Schwetzingen. Die Entscheidung ist gefallen: Der Gebäudekomplex des Rothacker’schen Hauses wird saniert und umgebaut – allerdings in einer deutlich bescheideneren Version als geplant (wir berichteten). Die Kostenexplosion auf 21 Millionen Euro führte zu diesem Umdenken. Wir haben im Nachgang der Gemeinderatssitzung noch einmal viele wichtige Punkte rund um dieses Projekt zusammengefasst.
Was wird alles im zukünftigen Rothacker’schen Haus untergebracht?
Die Tourist-Information, das städtische Museum mit der historisch-stadtgeschichtlichen Dauerausstellung, einer Dauerausstellung zu den Themen Spargel und Musikfestivals, einer Wechselausstellungsfläche sowie ein Museumspädagogikraum im Dachgeschoss.
Was wurde gegenüber den ursprünglichen Entwürfen gestrichen?
Gastronomie, Vollausbau von Dach- und Kellergeschoss (war unter anderem für Vereine gedacht), hochtechnisierte und -klimatisierte Räume für Dauer- und Wechselausstellungen mit hochsensiblen Exponaten sowie Büroflächen für das Kulturamt. Die Nutzfläche wurde von rund 2000 auf knapp 900 Quadratmeter reduziert.
Was ist der Vorteil, wenn die Tourist-Information von der Dreikönigstraße ins Rothacker’sche Haus umzieht?
Die Stadt spart die derzeit anfallenden Mietkosten. Außerdem entstehen durch die Konzentration des Personals an einem Standort Synergieeffekte. Ein Standortvorteil im Vergleich zur Dreikönigstraße sei allenfalls für solche Besucherinnen und Besucher zu erkennen, die mit dem Auto oder Bus anreisen und auf dem alten Messplatz parken, merkte Dr. Michael Rittmann (Bündnis 90/Die Grünen) in der Gemeinderatssitzung an.
Wie hoch sind die Kosten nach den derzeitigen Schätzungen?
Die Stadt hat die Kosten derzeit auf 11,5 Millionen Euro inklusive Mehrwertsteuer angesetzt.
Wie soll das finanziert werden?
Ausschließlich aus den städtischen Rücklagen. „Die jüngsten Gebührenerhöhungen sind dem neuen Haushaltsrecht geschuldet und haben nichts mit der Finanzierung zu tun“, betonte Ulrich Renkert (CDU) ausdrücklich.
Was gibt es an Zuschüssen und Förderungen?
Insgesamt zwei Millionen Euro der gesamten Investitionskosten werden im Zuge des Förderprogramms „Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur“ durch den Bund übernommen. „Diese Fördersumme wurde durch ein breites Bündnis aus Vertretern der Bundes- und Landespolitik, der Metropolregion Rhein-Neckar und den großen Museen der Region in Mannheim, Heidelberg und Speyer erst möglich“, teilt Oberbürgermeister Dr. René Pöltl mit. Rund 520 000 Euro kommen zudem von der Tourismusförderung des Landes Baden-Württemberg.
Was ist, wenn die Kosten erneut steigen, was nicht unwahrscheinlich ist?
Nahezu alle Fraktionen brachten zum Ausdruck, dass sie das genau im Auge haben werden. Dr. Michael Rittmann sagte etwa dazu: „Sollte sich während der weiteren Planungsphase erneut eine Kostenexplosion abzeichnen, muss der Gemeinderat frühzeitig informiert werden, um notfalls das Projekt stoppen zu können.“
Was sagt Projekt- und Museumsleiter Lars Maurer zu dem nun deutlich abgespeckten Projekt?
Er sieht trotzdem in der Sanierung und Neunutzung des Rothacker’schen Hauses eine große Chance: „Eine Sanierung des Karl-Wörn-Hauses hätte viele Millionen verschlungen, ohne an den gegebenen Standortnachteilen etwas zu ändern. Das Rothacker’sche Haus hingegen ist für eine museale Nutzung geradezu prädestiniert. Mit dem Auszug des Museums aus dem Karl-Wörn-Haus kann dieses künftig den notwendigen Bedarf der Vereine sowie neue Raum-erfordernisse durch ein etwaiges Ganztagesangebot an der Südstadt-Grundschule abdecken.“
Haben die Fraktionen noch Wünsche für die Sanierung und den Umbau?
Die Grünen legen Wert darauf, dass in Abstimmung der der Denkmalschutzbehörde eine Photovoltaikanlage installiert wird.
Kann man irgendetwas zu Baubeginn und -oder Fertigstellungstermin sagen?
