Schwetzingen. In der Spargelstadt wird nicht nur gern Kunst gezeigt, sondern auch darüber gesprochen. Dass dem so ist, bewies der Kunstverein (KV) erneut bei seiner jüngsten Veranstaltung. Denn schon zum dritten Mal hatte er zum Kunststammtisch ins Welde Brauhaus in der Mannheimer Straße geladen – und zahlreiche Besucher waren gefolgt. Als „Top Act“ vom Verein angekündigt, hatte er mit dem bekannte Kunsthistoriker Wolfgang Schröck-Schmidt als Gastreferent nicht zu viel versprochen.
Mit einem Vortrag zum 300. Geburtstag des Kurfürsten Carl Theodor, genauso untrennbar mit Schloss Schwetzingen verbunden wie er selbst, begeisterte der Experte nicht nur mit großem Fachwissen, sondern auch mit einer besonders lebendigen Darstellung der Schlossgeschichte sowie der Ränkespiele und amourösen Geschichten der Adeligen von einst.
Patricia Hempel vom KV brachte ihre Freude über den großen Anklang des neuen, dreimal im Jahr stattfindenden Formats zum Ausdruck, als sie die Stammtischbesucher herzlich begrüßte, auf Veranstaltungen hinwies und sich für eine größere Zuwendung bedankte.
„Die Dame hatte sich zum Geburtstag Spenden an den KV gewünscht“, so Hempel, die mit einem Augenzwinkern ergänzte: „Das ist großartig und es wäre toll, wenn es Nachahmer gebe.“ Referent Schröck-Schmidt meinte zur Begrüßung launig: „In meinem Vortrag geht es um das Schloss Schwetzingen. Worum anderes sollte es bei mir sonst gehen? Ich fange kurz nach dem Homo Heidelbergensis an.“
Im Jahr 1350 habe es die erste urkundliche Erwähnung des Schlosses gegeben, damals noch eine wehrhafte mittelalterliche Festung. Er verriet: „Das Besondere ist, dass alles noch da ist. Das war so eine Eigenart. Da wurde nichts abgerissen, sondern es kam immer mehr dazu, auch wenn es oft abbrannte, was in der Hauptsache jedoch nur die hölzernen Decken und Böden betraf.“ Am Anfang hätte Pfalzgraf Ruprecht I. gestanden, aber so richtig los sei es erst mit der Renaissance gegangen: „Schon um 1500 fand viel Schlossbetrieb statt. Der Kurfürst kam zum Entspannen hierher und ging, unter anderem, auf Bärenjagd im Ketscher Wald. Zwischen Heidelberg und Mannheim gelegen, konnte man sich hierher zurückziehen, wo man seinen Spaß hatte.“
Der Experte resümierte: „Es war das ,Camp David’ dieser Zeit. Selbst Merian, der sonst eigentlich jedes ‚Käsekaff‘ gezeichnet hat, machte bei Schwetzingen eine Ausnahme“ – auf den berühmten, nur wenigen Personen zugänglichen Rückzugsort der US-Präsidenten anspielend. Auf Kurfürst Carl Philipp, der sich 1720 durch Verlegung der Hauptresidenz nach Mannheim bei den Heidelbergern und bei der ganzen Bevölkerung mit einer verhassten Schlossbausteuer unbeliebt gemacht habe, sei Carl Theodor gefolgt.
Umkrempelung hat sich gelohnt
Die Vermarktung der „Marke Carl Theodor“ sei in die aktuelle Zeit konsequent verfolgt worden, auch wenn die Umkrempelung des Schlosses Schwetzingen „von 19. auf 18. Jahrhundert“ zuerst alles andere als auf Gegenliebe gestoßen sei. Doch es habe sich gelohnt, wie man heute sehe. Und es sei viel Aufwand nötig gewesen, denn zeitgenössisches Mobiliar und Ausstellungsstücke habe man zu einem guten Teil erst wieder beschaffen müssen.
Viele spannende Details später leitete Schröck-Schmidt zur Diskussion über, aber nicht, ohne dass der mit über 8000 Führungen extrem erfahrene Schlossführer einen Ausblick in die Zukunft gab, auch aktuelle Herausforderungen aufzuzeigend: „Wir denken über eine Ausbau des ‚Living History‘-Konzepts nach. Prinzipiell stellen wir uns auch oft Fragen wie die, welche Darstellung zeitgemäß ist oder ob wir wirklich einen ‚digitalisierten Carl Theodor‘ brauchen.“ Über die vergeblichen Versuche, in die Liste des Unesco-Weltkultuerbes aufgenommen zu werden, meinte der Experte: „Wir können auch gut ohne leben. Und man bedenke: da konkurrieren wir mit Bauten wie dem Taj Mahal.“
Es folgte eine lebhafte Diskussion, bei der sich zeigte, dass manche Themen nicht totzukriegen sind, wie die über Peter Lenks Kunstwerk „Glücksschwein von Schwetzingen“, das noch derart polarisiert, dass eine Teilnehmerin sogar dessen Entfernung forderte, was viele jedoch nicht zu unterstützen schienen. Stammtischbesucher Thomas Seifert aus Wiesbaden, seit 2019 in Schwetzingen, gefiel sowohl die Veranstaltung als auch deren Format. Er lobte: „Spannend dargestellte Historie und Diskussion. Gerne wieder.“
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