Spargelsamstag (mit Video)

Schwetzingen und Karlshuld haben jetzt eine gemeinsame Ausstellung

Bei der Vernissage am Rande des Spargelsamstags bekam Linni Heimburger die Verdienstmedaille der Stadt für ihr Engagement um die Partnerschaft der beiden Kommunen verliehen.

Von 
Volker Widdrat
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Im Frühjahr 1802 verließen Johannes Räppel (Räpple), Gottfried Kober und Joseph Zentmeyer (Centmeyer) mitsamt ihren Familien Schwetzingen, um im bayerischen Donaumoos einen Neuanfang zu wagen. Begleitet wurden sie von Joseph Ziegler und seiner Familie aus Plankstadt sowie von Leonhard Scholl und dessen Braut aus Wieblingen. Für insgesamt 22 Personen sollte die Niederung zwischen Neuburg an der Donau, Ingolstadt und Schrobenhausen eine neue Heimat werden. Sie gründeten das Dorf Neuschwetzingen.

An die Ereignisse vor 220 Jahren und die Geschichte der Städtepartnerschaft mit Karlshuld erinnert die Open-Air-Wanderausstellung „Von Schwetzingen nach Neuschwetzingen“, die am Spargelsamstag auf dem Platz der Freundschaft im Hebelpark eröffnet wurde und deren Bildtafeln dort bis zum 8. Juli zu sehen sind. „Eure und unsere Vorfahren haben keine einfache Zeit gehabt“, meinte Oberbürgermeister Dr. René Pöltl mit dem Blick auf die damaligen Lebensumstände und die Hoffnung auf ein besseres Leben, welche die Auswanderer dazu bewogen, der Kurpfalz den Rücken zu kehren.

Lokales

Die Blaskapelle Karlshuld spielt bei der Vernissage

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Fast 200 Menschen

Im April 1802 erreichten 40 Familien mit insgesamt 192 Personen das Donaumoos. Darunter die Genannten aus Schwetzingen und Umgebung, die den Umzug nach Bayern mit Ross und Wagen machten. Die Blaskapelle Karlshuld unter Dirigent Christian Mattes leitete die Vernissage unter dem blauweißen Himmel musikalisch ein. Die Verbindung zwischen Schwetzingen und Karlshuld möge weiterhin eine glückliche Freundschaft bleiben, rief Pöltl den Gästen zu.

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Stadtarchivar Joachim Kresin führte in die Zeitreise über zwei Jahrhunderte Geschichte ein. Im Donaumoos waren nach der Trockenlegung des Niedermoors große landwirtschaftliche Flächen entstanden, die ab 1797 von Neusiedlern bewirtschaftet werden konnten. Die Anwerbung von Kolonisten erfolgte innerhalb des seit 1777 vereinigten Kurfürstentums Pfalz-Bayern und insbesondere in der von Kriegen heimgesuchten Kurpfalz. Unsere Region war in den Koalitionskriegen mit Frankreich ab 1793 Kriegsschauplatz. Französische Truppen besetzten die linksrheinischen Gebiete, das Schwetzinger Schloss diente als Hauptquartier des österreichischen und kurpfälzischen Heeres, schilderte Kresin die „gefährliche Zeit“ für die Auswanderwilligen aus der Kurpfalz. Im Gegensatz zur alten Heimat erwarteten die Auswanderer im Donaumoos gänzlich andere Bodenverhältnisse. Die ehemaligen Moorböden boten günstige Bedingungen für die Anlage von Wiesenflächen, wovon in erster Linie die Viehzucht profitierte.

„Heute sind wir eine boomende Region rund um Ingolstadt“, erzählte Karlshulds Bürgermeister Michael Lederer von der wirtschaftlichen Entwicklung. Die Energiewende und der Klimaschutz stünden in Karlshuld ganz oben auf der Prioritätenliste. Mit dem Projekt „Energie und Wasserstoff für Karlshuld“ möchte man eine Modellgemeinde für den Arten-, Umwelt- und Klimaschutz werden. Grüner Wasserstoff als Energielieferant und das Aufstellen von Photovoltaik-Freiflächen sollen künftig eine klimaneutrale Versorgung gewährleisten. „Die Auswanderer haben ein unsichtbares Band von Schwetzingen ins Donaumoos mitgenommen“, sagte Lederer. Nächstes Jahr soll auf den Kleinen Planken noch ein zünftiger Maibaum aufgestellt werden.

Besondere Ehrung

„Wem Gott will rechte Gunst erweisen“ spielte die Blaskapelle, bevor die Vernissage zu einer ganz besonderen Ehrung überging. Die Ausstellung erzählt auch von der „zufälligen“ Wiederentdeckung Neuschwetzingens in den 1980er Jahren und der Begründung einer offiziellen Städtepartnerschaft 2018. Erste Versuche, die Verbindung zwischen Schwetzingen und den Nachfahren der Aussiedler wiederzubeleben, reichen bis 1939 zurück.

Am 12. Juli 1988 kam aber richtig Bewegung in die Beziehungen, als die Schwetzingerin Linni Heimburger gemeinsam mit ihrem Ehemann Werner auf einer Fahrradtour entlang der Donau zufällig das Ortsschild von Neuschwetzingen entdeckte und in der Folge die Kontakte gemeinsam mit dem Schwetzinger Otto Thielemann und dem Karlshulder Siegfried Schäfer wiederbelebte. Seit der 200-Jahrfeier von 2002 schmückt den Maibaum in Neuschwetzingen ein maßstabsgetreu nachgebautes Modell des Schwetzinger Schlosses. Der damalige Oberbürgermeister Bernd Kappenstein hat wesentlich dazu beigetragen, dass diese Freundschaft heute so gefeiert werden kann.

Glückwünsche der Königinnen

„Karlshuld und Schwetzingen sind heute eins, dabei haben Sie die entscheidende Rolle gespielt“, ehrte OB Pöltl Linni Heimburger mit der Verdienstmedaille der Stadt. Die einstimmige Entscheidung des Gemeinderats rührte die 91-Jährige zu Tränen. Kappenstein, Lederer und Pöltl gratulierten ihr herzlich. Glückwünsche kamen auch von Spargelkönigin Anna I. und Karlshulds Rosenkönigin Stefanie I. sowie von den Vertretern des Gemeinderats.

Eine Bürgerreise der Freien Wähler Vereinigung anlässlich des Karlshulder Rosenfestes und der Neuwahl der Rosenkönigin hatte die Verbindung 2014 wieder aus dem Dornröschenschlaf geweckt, so dass schließlich 2018 die Städtepartnerschaft offiziell besiegelt werden konnte.

Die Bewahrung der gemeinsamen Geschichte sowie die gegenseitige Teilnahme an Veranstaltungen und die Förderung von Bürgerbegegnungen stehen für beide Kommunen ganz oben auf der Agenda. Mit dem benachbarten Schrobenhausen ist für dieses Jahr ein kommunaler Klima-Tag in Karlshuld geplant.

Die Ausstellung „220 Jahre: Von Schwetzingen nach Neuschwetzingen. Geschichte, Städtepartnerschaft, Klimawandel“ ist bis 8. Juli auf dem Platz der Freundschaft zu sehen, anschließend vom 23. Juli bis 30. September auf dem Schwetzinger Platz in Karlshuld.

Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

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