„Talent Instrument“

Schwetzingen und seine Orgeln bieten klangvollen Rundgang

Drei Orgeln in der Stadt Schwetzingen rücken in den Blickpunkt eines besonderen Spaziergangs.

Von 
Maria Herlo
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Dr. Markus Uhl spielt auf der Orgel in St. Pankratius die Sonata I op. 65 von Felix Mendelssohn Bartholdy. © Dorothea Lenhardt

Schwetzingen. Das Motto am Tag des offenen Denkmals, der bundesweit begangen wurde, lautete „Talent Monument“. Schwetzingen jedoch richtete den Scheinwerfer auf die Orgel, die „Königin der Instrumente“ und wandelte dementsprechend das Motto in „Talent Instrument“ um. Zum siebten Mal in Folge bekamen die Teilnehmenden bei dieser Wanderung die Eigenart und den überwältigenden Klangreichtum des „Wunderwerks Orgel“ präsentiert. Die Organisatoren, darunter die Stadt Schwetzingen und die Forschungsstelle Hof/Musik/Stadt, hatten auf drei Stationen, Schlosskapelle, St.-Pankratius- und Stadtkirche festgelegt, wo es eine Einführung und ein kleines Konzert gab.

Die dritte Station des Orgelspaziergangs ist die evangelische Stadtkirche Schwetzingen. Kirchenmusikdirektor Detlev Helmer (r.) hält natürlich viele Details über „seine“ Orgel bereit. © Dorothea Lenhardt

Dieses Erlebnis wollten sich mehr als Hundert Teilnehmer trotz des heißen Sommertags nicht entgehen lassen. Los ging es in der Schlosskapelle, wo Kulturreferentin Dr. Barbara Gilsdorf zunächst die Anwesenden begrüßte und sich beim Anblick der dicht besetzten Stuhlreihen freudig überrascht zeigte. „Es ist zur Tradition geworden, dass am Tag des offenen Denkmals in Schwetzingen der Orgelspaziergang stattfindet“, sagte sie und gab den Parcours und das Programm bekannt.

Heinz-Georg Saalmüller spielt hier vertieft an Schwetzingens ältester Orgel. © Dorothea Lenhardt

Dr. Rüdiger Thomsen-Fürst hieß die Gäste im Namen der Forschungsstelle Hof/Musik/Stadt willkommen, als deren wissenschaftlicher Mitarbeiter er sich vorstellte. 2021 hat die Forschungsstelle die Broschüre „Kleine Schwetzinger Orgelgeschichte(n)“ herausgebracht, auch darauf wies er hin, um anschließend kurz in die Geschichte der Andreas-Ubhauser-Orgel einzuführen. Die zierliche Orgel auf der Empore der Schlosskapelle sei in vielerlei Hinsicht ein Unikat. Sie ist nicht nur die älteste Orgel Schwetzingens, sondern auch die vollständig erhaltene ihres Schöpfers, des Heidelberger Orgelbauers Andreas Ubhauser, der sie 1806 fertigstellte. Die letzte umfassende Restaurierung erfolgte 1982. Der Großteil der Orgelpfeifen besteht aus Zinn, die Tastatur aus kostbarem Ebenholz. Wie sie klingt, hat der Organist Heinz-Georg Stegmüller mit einem Programm demonstriert, das zum Charakter der Ubhauser-Orgel sehr gut passte und deren klangliche Möglichkeiten er in den zwei Sätzen aus „Voluntary D-Dur“ von Georg Friedrich Händel (1685 – 1759), des „Chaconne G-Dur“ von Johann Caspar Ferdinand Fischer (1656 – 1746) und den fünf Stücken aus den „Toggenbeurger Hausorgeltänzen“ wunderbar ausnutzte.

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In der katholischen St.-Pankratius-Kirche war es die Kulturmanagerin der Stadt, Katharina Simmert, die den Organisten, Kirchenmusikdirektor Dr. Markus Uhl, vorstellte. Der langjährige Organist der Heidelberger Jesuitenkirche trat 2023 zum ersten Mal beim renommierten „Heidelberger Frühling“ auf. Zum ersten Mal wirkte er auch beim Schwetzinger Orgelspaziergang mit. Die enorme Klangvielfalt sowie das breite dynamische Spektrum der Orgel machte Uhl mit der „Sonata op. 65“ von Mendelssohn Bartholdy (1809 – 1847) hörbar. Dabei bewies er sich als blendender Virtuose und raffinierter Klangfarbenkünstler. Das 1739 geweihte Gotteshaus verfügt über zwei Orgeln: einer Chororgel, 1967 von der Firma Weise auf der linken Empore eingebaut, und der Hauptorgel auf der hinteren Empore. Von der ursprünglichen, 1766 erbauten Orgel sind nur noch Teile des Gehäuses erhalten geblieben. Uhl erklärte der Gruppe, wie eine Orgel aufgebaut ist und wie sie funktioniert. Jeder Taste entspreche eine Pfeife, die, je nach Art der Klangerzeugung, den Labial- oder Lingualpfeifen angehören. Über das Register und diversen Pedalen kann der Organist die unterschiedlichen Klangfarben wie die von Posaunen, Trompeten, Flöten, Streichern oder Glocken erzeugen.

In Schwetzingens ältester Kirche mit jüngster Orgel stellt Dr. Markus Uhl (r.), Bezirkskantor und Kirchenmusikdirektor aus Heidelberg, das Instrument improvisatorisch vor. © Lenhardt

Mitsingen erwünscht!

Eine Besonderheit stellt auch die Orgel in der 1756 erbauten evangelischen Stadtkirche dar, die dritte Station des Orgelspaziergangs. Die Disposition der von der Firma Förster und Nikolaus aus Lich 1995 neu erbauten Orgel basiert weitgehend auf dem Entwurf des Kirchenmusikdirektors Detlev Helmer, der ihr Register anhand des Liedes „Geh aus mein Herz und Suche Freud“ präsentierte. Genau wie Uhl stellte auch er den klanglichen Reichtum der Orgel anhand konkreter Beispiele vor. Helmer vermochte nicht nur dank seiner beachtlichen Virtuosität die Zuhörer zu fesseln, sondern auch mit seinen eingeflochtenen Erklärungen. Zudem waren die Teilnehmer eingeladen, die erste und letzte Strophe von „Geh aus mein Herz …“ mitzusingen. Besonders freute Helmer, dass der Kreis der am Orgelspaziergang Interessierten von Jahr zu Jahr größer wird und dass er, da er ja Ende des Jahres in Rente geht, in Zukunft (vermutlich) als Zuhörer teilnehmen wird. Mit einem Glas Sekt im Palais Hirsch und einem Einblick in die Arbeit der Forschungsstelle Hof/Musik/Stadt, dargeboten von Dr. Rüdiger Thomsen-Fürst, ging der Orgelspaziergang zu Ende.

Freie Autorin

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