Schwetzingen. Daniel Born, SPD-Landespolitiker und Landtagsvizepräsident in Baden-Württemberg, weiß schon jetzt, dass er sich auch für die Landtagswahl 2026 für den Wahlkreis Schwetzingen aufstellen lassen möchte. Sogar noch mehr - er weiß sogar, wen er sich als seine Stellvertreterin wünscht: Sandra Reiff aus Ketsch.
Aber was konnte der Oppositionsführer in der bald auslaufenden Legislaturperiode erreichen? Wie möchte er die schwarz-grüne Regierung ablösen und mit wem würde Born dann am liebsten koalieren? Diese und weitere Fragen beantwortet der Sozialdemokrat, gemeinsam mit Sandra Reiff im Redaktionsgespräch.
Herr Born, Sie sind nicht in der Landesregierung. Was konnten Sie in dieser Legislaturperiode erreichen?
Daniel Born: Wir haben in Baden-Württemberg immer wieder gemerkt: Die Regierungsfraktionen stimmen nicht für Anträge, die von der SPD kommen. Egal, wie viel Applaus wir dafür erhalten. Deshalb ist es aber trotzdem wichtig, dass wir mit den Anträgen deutlich gemacht haben, wie Baden-Württemberg besser gestaltet werden kann. Ich nenne jetzt mal ein Beispiel aus meinem unmittelbaren Beritt: Wir haben im letzten Jahr gesagt haben, wir wollen dieses Pflegegehalt, was hier bei uns, in dieser Situation ein total schlüssiges Konzept ist und zum Beispiel jetzt im Burgenland, also in einem Bundesland Österreichs, umgesetzt wird. Bei uns ist es bisher anders: Überwiegend Frauen gehen eine Zeit lang in die familiäre Betreuung und bekommen dann vielleicht auch Pflegegeld und ähnliches. Aber dadurch, dass es eben kein Gehalt ist, wird ja nichts in die Rente einbezahlt. Das heißt, irgendwann später bekommt man eine Rechnung, dass man – obwohl man was Wichtiges für unsere Gesellschaft gemacht hat – entsprechend nicht ausreichend versorgt ist. Da habe ich auch gemerkt, wie wichtig es ist, dass man im Wahlkreis verwurzelt ist und diese Gespräche führt, hier von den Menschen eine Rückmeldung bekommt, um dann das, was man hier erfährt, auch mit in den Landtag einbringen zu können. Ich setze mich außerdem sehr für die kostenfreie Kita ein, die es noch nicht gibt in Baden-Württemberg. Insofern war ich da noch nicht erfolgreich. Aber wir haben viele Unterschriften gesammelt und ich bin mir sehr sicher, dass wenn die SPD es schafft, einer künftigen Landesregierung anzugehören, dass das auch entsprechend in den Koalitionsvertrag kommt.
Das heißt, obwohl Sie Landtagsvizepräsident sind, konnten Sie wenig umsetzen?
Born: Schwarz-Grün ist in Baden-Württemberg die echte große Koalition, mit unglaublich vielen Abgeordneten. Da würde niemand sagen „Gott sei Dank hat uns der Schwetzinger Abgeordnete darauf hingewiesen, sonst hätten wir das nicht gemacht.“ Trotzdem ist es wichtig, sich nicht entmutigen zu lassen, für die Positionen einzutreten. Und dann kommen ja Sachen dazu, die man aus dem Wahlkreis ins Parlament bringt. Sei es drum, wie wir den Hardtwald erhalten können. Also ganz konkrete Themen vor Ort, wenn ich die nicht einbringen würde, wären sie im Landtag kein Thema. Und die Aufgabe nehme ich schon an und da bin ich insofern erfolgreich, dass dadurch auch Themen aus dem Wahlkreis immer wieder auf Landesebene besprochen werden. Und natürlich Erfolge wenn es um Fördermittel für Kommunen wie bei Sportstätten oder Stadtgestaltung oder Kultur geht. Ich bin sicherlich in Stuttgart gut vernetzt und das auch über die Parteigrenzen hinweg. Aber das ändert nichts daran, dass meine klassische parlamentarische Arbeit momentan in der Opposition stattfindet.
Wie schätzen Sie die aktuelle Landesregierung ein?
