Schwetzingen. Die Kleinsten der Minimäuse waren gerade auf der Welt, als zum letzten Mal eine Prunksitzung der Schwetzinger Carneval-Gesellschaft (SCG) über die Bühne ging. Das war am 15. Februar 2020. Danach war auch das karnevalistische Leben auf Eis gelegt. So war es am Samstagabend im Lutherhaus ein echter Neustart nach fast exakt drei Jahren Zwangspause, auf den vor allem die Aktiven lange hingefiebert haben.
„Das war für uns alle eine schwere Zeit, jetzt ist es wieder vorbei“, freute sich Präsident Peter Lemke – und alle Protagonisten auf der Bühne teilten diese Freude sichtlich. Bei der Bevölkerung scheint die Sehnsucht nach der Fasnacht allerdings nicht so groß zu sein: Denn die Besucherresonanz blieb deutlich hinter der vergangener Jahre zurück. Der Lutherhaus-Saal war abgeteilt, so war immerhin alles kompakt zusammen. Und diejenigen, die gekommen waren, erlebten einen unterhaltsamen und stimmungsvollen Abend – mit Höhen und Tiefen.
Für die Höhen waren zum großen Teil die SCG-eigenen Aktiven verantwortlich. Sichtlich nervös waren Gardetrainerin Lisa-Maria Ramm sowie ihre Mutter und Gardeministerin Annemie samt der anderen Betreuerinnen vor den Auftritten ihrer Schützlinge. Denn diese hatten zwar in den vergangenen Wochen schon einige Turniere bestritten, aber die Prunksitzung ist immer etwas ganz Besonderes – und für viele war es eben die Premiere oder die Neuauflage nach langer Pause. Und eines vorweg: Es ist allen hervorragend gelungen! Bei den Auftritten der Solisten, Paare und Garden war jeder für sich ein Höhepunkt im Programm – lautstark gefeiert von den Eltern und Familien im Publikum.
Schwetzinger Carneval-Gesellschaft: Viel im Training gelernt
Den Anfang machten wie erwähnt die goldigen Minimäuse im Alter zwischen drei und sechs Jahren, die zeigten, was sie unter Trainerin Celina Dürr gelernt hatten – als spielerische erste Hinführung zum Gardetanz. Wie das weitergehen kann, führten die Größeren der Jugendgarde (sechs bis zehn Jahre) sowie vor allem das Jugendtanzpaar Melina Espinosa (9) und Alessio Flaccavento (10) und das Juniorentanzpaar Lugina Ghizzoni und Can-Luca Weidner (13) eindrucksvoll vor. Beide SCG-Duos sind bereits für die süddeutschen Meisterschaften qualifiziert, verkündete der Sitzungspräsident stolz. Ihr Debüt bei der Prunksitzung gab Lea Karl (16) sowohl als akrobatisch versiertes Aktivenmariechen wie im Duett mit dem langjährigen SCG-Aushängeschild Marvin Keck (22). Schließlich beeindruckte die Kurfürsten- und Schlossgarde gleich zweimal – mit dem Marsch- und dem Schautanz. Alle zeigten, dass sie während der langen Pause hart trainiert hatten.
Die Büttenredner hingegen schien die lange Corona-Pause nur teilweise kreativ befruchtet zu haben – zumindest diejenigen, die am Samstagabend bei der SCG zu Gast waren. Denn es gelang ihnen nur ansatzweise, das Publikum zu begeistern. Horst Siegholt und Pit Karg – immerhin zwei Größen der Mainzer Fasnacht – kamen als Herr Filzbacher und Dr. Fred von der Flachzange. Letzteres war mancher Witz auch: „Wusstest du, das es auf den Kanarischen Inseln keine Kanarienvögel gibt?“, fragte der eine. Und er andere antwortete: „Das ist wie auf den Jungferninseln – da gibt es auch keine Kanarienvögel.“ Filzbacher will auch mit dem Trinken aufhören: „Aber ich schwanke noch.“
Toni Pascarella berichtete von der Polizeikontrolle, bei der seine Schwiegermutter von den Beamten gefragt wurde, ob er immer so aggressiv sei: „Nää, nur wenn er gsoffe hat.“
Auch Manfred Baumann, als „Mann mit dem Koffer“ in der Fasnacht der Region bekannt, widmete sich der Schwiegermama, die er sogar mit auf eine Kreuzfahrt genommen habe – wegen des Mottos der Reederei: „Werfen Sie ihre Sorgen über Bord.“ Verstorben sei sie schließlich beim Einkaufen im Supermarkt. „Lidl lohnt sich“, schmunzelte er angesichts der stolzen Erbschaft.
Als Letzter stieg Protokoller Alexander Fleck in die Bütt, bei dessen durchaus pointierten und ziemlich aktuellen Vortrag Teile des Publikums nicht mehr richtig zuhörten. Er schlug vor, die Fußballnationalmannschaft durch den Elferrat zu ersetzen: „Schlechter däde die es aa net mache.“ Politisch wurde er auch: „Für Christine Lambrecht reicht ein Satz: Die Frau war völlig fehl am Platz.“
Schwetzinger Carneval-Gesellschaft: Claudio Glässer macht Party
Das galt für die musikalischen Protagonisten des Abends nicht: Denn sie brachten Schwung in die Bude. Im Falle der „3 Prinzen“ schon recht früh am Abend. Für Stefan Rinklef war es sogar ein Heimspiel: Denn der Ur-Schwetzinger hat seine Fasnachtskarriere bei der SCG begonnen, ist aktueller Churfürst und Vizepräsident des Vereins – und war wie seine beiden Sängerkollegen Roberto Troncone und Stefan Hoock zwischen 2004 und 2007 Mannheimer Stadtprinz – deshalb auch die „3 Prinzen“, die mit Partyhits wie „Hulapalu“ oder „Cordula Grün“aufwarteten.
Und wie nicht anders zu erwarten, kam der Stimmungshöhepunkt zum Schluss: Der Brühler Claudio Glässer („Habt ihr Bock, so richtig die Sau rauszulassen?“) brauchte nicht lange, um das Publikum auf die Tische und per Polonaise durch den Saal zu treiben – gemeinsam mit „Leyla“ oder der „Schwarzen Natascha“. Der 35-Jährige, seit Jahren einer der Stimmungsgaranten auf den Prunksitzungsbühnen der Gegend, freute sich sichtlich, dass die lange Fasnachtspause ein Ende hatte. Bleibt zu hoffen, dass dies anhält und die kleinen Minimäuse bei der nächsten Prunksitzung nicht schon in der Grundschule sind.
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