Mitgliedern ist das ein klares Indiz: Die Randsportart Snooker hat nichts von ihrer Faszination verloren und erfreut sich einer wachsenden Fangemeinde.
Allerdings ist die Zugangshürde denkbar hoch. Selbst erfahrene Poolbillard-Spieler hätten nach der ersten Euphorie schon entnervt aufgegeben, erzählt Mitglied Sabine Schlüter, die den Tag der offenen Tür organisiert hat. „Im Fernsehen bei den Profis sieht das alles so einfach aus“. Sie weiß, wovon sie spricht, hat vor acht Jahren ihre Leidenschaft für den Präzisionssport entdeckt und trainiert mittlerweile bis zu viermal in der Woche. „Man muss viel üben, um besser zu werden“, sagt sie.
Für die Anfänger ging es beim Snooker-Aktionstag darum, den weißen Spielball überhaupt erst mal quer über den Tisch zu spielen
Für viele der neugierigen Gäste beim Tag der offenen Tür ging es erst einmal darum, die pure Dimension des Snookertisches kennenzulernen. 35 Quadratmeter Stellfläche pro Tisch sind erforderlich, wobei anderthalb Meter rundherum frei sein müssen. Nicht nur die Kugeln sind kleiner als beim normalen Billard, auch die engen Taschen verzeihen kaum Zielungenauigkeiten. Je nach Kenntnisstand hatten die Mitglieder unterschiedliche Übungen vorbereitet. Für die Anfänger ging es darum, den weißen Spielball überhaupt erst mal quer über den Tisch zu spielen. Sabine Schlüter fand es erfreulich, dass sich auch viele Frauen trauten, den Queue in die Hand zu nehmen.
Zu den Gästen beim Tag der offenen Tür zählten auch Jörn Bulert und sein 17-jähriger Sohn Mika aus St. Leon-Rot. Sie waren übers Internet auf die Veranstaltung aufmerksam geworden. „Ich habe vor 30 Jahren schon mal gespielt und wollte das mal ein bisschen regelmäßig machen und trainieren“, erzählt Bulert. Nach ein paar Tipps von den Vereinsspielern habe es auch schon ganz gut funktioniert, „aber es ist natürlich noch viel Potenzial nach oben“. Für Sabine Schlüter ist das genau die richtige Einstellung. Eben mal den Tisch abräumen wie beim Poolbillard ist nicht. „Snooker braucht Geduld und Demut“, sagt sie, aber je mehr man könne, umso mehr Spaß mache es auch.
Der Snooker Club Heidelberg spielt in der höchsten Spielklasse in Baden-Württemberg
Der Snooker Club Heidelberg hat die Saison in der Oberliga, der höchsten Spielklasse in Baden-Württemberg, mit einem vierten Tabellenplatz abgeschlossen. Darüber kommt dann schon die zweite Bundesliga. Das Niveau gerade im Südwesten sei enorm hoch, berichtet Lauenstein. Stuttgart und Heilbronn seien die Leistungsstützpunkte. „Die haben natürlich ganz andere Voraussetzungen“. Karlsruhe sei auch unheimlich gut, doch die seien gerade abgestiegen. „Mit denen werden wir uns dann in der nächsten Saison duellieren.“
Mit Frank Schröder, dem mehrfachen Deutschen Seniorenmeister und Bundesjugendtrainer, steht dem Verein ein erfahrener Snookercoach zur Verfügung. Bei ihm findet einmal im Monat das Training für die aktiven Vereinsspieler statt. Über www.snookertrainer.de können bei ihm aber auch individuelle Trainingseinheiten gebucht werden. Neben der richtigen Stoßtechnik und dem Positionsspiel gibt der studierte Sportpsychologe auch Tipps, wie man sich mental für das Spiel gut aufstellt, denn Snooker erfordert absolute Präzision, da rächt sich jede Unachtsamkeit mit Fehlstößen.
Parallel zum Tag der offenen Tür fand übrigens das Finale der Snooker-Weltmeisterschaft im legendären Crucible-Theater in Sheffield statt. Dem beliebten britischen Profispieler Ronnie O‘Sullivan blieb sein achter WM-Titel leider verwehrt. Er verlor im Halbfinale gegen den 28-jährigen Zhao Xintong aus China, der sich im Finale mit 18:12 gegen den Waliser Mark Williams durchsetzte und sich somit zum ersten asiatischen Snooker-Weltmeister krönte. Vorausgegangen war allerdings eine 20-monatige Spielsperre wegen unerlaubter Spielabsprachen. Auch der Snookersport ist nicht frei von Skandalen. Der aktuell beste deutsche Snooker-Spieler ist Lukas Kleckers. Der Essener gehört genauso wie Bundestrainer Thomas Hein zum fünfköpfigen Expertenteam, das im TV-Sender Eurosport die Profiturniere in aller Welt mitmoderiert.
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