Born: Meine Erfahrung ist, dass die Landesregierung mit Kritik nicht immer gut zurechtkommt. Wir haben beispielsweise offengelegt, dass das Land über viel mehr Finanzmittel verfügt, als sie im Haushalt stehen. Allein die vielen Rücklagen, dann die Ausgabenreste. Sie haben einen Gesamtbetrag von etwa 19 Milliarden, den man investieren könnte. Und ich habe wirklich den Kritikpunkt an der Landesregierung, dass sie nicht bereit ist, in die Zukunft Baden-Württembergs zu investieren. Und das hat vielleicht auch was damit zu tun, dass Herr Kretschmann jetzt innerlich schon eher am Kofferpacken ist, und nicht noch einmal ein großes Projekt in Angriff nehmen möchte. Aber Herr Kretschmann allein kann ja nicht Grund dafür sein, dass man seine politischen Hausaufgaben nicht macht. Denn wenn ich mir wirklich anschaue, was der Industriestandort Baden-Württemberg vor der Brust hat an Investitionen, die aus der Wirtschaft kommen müssen. Dafür muss das Land einfach mehr Rückendeckung durch öffentliche Investitionen geben. Und das Geld ist da.
Wo muss genau investiert werden?
Born: In die Infrastruktur. Unsere Brücken sind sanierungsbedürftig, die Straßen auch. Ich hoffe, dass wir im Bund jetzt endlich dieses Dogma, dass die Schuldenbremse das Allerwichtigste ist, hinter uns lassen. Aber es braucht halt vor allem auch in den Ländern die Bereitschaft, deutlich mehr zu investieren. Und da kann man auch eine Diskussion über die Schuldenbremse führen, weil vor allem ja die Bundesländer momentan das sehr streng umsetzen. Aber in Baden-Württemberg muss man immer zusätzlich erwähnen: Das Geld ist da. Unabhängig von der Frage, ob man Schulden machen würde. Und ich erlebe momentan gerade Familien, die unter so einem Druck von allen Seiten stehen.
Nehmen wir beispielsweise die die Vereinbarkeit von Kindern und Beruf: es fällt zu viel Unterricht aus. Auch deswegen stehe ich hinter einer Unterrichtsgarantie. Und jeder hat ein Recht auf einen Kita-Platz.
Angenommen Sie werden gewählt. Wie wollen Sie all diese Forderungen konkret umsetzen?
Born: Also fangen wir bei den Kitaplätzen an: Derzeit fehlen in Baden-Württemberg 60.000 Kitaplätze. Das ist eine Katastrophe, sowohl für die Kinder als auch für die Familien als auch für die Wirtschaft. Ja, denn wo ein Kind nicht betreut wird, geht ein Elternteil nicht zur Arbeit. So, und wie können wir mehr Kitaplätze schaffen? Wenn wir zum Beispiel mehr Verwaltungs- und Hauswirtschaftsaufgaben von den Erzieherinnen wegnehmen und die Kommunen dabei unterstützen, entsprechende Kräfte einzustellen. Das würde schon mal richtig helfen. Das andere, was richtig helfen würde, ist, wenn wir beispielsweise über Kombimodelle auch sagen: „Okay, wir haben derzeit nicht genug ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher, um voll umfänglich den Laden am Laufen zu halten. Darum gibt es darüber hinaus Betreuungszeiten, die zumindest gesichert werden. Aber dann eben mit anderem Personal.“ Aber Sie haben völlig recht, auch wenn wir an die Regierung kommen, haben wir nicht den Zauberstab, um zu sagen „ab morgen ist alles gut.“ Aber zumindest wären wir bereit, das Navi wieder darauf zu schalten, dass es am Schluss gelingt. Ja, und nicht, dass man von Anfang an sagt „naja, da fehlen halt 60.000 Kitaplätze, deshalb haben die Familien Pech gehabt“. Und zur Unterrichtsgarantie: Und wie kann es eigentlich sein, dass wir zu wenige Lehrer haben, aber an der PH immer noch Leute abgelehnt werden, die Lehramt studieren wollen, weil die Landesregierung zu wenig Studienplätze geschaffen hat?
Was können Sie zum Thema Wohnen sagen?