Derzeit befindet sich die Planung in der Phase zwischen Vorentwurf und Entwurf. „Wir planen Ende 2022 eine Genehmigungsplanung, das heißt den Bauantrag stellen zu können“, teilt Bürgermeister Matthias Steffan auf Anfrage unserer Zeitung mit. In einem weiteren Schritt folge dann die Ausführungsplanung (Detailplanung mit Elektro, Wasser, Brandschutz, Statik). Diese werde etwa zwölf Monate in Anspruch nehmen, sodass die Stadt ab November 2023 in die Bauausführung gehen will. Zuvor müssen natürlich die Gewerke öffentlich ausgeschrieben werden. „Wenn wir im Baugewerbe und in den Lieferketten keine weiteren Probleme mit Engpässen und Ausfällen wie bisher zu verzeichnen haben, könnte eine Fertigstellung Ende 2025 ins Auge gefasst werden, auch mit Blick auf den Förderzeitraum des Bundesantrages“, lautet Steffans Prognose.
Welche ortshistorische Bedeutung hast das Rothacker’sche Haus?
Der Gebäudekomplex wurde von Bierbrauer Johann Georg Seitz zwischen 1832 und 1850 als Teil seiner Brauerei errichtet. Aus der Seitz’schen Brauerei wurde 1889 dann die „Brauerei zum Zähringer Löwen AG, Schwetzingen“. In diesem Zuge wurde auch das Gebäudeensemble umgebaut. 1907 fusionierte schließlich die „Brauerei zum Zähringer Löwen AG“ mit der „Ritterbrauerei“, was zur Auflösung des Brauereistandorts an dieser Stelle führte. Die Stadt erwarb das Gelände samt Gebäude im Jahr 1920 und veräußerte das Gebäude 1921 an den Schreiner Adolph Rothacker, der dort seine Werkstatt einrichtete. 1930 starb Rothacker, das Gebäude wurde schließlich 1984 an die Stadt Schwetzingen verkauft. Zuletzt wurde es als Lager genutzt.
Warum wurde das Projekt nicht komplett gecancelt?
Das Haus hätte trotzdem teuer saniert werden müssen, denn ein Abriss wäre vermutlich von der Denkmalschutzbehörde nicht genehmigt worden. Außerdem wären die bisherigen Investitionen in die Planungen „in den Sand gesetzt worden“, wie Ulrich Renkert anmerkte. Zudem würden weitere hohe Kosten entstehen, wenn das sanierungsbedürftige Karl-Wörn-Haus doch wieder als Museum genutzt werden sollte und nicht für Vereine und vor allem für eine zu erwartende Erweiterung der Südstadtschule.
Was passiert auf dem benachbarten Grundstück der ehemaligen Spargelgenossenschaft?
Auf diesem seit nahezu 30 Jahren brachliegenden Areal errichtet die Schwetzinger Wohnungsbaugesellschaft (SWG) ab 2023 zwei Häuser in Holzbauweise mit 15 barrierefreien Wohnungen.
Was geschieht mit dem Alten Messplatz?
Er soll auch umgestaltet werden. Diese Kosten sind aber in der Kalkulation für das Rothacker’sche Haus nicht enthalten. Bei der Umgestaltung soll die unbefriedigende Einfahrtssituation verbessert und auch über eine Neuordnung der Busparkplätze nachgedacht werden. Die Grünen wünschen sich eine „ökologischen Verbesserung“. Das heißt: Den Boden entsiegeln, die alten Bäume erhalten und neues Grün pflanzen.
Was passiert mit dem Karl-Wörn-Haus nach derzeitigen Planungen?
Aller Voraussicht nach wird es für die Südstadtschule benötigt, etwa für eine Mensa, wenn die verbindliche Ganztagesbetreuung kommt und spätestens, wenn das Neubaugebiet „Schwetzinger Höfe“ (bisheriges Pfaudler-Gelände) bewohnt ist. „In Teilen wollen wir es aber auch den Vereinen zur Verfügung stellen“, sagte Oberbürgermeister Pöltl in der Gemeinderatssitzung am Mittwoch. Darauf hatte zuvor auch Simon Abraham besonders hingewiesen und eine klaren Perspektive für die Vereine gefordert: „Dies darf durch die Neuplanung auf keinen Fall unter den Tisch fallen und war eine wesentliche Bedingung für unsere Zustimmung.“ In seiner Funktion als Vorsitzender der IG Vereine habe er da schon vor Monaten einen Prozess angestoßen.
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