Schwetzingen. Die Jürgen Ponto-Stiftung bietet jungen Musikstipendiatinnen und -stipendiaten beim Schwetzinger Mozartfest seit drei Jahrzehnten eine Bühne. Das 30. Konzert wird am Freitag, 6. Oktober, 20 Uhr, mit drei jungen Musikerinnen bestritten, die von den Heidelberger Philharmonikern begleitet werden. Der Geschäftsführer der Stiftung, Ralf Suermann (Bild), äußert sich im Gespräch über die bisherige Entwicklung und zur Zukunft der Begabtenförderung.
Herr Suermann, die Ponto-Stiftung fördert Nachwuchskünstler aus allen Bereichen: Literatur, Bildende Kunst, Musik. Welchen Stellenwert genießt dabei die Musik?
Ralf Suermann: Als Geschäftsführer versuche ich, alle drei Bereiche gleich liebevoll zu behandeln. Zur Musik gibt es aber eine besondere Verbindung, besonders weil die Gründerin der Stiftung, Ignes Ponto, Pianistin war. Auch Jürgen Ponto stand der Musik sehr nah. So hat er, gemeinsam mit Herbert von Karajan, die Orchesterakademie der Berliner Philharmoniker gegründet. Dennoch wollen wir die Kunst in allen Bereichen ausgewogen unterstützen. In der Vergangenheit haben wir auch die Architektur und die Darstellenden Künste gefördert.
Wie kommt es zu der Entscheidung für ein bestimmtes Stiftungsprojekt?
Suermann: Grundsätzlich reagieren wir nicht auf Förderanträge. Sondern wir entwickeln eigene Förderprogramme, wie zum Beispiel das Stipendienprogramm im Bereich Musik. Wir sind auch nach 46 Jahren Fördertätigkeit überzeugt, dass es sich um ein qualitativ hochwertiges und zeitgemäßes Projekt handelt.
Inwiefern eignet sich das Mozartfest als Bühne für Stipendiaten?
Suermann: Es gibt kaum eine bessere Bühne. Für junge Musiker kommen in Schwetzingen Weihnachten und Ostern zusammen, wenn sie mit einem professionellen Orchester wie den Heidelberger Philharmonikern auftreten. Die Atmosphäre im Rokokotheater und das begeisterungsfähige Publikum sind eine ideale Kombination. Auch wenn für die Stipendiaten hin und wieder noch nicht alles hundertprozentig professionell läuft, wird das verziehen. Die Menschen freuen sich, dass sie einer wichtigen Entwicklungsstufe in der Karriere eines angehenden Musikers beiwohnen dürfen. Das macht den besonderen Reiz dieses Stipendiatenkonzerts aus.
Aber warum braucht es überhaupt Stiftungen im Bereich der Kultur? Kommt der Kultur gesellschaftspolitisch noch immer zu wenig Aufmerksamkeit zu?
Suermann: Ich frage mich vielmehr: Ist es tatsächlich Aufgabe des Staates, etwa Reisekosten zu übernehmen, wenn Musiker zu Meisterkursen oder zu ihren Lehrern reisen, wenn sie neue Noten oder neue Saiten für ihre Violine brauchen? Ab einem bestimmten Punkt einer solchen Musikerkarriere fallen immense Kosten an. Hier springt die Jürgen Ponto-Stiftung ein. Aber auch wir können nicht eine komplette Musikerlaufbahn finanzieren.
Wie ist es um den musikalischen Nachwuchs bestellt?
Suermann: Es kommt immer mehr Nachwuchs nach. Wir besuchen einmal im Jahr den Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“, um dort mögliche Anwärter für das Förderprogramm ausfindig zu machen. Wir erleben, dass der Wettbewerb größer und vielfältiger wird. Das Niveau ist in den letzten Jahrzehnten ebenso gestiegen. Doch beim Bundeswettbewerb treten etwa 2000 Teilnehmer an. Die können wir natürlich nicht alle anhören. Da spielen dann Glück und Zufall eine Rolle, wer in den Genuss einer Förderung kommt.
Ist der Berufswunsch Musiker konstitutiv für eine Förderung durch Ihre Stiftung?
Suermann: Nein. Zwar sind die Wettbewerbsteilnehmer in der Regel schon Jungstudenten an einer Musikhochschule. Aber wir fragen im Vorfeld nicht ab, ob ein potenzieller Stipendiat tatsächlich auch professioneller Musiker werden möchte.
Wie können Stiftungen in zinsarmen Zeiten noch Erträge abwerfen? Hat das Stiftungsmodell überhaupt Zukunft?
Suermann: Ja. Dank des gut angelegten Geldes kam die Stiftung auch gut durch schwierige Zeiten. Wir mussten in den vergangenen Jahren hin und wieder Förderprogramme verkleinern oder streichen. Aber die Stiftung kann aus ihrem Kapitalstock – das sind 11,3 Millionen Euro – noch immer ausreichende Erträge bilden.
Beim diesjährigen Stipendiatenkonzert konzertieren ausnahmslos Musikerinnen. Zählen Sie mehr weibliche Bewerber zu ihrem Förderkreis als männliche?
Suermann: Nein, das Verhältnis ist ausgewogen. Dass in Schwetzingen nur Stipendiatinnen musizieren, ist reiner Zufall.
Worauf können sich die Besucher freuen?
Suermann: Sie können sich auf drei junge hochbegabte und sympathische Musikerinnen freuen, die mit ihrer jugendlichen Ausstrahlung sicher einen ganz besonderen Abend kreieren werden. Durch die Kooperation mit dem Forschungszentrum Hof werden auch Stücke aus der Mannheimer Schule gespielt, die man so nicht kennt. Damit ist ein hoher Repertoirewert verknüpft.
Was kommt auf angehende Konzertmusiker zu? Werden die Formate niederschwelliger sein müssen, um auch künftig noch Menschen in Konzertsäle zu bringen?
Suermann: Ja. Das althergebrachte, klassische Konzertformat hat ausgedient. Vor allem der Vermittlungsgedanke hält stärker Einzug, beispielsweise das Gespräch von Aufführenden mit dem Publikum. Damit kann man Barrieren einzureißen. Dies betrifft den gesamten Kulturbetrieb: Hemmschwellen müssen abgebaut werden, die daran hindern, einen Konzertsaal zu betreten. Hierfür braucht es lockerere, coolere Formate.
Den Niedergang der Kultur befürchten Sie damit nicht?
Suermann: Nein. Entscheidend ist, was auf der Bühne passiert. Und dort wird immer noch eine hohe künstlerische Qualität geboten.
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