Born: Ich finde, es ist in einem vergleichsweise reichen Land wie Baden-Württemberg ein Unding, dass immer mehr Menschen sagen, sie können sich den Traum vom Eigenheim ohnehin nie verwirklichen. Und dass andere mittlerweile 40 Prozent des Einkommens für die Miete bezahlen, ist auch unmöglich. Wohnungsbau muss immer global angehen, nicht eine Stellschraube ist entscheidend, sondern das Gesamtsystem. Und deswegen zieht man sich immer den Schuh an, dass es bei guten Konzeptvorschlägen immer heißt: „So lösen wir auch nicht das Wohnungsbauproblem“. Ja, natürlich nicht, weil am Schluss alles ineinandergreifen muss. Trotzdem muss man irgendwo anfangen. Was das Land wirklich nicht gut gemacht hat, ist, dass man im Bereich soziale Wohnraumschaffung die vielen Mittel, die vom Bund kamen, nicht ordentlich erhöht hat. Die Landesregierung hat sich dann oft gefeiert und hat gesagt „Schauen Sie mal, unser Programm ist so unbürokratisch und so einfach, das ist schon im Mai aufgebraucht.“ Eigentlich ist es aber eine Katastrophe, wenn ein Programm, das wir für soziale Wohnraumschaffung brauchen, schon im Mai aufgebraucht ist – wir brauchen es ja das ganze Jahr über.
Mit wem würden Sie gerne koalieren?
Born: Als Sozialdemokrat stehe ich den Grünen immer ein My näher als der CDU, aber ich denke am Schluss steht dann die Frage, mit wem kann man das beste Zukunftspaket für Baden Württemberg schnüren kann.
Wieso sollte man SPD und nicht Grüne wählen? Wo sind die Unterschiede?
Born: Dieser klare Blick darauf, dass es am Schluss auch eine Teilhabe von allen geben muss, dass jeder eine Chance haben soll und dass wir unideologisch und auch mit einem stückweit mehr Offenheit gegenüber den Kompetenzen, die unsere Industrie hat, an die Themen herangehen sollten. Das habe ich bei den Grünen so nicht in jeder Diskussion erlebt. Das erlebe ich aber ganz stark bei der SPD.
Warum ist Sandra Reiff die richtige Zweitkandidatin?
Born: Für uns ist es schon lange ein Erfolgskonzept, mit der Zweitkandidatur die Zusammenarbeit von Land und Kommune hervorzuheben. Mit Vorgänger Simon Abraham habe ich das rote Tandem gebildet. Sandra und ich sind ein Team, gehen Hand in Hand. Sandra ist als Gemeinderätin und Orstvorsitzende genau die richtige Frau und ich bin dankbar, dass sie mitmacht. Übrigens hat sie als berufstätige Mutter genau diejenigen Probleme, die wir so dringend angehen möchten.
Notfallpraxen – wie ist der Stand?
Born: Die Entscheidung liegt ja beim KVBW-Vorstand, die nicht den Bürgern sondern den Ärztevertretern verpflichtet sind. Deswegen muss der Gesundheitsminister eingreifen, solange der einverstanden ist, bleibt der Kampf schwierig. Deswegen sind die gesammelten Unterschriften so wichtig – um den Gesundheitsminister zu fragen: „Wollen Sie das wirklich gegen den Willen der Bevölkerung durchboxen?“ Er ist demokratisch legitimiert und könnte sagen: „Hier wird die Gesundheitsversorgung für breite Teile der Bevölkerung massiv zurückgefahren, da mache ich nicht mit.“ Dass man im Nachhinein evaluieren könnte, stimmt auch nicht. Wenn dann in den verblieben Notfallpraxen die Auslastung nicht überschritten ist, heißt das nämlich nur, dass die Menschen mehr in die Ambulanz der Klinik gehen.
Wie bewerten Sie die Legislaturperiode bisher?
Born: In meiner Aufgabe stand natürlich in dieser Legislatur der Kampf gegen die Feinde der Demokratie und das landesweite Werben für Teilhabe im Mittelpunkt, Das habe ich mit großer Leidenschaft gemacht und es hat mir gut getan, wenn mir hier die Menschen gesagt haben, sie sind auch stolz, dass ein Schwetzinger Landtagssitzungen leitet und das Parlament repräsentiert. Für mich ist das schönste Kompliment, wenn mir Menschen hier sagen: „Auf Sie kann man sich verlassen.“ Das ist es, was ich möchte – die Menschen hier würdig im Land vertreten.
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