Finissage

Rückblende auf „Toleranz 2.0.“ von Cemile Camci in Schwetzingen

„Toleranz 2.0.“ von Cemile Camci in der Orangerie löst Diskussionen und Emotionen aus – eine Rückblende

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Cemile Camci
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Die Porträts der Abgebildeten laden die Besucher auch zur Finissage zum Nachdenken an. © Camci

Die zu Ende gegangene Ausstellung „Aktiontoleranz 2.0“ in der Orangerie des Schlossgartens Schwetzingen habe ein durchweg positives Echo bekommen, vor allem habe sie für Emotionen gesorgt. „Ich hatte viele Gespräche mit Besucherinnen und Besuchern, die sehr betroffen waren“, berichtete die Künstlerin Cemile Camci. In ihrer Ausstellung waren zwei Wochen lang Porträts von 83 Menschen zu sehen, die sich mit den Themen Toleranz, Respekt und Meinungsfreiheit beschäftigten. Cemile Camci hat früh festgestellt, dass es mit der Streitkultur in Deutschland nicht mehr zum Besten steht und demokratische Werte mittlerweile auf tönernen Füßen stehen. Die aufrichtige Diskussion, bei der es einen Raum zwischen richtig oder falsch gibt, „ist uns verloren gegangen“. Die Menschen trauen sich nicht mehr, offen ihre Meinung zu äußern, so die Heidelbergerin in einer Pressemitteilung.

Deshalb wolle sie Mut machen zu Toleranz und einer Offenheit, sagte sie jetzt nach der Ausstellung, die jeden Tag von 50 bis 100 Menschen besucht wurde. Der ehrgeizige Plan könnte aufgegangen sein, denn in den Gesprächen mit den Besuchern bemerkte sie, dass viele regelrecht schockiert waren über die ungute Entwicklung der Streitkultur der letzten Jahre, die geprägt waren von Pandemie, Klimawandel und Ukraine-Krieg. Die Bereitschaft, die Meinung von anderen zu respektieren, sei in dieser Zeit dramatisch zurückgegangen. Ein älteres Ehepaar habe mit Tränen in den Augen berichtet, dass es mittlerweile sich nicht mehr traue, offen über Ansichten zu sprechen, aus Angst gleich in eine Ecke gedrängt zu werden.

Erinnerung an die Grundpfeiler

Es gab auch Besucher, die Cemile Camci dafür dankten, dass sie das Thema mutig angepackt hat. Es sei ihnen erst durch die Ausstellung klar geworden, dass sie anderen Unrecht getan haben, vor allem in den letzten zwei Jahren. Die Veranstaltung habe sie wieder daran erinnert, welche Grundpfeiler für eine Demokratie nötig seien. Geschwister, die sich während der Pandemie zerstritten hatten, seien gemeinsam in die Orangerie gekommen. Solche Momente waren für die Künstlerin „berührende Momente“.

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Im Gästebuch bedankten sich Besucher „für die sensible Sicht auf die Dinge und die hohe Ästhetik“ und die Inspiration sowie Eindrücke, „die zum Weiterdenken anregen“ und damit an die Eigenverantwortung. Es gebe eine „Sehnsucht, neu anzufangen“, hörte Cemile Camci aus den Gesprächen heraus. Man dürfe „so nicht weitermachen“. Grundsätzlich hätten die Besucher das Bedürfnis verspürt, mit der Künstlerin über das zu reden, was sie bewegt, heißt es in der Pressemitteilung.

Das Projekt „Toleranz 2.0“ soll fortgesetzt und eine virtuelle Galerie eigens dafür geschaffen werden, um das Projekt auch überregional vorzustellen und weiterzuführen. Auch denkt sie darüber nach, einen literarischen Nachklang zu erstellen, in denen die Begegnungen während des Projektes Aktiontoleranz 2.0. Das vorgesehene nächste Projekt soll vor allem Jugendliche ansprechen. Cemile Camci teilte mit, dass sie noch auf der Suche nach Sponsoren ist, um die Weiterführung des Projektes zu ermöglichen. Vielleicht finden sich Menschen, denen das Thema ebenso wichtig ist. zg

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